5. Juni 2025

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Welches ist die digitalste Schweizer Retailbank im Privatkundengeschäft 2025?

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Patrick Franco und Jonas Omlin

Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) hat in Zusammenarbeit mit e.foresight zum fünften Mal untersucht, wie hoch der Digitalisierungsgrad von 47 in der Schweiz tätigen Retailbanken und Neobanken im Privatkundengeschäft ist. Dabei wurden 138 verschiedene Faktoren berücksichtigt, um digitale Funktionalitäten, Dienstleistungen und Produkte zu analysieren.
Die Ergebnisse zeigen: Die Institute haben ihre Digitalisierungsanstrengungen im vergangenen Jahr weiter verstärkt – die Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern bleiben jedoch markant. Im folgenden Beitrag fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und stellen die 15 digital führenden Banken der Schweiz vor.

Bewertungen oder Aussagen zum Digitalisierungsgrad von Schweizer Retailbanken – sei es als „digital“ oder „nicht-digital“ – sind oft schwer nachvollziehbar und wirken mitunter willkürlich. Die nachfolgend bereits zum fünften Mal vorgestellte Untersuchung schafft durch transparente Kriterien eine objektive Grundlage, um den tatsächlichen Digitalisierungsgrad im Privatkundengeschäft vergleichbar zu machen.

Vorgehen

Zu diesem Zweck hat das IFZ gemeinsam mit dem Digital Banking Think Tank e.foresight der Swisscom im April 2025 eine Untersuchung bei 42 Retailbanken und 5 Neobanken durchgeführt. Analysiert wurde, welche digitalen Funktionalitäten, Produkte und Dienstleistungen im Privatkundensegment angeboten werden – Angebote für Firmenkunden wurden dabei bewusst ausgeklammert. Ziel der Analyse ist es, eine objektiv nachvollziehbare Grundlage für den Vergleich der Banken zu schaffen.

Die entsprechende systematische Erfassung von Funktionalitäten, Produkten und Dienstleistungen wurde in zwölf Themenblöcke «Funktionalitäten auf Website & generelle Serviceangebote», «E-Banking», «Mobile Banking», «Touchpoints und Kundeninteraktion», «Finanzieren», «Anlegen und Vorsorgen», «Zahlen», dem «Digitalisierungsgrad in der Filiale», «Bank-nahe Dienstleistungen», dem Einsatz von «Data Science/Analytics und Machine Learning», der «Automatisierung und Prozesseffizienz», und dem Einsatz von verschiedenen «Technologien» eingeteilt. In Abbildung 1 sind die zwölf Themenblöcke ersichtlich. Die Anzahl der abgefragten Funktionalitäten pro Block ist jeweils in den Boxen unten rechts ersichtlich.

Die Anzahl der analysierten Elemente in diesem Jahr (138) etwas höher als im Vorjahr (132). Es gab zudem auch einige Veränderungen im Fragebogen. Es wurden 21 neue Funktionen hinzugefügt, während 13 Aspekte nicht mehr berücksichtigt wurden. Zudem wurden zwei Aspekte nur noch im Mobile Banking abgefragt. Der Hauptgrund für den Wegfall der 13 Funktionalitäten war die Tatsache, dass Banken eine sehr hohe Abdeckung dieser Funktionen aufwiesen (in der Regel boten fast 100% der Banken diese Funktionalitäten an). Daher sind die Ergebnisse dieses Jahres nicht zu 100 Prozent mit denen des Vorjahres vergleichbar.

Abbildung 1: Messkonzept und Anzahl untersuchte Elemente pro Themenblock

Die detaillierte Liste der 138 untersuchten Elemente und auch die einzelnen Gewichtungsfaktoren finden Sie hier.

Wie in den Vorjahren lag der Fokus der Analyse ausschliesslich auf der Verfügbarkeit digitaler Funktionalitäten. Eine Bewertung der Angebotsqualität oder des Nutzererlebnisses («User Experience», UX) erfolgte nicht. Ebenso blieben technische Aspekte wie die Performance von Webseiten oder E-Banking sowie schwierig messbare Faktoren wie die «digitale Kultur» oder die «Agilität der Organisation» unberücksichtigt.

Eine früher durchgeführte Umfrage bei gut 1’000 Schweizerinnen und Schweizer hat gezeigt, dass eine möglichst breite Abdeckung von Funktionalitäten aus Sicht der Kundschaft insgesamt als «wichtig» angeschaut wird (die aus Kundensicht wichtigen Funktionalitäten finden Sie ebenfalls in diesem Blog-Artikel).

Um den Digitalisierungsgrad im Privatkunden-Geschäft der einzelnen Banken miteinander zu vergleichen, wurden zwei Werte berechnet.

  1. Bei Variante 1 wurden die Anzahl angebotener digitaler Funktionalitäten, Produkte und Dienstleistungen addiert.
  2. Bei Variante 2 wurden die einzelnen Themenblöcke basierend auf unserer Einschätzung unterschiedlich gewichtet. Die Gewichtung hat den Vorteil, dass gewisse Funktionalitäten eine höhere Bedeutung erlangen als andere an sich weniger wichtige Funktionalitäten. Auf der anderen Seite ist die «Wichtigkeit» immer mit unserer subjektiven Einschätzung verbunden. Daher zeigen wir nachfolgend beide Ranglisten auf.

Der Maximalwert beträgt 139 Punkte (ungewichtete Variante) respektive 14.71 Punkte (gewichtete Variante) und wäre erreicht, wenn alle in dieser Studie untersuchten Funktionalitäten, Produkte und Dienstleistungen von einer Bank angeboten würden. Wie schnell ersichtlich wird, ist der überwiegende Teil der Schweizer Banken derzeit noch weit davon entfernt, den Maximalwert zu erreichen.

Welches ist die digitalste Schweizer Retailbank im Privatkundengeschäft? Die Ranglisten

Nachdem die Migros Bank vor zwei Jahren die UBS vom Spitzenplatz verdrängt hatte, übernimmt UBS nun – unabhängig vom «IFZ-Messansatz» – wieder die führende Position (vgl. Abbildung 2). Die Migros Bank behauptet sich jedoch weiterhin auf einem starken zweiten Platz. Betrachtet man ausschliesslich die digitalen Funktionalitäten in den Bereichen E-Banking, Mobile Banking und Website, liegt die Migros Bank sogar weiterhin vor der UBS.

Unabhängig vom gewählten Messansatz belegen die VZ Depotbank und PostFinance die Plätze 3 und 4. Besonders PostFinance verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr einen deutlichen Fortschritt. Die Credit Suisse, die 2024 noch Rang 4 belegte, wurde in diesem Jahr nicht mehr berücksichtigt. Die BCV behauptet ihren fünften Rang.

Abgesehen vom „logischen“ Aufrücken einzelner Institute durch den Wegfall der Credit Suisse zählen neben PostFinance auch die Raiffeisen-Gruppe (von Rang 9 auf 6), die Valiant Bank (von 11 auf 8), die Genfer Kantonalbank (von 14 auf 12) sowie die Aargauische Kantonalbank (von 15 auf 13) zu den Aufsteigern.

Hingegen ist die Zürcher Kantonalbank zurückgerutscht und liegt nun abhängig von der Berechnungsmethode auf Rang 10 (ungewichtet) respektive auf Rang 11 (gewichtet). Weiterhin in den Top 15 befinden sich auch die Luzerner Kantonalbank (7), die St. Galler Kantonalbank (9), die Hypothekarbank Lenzburg (14) und die LLB (15).

Wie ersichtlich wird, variieren die einzelnen Ränge zwischen den beiden Messmethoden leicht. Die grundsätzliche Aussagekraft wird durch die Gewichtung der einzelnen Themenblöcke aber nicht bedeutend verändert.

Abbildung 2: Rangliste der digitalsten Retailbanken der Schweiz (linke Tabelle: ohne Gewichtung, rechts: gewichtete Rangliste)

Rankings der einzelnen Kategorien

Wir haben auch verschiedene Sub-Rankings für die oben vorgestellten zwölf Teilbereiche erstellt. Nachfolgend zeigen wir Ihnen einige ausgewählte Erkenntnisse daraus:

  • In Bezug auf das E-Banking schneiden UBS und die VZ Depotbank am besten ab und teilen sich den 1. Rang.
  • Die drei Top Banken im Bereich der Funktionalitäten im Mobile Banking sind die UBS, das VZ und die Migros Bank.
  • Im Bereich (digitales) Anlegen und Vorsorgen führen die Migros Bank und die UBS das Ranking an. Auf den Plätzen drei und vier folgen das VZ VermögensZentrum und die PostFinance.
  • Bei einer kombinierten Betrachtung der Bereiche „Touchpoints“ und „Digitalisierungsgrad der Filiale“ belegt die Migros Bank den ersten Platz, gefolgt von UBS und PostFinance.

Generelle Entwicklungen

35 der 47 untersuchten Banken nahmen bereits im Vorjahr teil. Die nachfolgenden Ergebnisse beziehen sich auf die Entwicklung dieser 35 Banken.

  • Im Vergleich zum Vorjahr werden durchschnittlich 9.38 Prozent mehr Funktionen angeboten (Vorjahr: + 14.3%)
  • In den Bereich „Einsatz von Technologien“ wurde besonders stark investiert (u.a. Produktiver Einsatz von AI / KI)
  • In den Bereich „Finanzieren“ wurde am wenigsten investiert
  • 28 der 35 untersuchten Banken haben sich gegenüber dem Vorjahr verbessert
  • Eine deutliche Verbesserung mit jeweils über zehn zusätzlichen Funktionen gegenüber dem Vorjahr verzeichneten – in dieser Reihenfolge – die acrevis Bank, das VermögensZentrum, die Migros Bank und die UBS. Bemerkenswert ist aus unserer Sicht, dass mit dem VZ, der Migros Bank und der UBS genau jene drei Institute, die digital bereits führend sind, auch weiterhin am stärksten investieren und die meisten neuen digitalen Funktionalitäten und Dienstleistungen anbieten.
  • Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Verbreitung verschiedener digitaler Funktionen deutlich erhöht: So bieten heute elf Banken mehr das Senden von Instant Payments an. Neun zusätzliche Institute setzen Künstliche Intelligenz produktiv ein. Je fünf Banken mehr ermöglichen Multibanking, die personalisierte Anpassung von Menü und Oberfläche sowie den Einsatz digitaler Sparregeln.
  • Trotz zunehmender Digitalisierung bleiben gewisse innovative Funktionalitäten bislang kaum verbreitet: Nur eine oder ganz wenige der untersuchten Banken verfügt über Angebote wie ein Voicebot im Mobile Banking, Fraktionshandel von Aktien, oder auch das Angebot von Social Trading.

Fazit

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Resultate können folgende Konklusionen gezogen werden:

  • Es bestehen nach wie vor erhebliche Unterschiede zwischen den Banken hinsichtlich der Abdeckung von Funktionen und dem digitalen Reifegrad. Die Bandbreite reicht von 9.5 bis 114.5 Punkten, wobei 33 der untersuchten 47 Banken weniger als die Hälfte der Punkte der UBS erzielt haben. Insgesamt besteht weiterhin erhebliches Verbesserungspotenzial.
  • Die meisten Schweizer Banken zeigen sich weiterhin aktiv und erweitern ihre digitalen Funktionalitäten in verschiedenen Dienstleistungsbereichen. Im Vergleich zum Vorjahr fiel der Zuwachs an neuen Funktionen im Jahr 2024 jedoch etwas geringer aus.
  • Obschon heute viele Banken eine „Mobile First“ Strategie fahren, zeigt die Studie, dass der angebotene Funktionsumfang im Mobile Banking demjenigen im E-Banking weiterhin hinterherhinkt (d.h. verschiedene Angebote sind teilweise „nur“ im E-Banking verfügbar). Obwohl Banken etwas mehr in Mobile Banking-Funktionalitäten investieren (Rate des Ausbaus: Mobile Banking +13.5%; E-Banking +9.7%), wird der von vielen Banken propagierte Mobile-First-Ansatz bei den meisten Angeboten weiterhin nicht gelebt.
  • Es besteht eine positive Korrelation zwischen der Unternehmensgrösse (gemessen anhand der Bilanzsumme) und dem Grad der Digitalisierung.

Wir möchten diese Untersuchung auch in Zukunft regelmässig durchführen, damit wir die Entwicklungen der einzelnen Banken und des gesamten Finanzplatzes besser beurteilen können. Gerne nehme ich hierfür auch weitergehendes Feedback (fehlende Funktionalitäten, etc.) entgegen (andreas.dietrich@hslu.ch).

Kommentare

1 Kommentare

Jochen Wölpert

5. Juni 2025

Lieber Andreas, wie immer spannend deine Analysen zu lesen. Wie wäre es denn einmal eine Studie zur "hybridesten" Schweizer Retailbank zu machen? Digital ist ja in Bezug auf die Customer Experience nicht immer gleichzusetzen mit "gut", da die Journeys für die nicht-Neo-Banken hybrid sind. Aus meiner Sicht liegt im hybriden die grösste Herausforderung in der man sich als Bank differenzieren kann - ein Thema seit mehr als 25 Jahren.....

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Marco Zollinger

5. Juni 2025

Hallo Jochen - danke für den Hinweis. Genau dazu haben wir seitens e.foresight anfangs Jahr eine Studie publiziert: hybride Anlageberatung (Fonds, Vermögensverwaltung, Advisory). Neben dem Anbieter Vergleich haben wir auch Kunden befragt, wann sie sich welchen Schritt über welchen Kanal wünschen und damit viel Insights gewonnen, wie die Customer Experience über alle Kanäle hinweg gestaltet werden kann. ... und weil das so cool war, machen wir das gleiche auf den kommenden Herbst für Immobilienfinanzierungen. Wir sind vor allem gespannt, ob sich die gleichen Kundentypologien ergeben.

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