23. März 2015
Letzte Woche hat wikifolio.com bekannt gegeben, dass ihre Social Trading Plattform nun auch für Schweizer Anleger verfügbar ist. Mit cash.ch und NZZ konnten zwei bekannte Kooperationspartner ins Boot geholt werden. Wir haben uns den ersten Anbieter von Social Trading in der Schweiz genauer angeschaut.
wikifolio.com wurde von Andreas Kern im August 2012 in Wien gegründet, mit dem Ziel, eine führende europäische Online-Plattform im Bereich des Social Trading zu entwickeln. Unter Social Trading versteht man die Verknüpfung von Anlegern zu einem sozialen Netzwerk, damit diese sich über Investitionsmöglichkeiten austauschen können und so vom kollektiven Wissen aller Nutzer profitieren. Dabei können Trader ihre eigenen Handelsstrategien bzw. Portfolios auf der Plattform veröffentlichen, während andere diese kommentieren und/oder mit ihrem eigenen Vermögen replizieren können. Zurzeit beschäftigt wikifolio.com rund 30 Personen an seinen Geschäftsstandorten in Wien und Köln.
Funktionsweise von wikifolio.com
Kerngedanke von Social Trading ist, dass jeder die Möglichkeit hat, seine eigene Handelsstrategie bzw. sein eigenes Portfolio zu veröffentlichen – egal, ob Privatperson oder professioneller Vermögensverwalter. Bei wikifolio werden diese Portfolios wikifolios (bzw. wikifolio-Zertifikate) genannt. Möchte ein Trader ein wikifolio publizieren, so muss er seine Handelsstrategie aufsetzen und von wikifolio.com überprüfen lassen. Anschliessend startet die Phase des „Vormerkens“. Bei dieser müssen mindestens 10 Interessenten ein Anlagevolumen von insgesamt EUR 2‘500.- zusagen, um zu zeigen, dass die Handelsstrategie bei den Nutzern Anklang findet. Sobald genügend Anleger in die Handelsstrategie investieren möchten, wird das wikifolio als „investierbar“ klassifiziert und als Tracker-Zertifikat vom Emissionshaus Lang & Schwarz emittiert (was aufgrund des Zulassungsverfahrens inkl. Prospekt rund 5-6 Wochen dauert). Anschliessend ist es an der Börse Stuttgart gelistet und in Echtzeit handelbar. Grundsätzlich ermöglicht wikifolio.com also eine Art „Demokratisierung“ der Finanzmärkte, bei welcher jeder seine Handelsstrategie publizieren und als Investment Manager auftreten kann.
Als Anleger resp. Follower kann man „sein“ Zertifikat anhand verschiedener Kennzahlen und Filter (z.B. Performance, max. Verlust (bisher), die Summer der Investition, der Handelsstil oder gehandelte Werte) definieren resp. suchen.
Einige Fakten zu wikifolio.com
Einige Zahlen und Fakten zu wikifolio.com per März 2015:
wikifolio.com legt besonderen Wert auf die Transparenz bei den Tradern und deren Handelsstrategien. So ist es jederzeit möglich, auf die aktuelle Zusammensetzung des wikifolios sowie die vergangenen Trades zuzugreifen. Überdies kann mithilfe der Historie eines Traders festgestellt werden, wie dieser in der Vergangenheit handelte und welchen Track Record er sich aufgebaut hat.
Kosten von wikifolio.com
Für ein wikifolio-Zertifikat zahlt ein Anleger eine pauschale Zertifikategebühr von 0.95% p.a. Überdies fällt eine Performancegebühr an, welche je nach wikifolio-Zertifikat 5-30% beträgt und auf täglicher Basis direkt beim Preis des wikifolios abgezogen wird (nach dem High Watermark Prinzip berechnet). Diese wird zwischen dem Trader des Zertifikats und wikifolio.com geteilt, wobei der Trader je nach Anlagevolumen 30% bis 50% der Performancegebühr erhält. Der Händler des wikifolios verdient somit nur eine Erfolgsprämie, falls seine Handelsstrategie auch positive Renditen erwirtschaftet. Neben der Zertifikate- und Performancegebühr fallen bei wikifolio.com keine weiteren Kosten an. Falls ein Trader sein Portfolio umschichten möchte, werden dafür keine Transaktionsgebühren verlangt.
wikifolio.com in der Schweiz
Den Schweizer Markt erachtet wikifolio.com als sehr verheissungsvoll, da die Schweizer Anleger über eine hohe Kapitalmarktaffinität verfügen und strukturierte Produkte ein vergleichsweise bekanntes Anlageinstrument sind. Zurzeit sind rund 370 wikifolios für den Vertrieb in der Schweiz zugelassen. Weitere Zertifikate werden in Zukunft folgen, wobei der Fokus vorderhand auf Aktien-wikifolios gelegt wird.
Vorteilhaft für wikifolio.com sind sicherlich die Partner cash.ch (inkl. dessen Online-Handelsplatz) und die NZZ, welche als Medienpartner von wikifolio.com fungieren. Als Anleger kann man allerdings auch die wikifolio-Zertifikate über seine Hausbank oder einen anderen (Online) Broker erwerben. Durch das Listing an der Börse Stuttgart verfügen alle Zertifikate über eine ISIN-Nummer, mit welcher ein Anleger die Wertpapiere direkt erwerben oder seiner Bank den Auftrag zum Kauf übermitteln kann. wikifolio.com plant vorläufig nicht, eine Niederlassung in der Schweiz zu eröffnen.
Fazit
Seit seiner Gründung im Jahr 2012 hat sich wikifolio.com zu einer der erfolgreichsten Social Trading Plattformen im deutschen Markt entwickelt. Der Eintritt in die Schweiz ist ein logischer nächster Schritt und wird diesem innovativen Unternehmen zu weiterem Wachstum verhelfen.
Die Idee hinter wikifolio.com finden wir beide toll. Ebenso sehen wir in der Schweiz auch im Bereich des Social Tradings ein gewisses Potenzial. Wir erwarten aber, dass solche Angebote in den nächsten Jahren noch im klaren Nischenbereich bleiben werden.
Das Pricing ist im Vergleich zu Hedge Fonds oder anderen aktiven Strategien mit 0.95% p.a. plus der Performancegebühren von 5-30% nicht enorm hoch. Gleichzeitig ist der Preis für eine aktive, oftmals von „Amateuren“ (und wohl zumeist long only) verfolgte Anlagestrategie im Verhältnis zu einer eher passiven Robo-Advisor Strategie (z.B. Investomat mit 0.6% p.a. oder TrueWealth mit 0.5% p.a.) auch nicht wirklich günstig. Schlussendlich bezahlt man also ca. 40 Basispunkte, um an einem möglichen Alpha partizipieren zu können. Die meisten Investoren werden aber eine Investition in wikifolio-Zertifikate eher als spannende und auch sexy Ergänzung für das bestehende (i.d.R. eher passive) Portfolio ansehen und sich durch den Preis weniger beirren lassen.
Ein grosses Fragezeichen sind die möglichen regulatorischen Entwicklungen. Derzeit wird das Social Trading Modell von den Aufsichtsbehörden akzeptiert. Ein gewisses regulatorisches Risiko besteht aber in einem solch neuen Marktsegment und auch vor dem Hintergrund des immer stärker ausgeprägten Anlegerschutzes natürlich immer. Wir sind aber auf alle Fälle gespannt, wie die Schweizer Anleger auf die Idee des Social Trading reagieren und empfehlen unseren Blog-Lesern, sich wikifolio.com einmal anzusehen.
PS: Andreas Kern, CEO von wikifolio.com, wird anlässlich der Konferenz „Innovative Angebote im Retail Banking“ am 25.6 am IFZ in Zug wikifolio.com näher vorstellen und auch Ihre Fragen gerne beantworten.
Weitere Informationen zur Konferenz:
Flyer Innovative Angebote im Retail Banking
Zur Anmeldung gelangen Sie hier.
Kommentare
1 Kommentare
Oliver
27. März 2015
Ein interessantes Konzept. Allerdings scheint es nicht ganz einfach, die "richtigen" Wikifolios auszuwählen. Leonteq hat dazu ein Tracker Zertifikat aufgelegt, welches regelbasiert die 10 bestplatzierten Wikifolios ermittelt, abbildet und die Zusammensetzung jeden Monat überprüft. So erreicht man eine gewisse Diversifikation. Mit 1.20% Verwaltungsgebühr p.a. ist das nicht ganz billig und das EUR-Währungsrisiko wird nicht abgesichert. Trotzdem ein guter Ansatz.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.