25. März 2013
Bei privaten Hypothekarschuldnern wird das Risiko eines Zahlungsausfalls für die finanzierende Bank durch zwei Risikofaktoren massgeblich beeinflusst: Einkommenseinbussen resp. Einkommensausfälle sowie Zinsschocks. Bei einem Verkauf oder einer Verwertung der Liegenschaft ist die Wertentwicklung des Wohneigentums ein weiterer Risikofaktor.
Bei der Hypothekarvergabe gilt die bezüglich der Risikoeinschätzung konservative goldene Faustregel, dass die finanzielle Belastung durch die Wohnkosten einen Drittel des Einkommens nicht überschreiten sollte (Tragbarkeit) und die Belehnungshöhe nicht grösser als 80% sein darf. Tragbarkeit und Belehnung sind die wichtigsten Risikoindikatoren. Bei der Hypothekarvergabe sind diese Grössen einfach zu ermitteln. Sie können sich jedoch aufgrund von makroökonomischen und soziodemografischen Schocks stark verändern. So lange der Kunde die Zinsen pünktlich bezahlt, werden die kundenspezifischen Daten während der Laufzeit des Kreditvertrages im Normalfall jedoch nicht aktualisiert. Eine Beurteilung des Risikos des gesamten Hypothekarportfolios auf der Basis aktueller Daten ist daher nicht möglich.
Im Rahmen eines IFZ-Projekts wurde untersucht, wie die fehlenden Informationen bezüglich der kundenspezifischen Risikofaktoren geschätzt werden können. Konkret wurden folgende Fragen beantwortet:
Die Untersuchungen haben ergeben, dass die Einkommensmigration, d.h. ob jemand eine Einkommenserhöhung erfährt oder nicht, über alle Einkommensklassen mit mindestens 20% beachtlich ist (vgl. Abbildung). Dabei zeigt sich, dass die Ausgangslage für die Einkommensmigration eine entscheidende Rolle spielt. Von Relevanz sind dabei sowohl soziodemografische als auch makroökonomische Faktoren. Bei den soziodemografischen sind es die Faktoren Nationalität, Kinder und Nebenerwerb. Bei den makroökonomischen Faktoren sind es die Veränderung des realen BIPs sowie der Term Spread. Einkommensmigrationen sind somit nicht zufällig.
Des Weiteren vermögen die folgenden Faktoren die Einkommensmigration ex ante erklären: Einkommen, Anstellungsgrad, Berufserfahrung, Alter und Geschlecht. Bezüglich Ausbildung haben Personen mit einem Universitäts- oder ETH-Abschluss die besten Einkommensaussichten. Sie können mit höheren Einkommenszunahmen rechnen, dagegen erfahren Personen mit einem Ausbildungshintergrund einer höheren Fachhochschule, HTL oder HWV weniger hohe Einkommenseinbussen als Personen mit anderem Ausbildungshintergrund. Ebenfalls haben Personen im Kredit- und Versicherungsbereich höhere Einkommenszunahmen als Personen der übrigen Wirtschaftsbereiche. Zudem ist der Lohnzuwachs im Tessin tiefer als in den übrigen Grossregionen. In grösseren Unternehmungen fallen die Einkommenserhöhungen generell höher und Einkommenseinbussen tiefer aus. Bezüglich der Einkommensentwicklung sind somit Personen, welche in grösseren Unternehmungen arbeiten, besser gestellt als die übrigen. Zudem zeigen die Ergebnisse, dass Zusammenhänge zwischen soziodemografischen Faktoren und finanzierungs- bzw. objektspezifischen Faktoren bestehen. Die Kenntnis dieser Zusammenhänge können einerseits genutzt werden, um bestehende Kredite als Risikopositionen im Portfolio zu identifizieren, andererseits können die Erkenntnisse bei der Hypothekarvergabe genutzt werden – beispielsweise zur besseren Portfoliodiversifikation.
Weiterführende Literatur: Zimmermann, Y. „Schätzung der Einkommensmigration als Herausforderung im Risikomanagement privater Hypothekarportfolios, in: C. Lengwiler, L. Nadig, M. Pedergnana (Hg): Management in der Finanzbranche – Finanzmanagement im Unternehmen, Zug: IFZ – Hochschule Luzern, 2012, S. 344.
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.