11. April 2023
Acht Gründe, warum Sie die Konferenz „Innovationen im Banking“ nicht verpassen sollten
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
In den letzten zehn Jahren hat sich der Grad der Digitalisierung von Prozessen und Dienstleistungen im Schweizer Banking weiter erhöht. Welches sind die aktuell wichtigsten Entwicklungen? Welche Use Cases im Open Banking Bereich funktionieren in Deutschland – und welche nicht? Kann man Kunden im Metaverse beraten? Welche Auswirkungen hat ChatGPT auf die Organisationen und die Kundenkommunikation in der Finanzindustrie? Wie sieht das Filialnetz der Zukunft aus? Und wie können Kundinnen und Kunden für komplexe Produkte optimal beraten werden? Diese und weitere Entwicklungen – mit Beispielen aus Deutschland und der Schweiz – werden wir im Rahmen der Konferenz «Innovationen im Banking» am Nachmittag des 6. Juni 2023 in Rotkreuz anschauen. Dazu werde ich aufzeigen, welche Bank im Schweizer Retail Banking derzeit «am digitalsten» ist.
Das sind die Inhalte:
1. Welches sind die digitalsten Banken der Schweiz?
Basierend auf unserer neusten Studie stelle ich die digitalsten Schweizer Banken im Privatkundenbereich vor. Dazu haben wir mehr als 40 Banken und Neobanken untersucht. Sind auch Sie neugierig, welche Banken im Ranking ganz oben stehen?
2. Lehren und Erfolgsfaktoren von Open Banking Projekten in Deutschland am Beispiel wallis.integrated
Welche Open Banking Use Cases funktionieren? Und welche nicht? Dies werden wir im Rahmen dieses Referats von Wallis erfahren. Wallis ist eine Innovationseinheit innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe. Als technischer Experte bündelt wallis die Entwicklung von individuellen APIs für innovative Produkte, betreibt eine eigene Open Banking API und betreut die Sparkassen-eigenen PSD2-Schnittstelle und das zentrale Entwicklerportal. Gleichzeitig ist sie auch Vermittlerin zwischen FinTechs und der Sparkassen-Welt.
3. Divizend – Digitale Quellensteuerrückerstattung für Retail-Anleger
Ausländische Aktien locken oft mit hohen Dividenden. Doch Quellensteuern können die Renditen je nach Land stark reduzieren. Anlegerinnen und Anleger fordern Quellensteuern aber nur selten zurück. Die Firma Divizend schafft hier Abhilfe und ermöglicht es auch Retail-Investoren, Quellensteuern automatisiert zurückzufordern.
4. Digitaler Bank-Shop: Digital Twin einer Bankfiliale & Zukunftsmodell von Finance
Axel Schardt und Ronja Müller stellen mit dem «Digitalen Bank Shop» der Degussa Bank ein spannendes Projekt für den Vertrieb unter dem Stichwort Metaverse vor. Den «Digitalen Bank Shop» findet man hier. Dieses Modell hat inzwischen Schule gemacht. Heute bedient die Degussa Bank im Bank Shop täglich etwa 400-450 Personen. In Spitzenzeiten sind es auch bis zu 1’200 pro Tag, ausgelöst durch Produktaktionen oder Marketing.
5. smile.meta Experience: Wie Versicherung erleb- und spürbar wird
Noch sind Telefon, E-Mail und Chat die wichtigsten Kontaktpunkte für Smile Kunden. Doch bald könnte mit Metaverse ein völlig neues digitales Erlebnis hinzukommen. Erste Experimente sind gerade am Laufen – erfahren Sie, welches die bisherigen Erfahrungen dazu sind.
6. Chat GPT bei der Helvetia Versicherungen
Ende 2022 hat das US-amerikanischen Unternehmen OpenAI den Chatbot ChatGPT veröffentlicht. Seitdem steht das System allen Internet-Usern kostenlos zur Verfügung. Für Banken und Versicherungen stellt sich die Frage, welche Auswirkungen ChatGPT auf die Organisationen haben wird und wie sich allenfalls sogar die gesamte Kundenkommunikation verändern wird. Erfahren Sie in diesem Block, wie die Helvetia mit Clara den Chat GPT einsetzt.
7. Filiale as a service – neue Chancen im Retail Banking
Die Schweizerische Post ist eine der wichtigsten Institutionen in der Schweiz und bietet ihren Kunden eine Vielzahl von Dienstleistungen an. Die Filialen der Post sind für viele Menschen ein wichtiger Anlaufpunkt im Alltag sind. Gleichzeitig ist das gesamte Postfilialnetz bezüglich Profitabilität unter Druck. Die Post will ihre Filialen deshalb zu Dienstleistungszentren entwickeln, welche weiteren Partnern – darunter auch Banken – offenstehen. Diese können von der Infrastruktur und den Beratungs- und Serviceleistungen der Post-Mitarbeitenden profitieren und dadurch ihr Filialnetz erweitern oder kostengünstiger betreiben («Filiale as a Service»). Die Migros Bank, die Hypothekarbank Lenzburg und die Cornèr Bank nutzen das Angebot bereits. Erfahren Sie, warum die Post (als Eigentümerin der PostFinance) ihr Filialnetz öffnet, welche Dienstleistungen sie dabei anbietet und welche Vorteile eine solche Kooperation für Banken bieten könnte.
8. Digitalisierung der Beratung bei der Luzerner Kantonalbank
Die Luzerner Kantonalbank hat ihren Beratungsprozess weiter optimiert und verschiedene interessante digitale Elemente eingebaut und Prozessschritte verbessert. Erfahren Sie, wie die LUKB zukünftig ihre Kundinnen und Kunden beraten wird.
Die Konferenz «Innovationen im Banking» findet am 6. Juni von 13:20-17:45 Uhr auf dem Campus Zug-Rotkreuz statt. Anmelden können Sie sich hier.
Der detaillierte Programmablauf ist wie folgt:
13.20-14.00 Begrüssung und Vorstellung der Studie «Die digitalsten Retailbanken der Schweiz»
Prof. Dr. Andreas Dietrich, IFZ der Hochschule Luzern
Open Banking
14.00-14.20 Lehren und Erfolgsfaktoren von Open Banking Projekten in Deutschland am Beispiel wallis.integrated
14.20-14.30 Fragerunde
Leon Merx, CEO Wallis
14.30-14.45 Divizend – Digitale Quellensteuerrückerstattung für Retail-Anleger
14.45-14.50 Fragerunde
Thomas Rappold, CEO Divizend Suisse GmbH
14.50-15.15 Pause
15.15-16.05 Finanzdienstleistungen im Metaverse
15.15-15.35 Digitaler Bank-Shop: Digital Twin einer Bankfiliale und Zukunftsmodell von Finance
Axel Schardt, Leiter Vertriebskanal-Management, Degussa Bank
Ronja Müller, Project Manager, Degussa Bank
15.35-15.50 smile.meta Experience: Wie Versicherung erleb- und spürbar wird
Joséphine Chamoulaud, CMO smile-direct.com, Smile Versicherung
Roberto Monosi, Head Customer Care Smile
15.50-16.05 Fragerunde mit A. Schardt, R. Müller, J. Chamoulaud und R. Monosi
Touchpoints
16.05-16.20 Chat GPT bei Helvetia
16.20-16.25 Fragerunde
Nadine Sonderegger, Conversational Marketing Manager, Helvetia Versicherungen
16.45-17.10 Filiale as a service – neue Chancen im Retail Banking
17.10-17.20 Fragerunde
Simon Treichler, Leiter Geschäftsentwicklung PostNetz
tba
17.20-17.40 Beratung – Made by LUKB
17.40-17.45 Fragerunde
Adrian Lupart, Marktbereichsleiter Privat- und Gewerbekunden
Martin Erni, Senior Projektleiter
17.45 Zusammenfassung und Ausblick
Anschliessend Apéro
Sponsor:

Partner:

3. April 2023
Wie gut setzen Schweizer Banken Inklusion am Beispiel von Barrierefreiheit auf Webseiten um? Eine erste Analyse bei 13 Banken
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dr. Reto Rey und Jochen Wölpert
Barrierefreiheit («Accessibility») auf Webseiten oder – bei Banken – im E-Banking ist ein Thema von wachsender Bedeutung in der heutigen inklusiven und digitalen Welt und wird in der EU per 2024 mit dem «European Accessibility Act» (EAA) zur Pflicht für alle Bankdienstleistungen. Es ist wichtig, dass Webseiten und E-Banking-Dienstleistungen für alle Menschen zugänglich sind, unabhängig von ihrer Fähigkeit oder ihren Einschränkungen. Wie gut sind die Webseiten der grössten Schweizer Banken in Bezug auf diese Barrierefreiheit? Im heutigen Blog gehen wir gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Capgemini Invent, dieser Frage nach und zeigen auf, welche Bank in der Schweiz in diesem Thema derzeit führend ist und wie gross der Nachholbedarf insgesamt ist.
Die Verlagerung von physischen Kontakten hin zu digitalen Anwendungen bringt auch neue Herausforderungen, welche für viele von uns oft nicht sichtbar sind. In Fussgängerzonen, Einkaufsläden und Bahnhöfen sind Hilfsmittel für Sehbehinderte auch für Personen ohne eine solche Beeinträchtigung bemerkbar. In der digitalen Welt jedoch sind solche – für viele Personen unverzichtbare – Hilfsmittel für die meisten von uns unsichtbar. Das World Wide Web Consortium (W3C) definiert seit über zwanzig Jahren Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG) um Menschen mit Beeinträchtigungen nicht von digitalen Services auszuschliessen. Diese werden laufend weiterentwickelt, aktuell beinhalten sie mehr als 60 sogenannte «messbare Erfolgskriterien» (oder «Items»), welche eine Webseite erfüllen soll. Die Items sind in verschiedenen Accessibility Levels, von A = niedrig, AA = mittel und AAA = hoch eingeteilt.
Eine barrierefreie Webseite oder E-Banking-Plattform stellt sicher, dass jeder Benutzer und jede Benutzerin auf die Website oder das E-Banking zugreifen und sie nutzen kann. Für viele Menschen mit Behinderungen spielt es eine wichtige Rolle, Finanztransaktionen und andere Bankgeschäfte bequem auch von zu Hause aus erledigen zu können. Die entsprechende Umsetzung der Barrierefreiheit auf einer Website oder einer E-Banking-Plattform erfordert eine sorgfältige Planung und Implementierung.
Laut einer Studie des Schweizerischen Zentralvereins für das Blindenwesen aus dem Jahr 2020 leben in der Schweiz ungefähr 377’000 sehbehinderte Personen. Dies entspricht über 4% der Schweizer Bevölkerung. Die Definition einer Sehbehinderung ist nicht ganz einfach – es zeigt aber auf, dass ein relevanter Bevölkerungsanteil davon betroffen ist. Zu berücksichtigen sind mit zunehmendem Alter auch Senioren, welche Seh- und Hörschwächen entwickeln und dadurch ihre Fähigkeit zur Navigation auf Webseiten beeinträchtigt sehen.
Wir haben uns daher gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Capgemini Invent entschieden, eine erste Analyse der derzeitigen Situation der Barrierefreiheit auf Schweizer Banken-Websites vorzunehmen.
Das Vorgehen
Untersucht haben wir die elf grössten Retail Banking Institute (in alphabetischer Reihenfolge: Banque Cantonale Vaudoise, Basler Kantonalbank, Berner Kantonalbank, Credit Suisse, Luzerner Kantonalbank, Migros Bank, PostFinance, Raiffeisen, St. Galler Kantonalbank, UBS und Zürcher Kantonalbank). Daneben haben wir diese klassischen Anbieter mit den beiden Smartphone Banken Neon und Revolut verglichen.
Für die Analyse der Barrierefreiheit sind wir in drei Stufen vorgegangen. Zuerst wurde nach allgemeinen Hinweisen und Hilfestellungen zur «Barrierefreiheit» und «Accessibility» gesucht, auf der Website sowie via Google. Danach haben wir den Siteimprove Accessibility Checker verwendet. Dieser untersucht Webseiten automatisiert anhand von anerkannten Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG) hinsichtlich Probleme der Barrierefreiheit. Gemessen wurden die Anzahl Vorkommnisse von Issues («Hindernisse»).

Abbildung 1: Anzeige von Issues vom Siteimprove Accessibility Checker, gruppiert nach den „Erfolgskriterien“ für Barrierefreiheit (hier am Beispiel der ZKB)
Die einzelnen Vorkommnisse wurden von uns in Abhängigkeit des WCAG Level gewichtet: A-Issues sind Mindestanforderungen und wurden 10-fach gewichtet, AA-Issues wurden mit dem Faktor 5 gewichtet derweil AAA einfach und andere Best-Practice-Issues 0.5-fach gewichtet wurden. Issues der Kategorie „A“ beeinflussen damit den Score 10 Mal so stark wie solche vom Level „AAA“.
Unser Score ist aber auch abhängig von der inhaltlichen Fülle einer Webseite. Auf einer Webseite mit wenig Inhalt können auch weniger «Issues» auftauchen als auf einer mit viel Inhalt. Da für den Nutzer und die Nutzerin jedoch jeder unverständliche Inhalt ein Hindernis ist, haben wir uns für die absolute Anzahl der gewichteten Issues entschieden.
Betrachtet haben wir die Barrierefreiheit der Webseiten für vier aus unserer Sicht relevanten Bereiche für die Retail Banking-Kundschaft:
- Hauptseite
- Cookie Banner
- Webseiten mit Informationen zu Basisdienstleistungen wie Konto und Karte
- Seite mit dem E-Banking Login (via Browser)
Cookie-Banners wurden berücksichtigt, da diese für sehbehinderte Personen zusätzliche Hindernisse darstellen können, da sie oft kleine Schriftgrössen und Farben verwenden, die für Menschen mit Sehbehinderungen schwer zu erkennen sind. Sehbehinderte Personen können auch Schwierigkeiten haben, den Inhalt des Banners zu lesen, wenn dieser sich schnell bewegt oder häufig aktualisiert wird. Darüber hinaus können Cookie-Banner auch die Navigation auf einer Website behindern, da sie oft vor dem eigentlichen Inhalt der Seite platziert werden und somit den Zugang zum Inhalt erschweren oder verzögern können.
In einem dritten Schritt haben wir einen zusätzlichen Deep Dive gemacht. Dazu haben wir drei (der über 60 von WCAG definierten) Erfolgskriterien manuell angeschaut und bewertet. Manuelle Prüfungen sind notwendig, da die derzeit zur Verfügung stehenden Tools nicht alle Probleme auf den Webseiten verlässlich erkennen können und nur so die Einhaltung der Kriterien sichergestellt werden kann. Die drei Elemente sind:
- Tastatur/Steuerung (z.B. kann ich mit der Tabulatortaste auf der Seite navigieren?)
- Fokusreihenfolge (z.B. sollte die Navigationsreihenfolge der fokussierbaren Elemente logisch und intuitiv sein) und
- Zweck des Links (z.B. sind diese aussagekräftig in Bezug auf das Ziel des Links?).
Wir haben uns für diese drei Aspekte entschieden, weil die Navigation für die grösste Gruppe von visuell eingeschränkten Personen von besonderer Bedeutung ist. Alle drei sind gemäss WCAG als Level «A» eingestuft, sollten für die Barrierefreiheit also zwingend erfüllt sein.
Die Resultate
Nur jede dritte Bank hat das Thema der Barrierefreiheit auf ihrer Webseite thematisiert. Drei Banken bieten auch eine Navigationshilfe für Sehbehinderte an, wobei diese nur bei einer Bank ausführlich ist. Lediglich bei zwei Banken war ein Kontakt in Bezug auf die Barrierefreiheit auffindbar. Insgesamt scheint also die explizite Auseinandersetzung mit der Thematik noch bei den wenigsten Banken angekommen zu sein. Als einzige Bank zeigt die PostFinance einen vorbildlichen Umgang in dieser Hinsicht.
Auf diese übergeordnete Auswertung folgten unsere automatisierten Siteimprove-Analysen. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die vier besten Banken in Bezug auf die Barrierefreiheit sind PostFinance, die Luzerner Kantonalbank, Revolut und UBS. Auf der anderen Seite schneiden die Zürcher Kantonalbank, die Banque Cantonale Vaudoise und die Berner Kantonalbank am schlechtesten ab. Die Tabelle zeigt, dass die Anzahl gewichteter Issues nach Teilbereichen unterschiedlich sind. Insgesamt zeigt es aber aus unserer Sicht deutlich auf, dass auch grosse Banken das Thema derzeit wohl noch zu wenig auf dem Radar haben oder inkonsequent angehen.

Abbildung 2: Ranking gemäss Siteimprove (per Anfang März 2023)
Um ein besseres Bild in Bezug auf die Hindernisse bei der Barrierefreiheit zu erhalten, haben wir die verschiedenen «Erfolgskriterien» («Items») genauer angeschaut. Abbildung 3 zeigt die relative Häufigkeit (sortiert nach Level), mit der gegen ein entsprechendes «Item» verstossen wurde (pro Bank wurden 4 Webseiten geprüft, würden alle 13 Banken bei allen 4 Seiten an mindestens einer Stelle gegen dieses Item Verstossen, wäre der Wert 100%).
Die häufigsten Verstösse sind beim Item «Visual Presentation» (39% aller geprüften Seiten). Dieses Item ist eingestuft auf der Ebene «AAA» – es handelt sich dabei also um optische Merkmale welche nicht zwingend, jedoch hilfreich sind (ein Beispiel hierfür wäre die Möglichkeit, Farben von Hinter- und Vordergrund selbst zu wählen).
Am zweithäufigsten sind «Verstösse» bei einem Item der Grundkriterien (Level A), welches dem Nutzer und der Nutzerin die Navigation mittels technischer Hilfsmittel ermöglicht. Knapp jede dritte Webseite (30%) verstösst gegen das Kriterium «Name, Role, Value». Gut jede achte Website (13%) verstösst gegen das Kriterium «Link Purpose». Auch relativ häufig ist der Verstoss gegen «Non-text Content» (11%). Dies bedeutet, dass auf der Website Nicht-Text-Elemente sind (z.B. Bilder), welche nicht alternativ als Text zur Verfügung stehen (um beispielsweise von einem Hilfsmittel vorgelesen werden zu können).
Abbildung 3: Häufigste Issues (nach Level A, AA und AAA)
In einem dritten Schritt führten wir eine manuelle Überprüfung von drei ausgewählten Erfolgskriterien durch. Diese führt zu folgendem Ranking:
Rang | Name | Erfüllungsgrad |
1 | Raiffeisen | 100% |
2 | Migros Bank | 93% |
3 | BEKB | 92% |
3 | PostFinance | 92% |
5 | UBS | 83% |
6 | ZKB | 69% |
7 | Revolut | 67% |
8 | LUKB | 57% |
9 | BKB | 47% |
10 | BCV | 46% |
11 | CS | 43% |
12 | Neon | 13% |
13 | SGKB | 8% |
Abbildung 4: Ranking gemäss manueller Stichprobe
Es wird ersichtlich, dass sich diese Rangliste gegenüber der breiteren SiteImprove-Analyse unterscheidet. In dieser Analyse schneiden die Raiffeisen und Migros Bank besser ab. Deutlich weiter vorne ist hier auch die Berner Kantonalbank. Es muss aber berücksichtigt werden, dass in unserem dritten Schritt nur ein sehr kleines Gebiet anhand von drei Kriterien mit sechs Fragestellungen untersucht wurde (18 Checks) und die Aussagekraft entsprechend eingeschränkt ist.
Fazit
Unsere ersten Analysen zur Inklusion von Menschen mit Einschränkungen am Beispiel der Barrierefreiheit im Webauftritt bei Schweizer Banken zeigt ein heterogenes Bild. Bei einem Drittel der Banken ist die Barrierefreiheit im Web zwar thematisiert, sie scheint jedoch nicht bei allen gleich konsequent umgesetzt zu sein. Positiv aufgefallen ist PostFinance, welche die Thematik ausführlich erklärt und es gemäss unserem Ranking auch sehr gut umgesetzt hat. Fast alle Banken haben aber noch einiges an Aufholbedarf. Für alle Schweizer Banken die auch im EU Raum tätig sind, wird die Barrierefreiheit per Ende 2024 über den European Accessibility Act («EAA») sowieso zur Pflicht. Wir hoffen, dass diese Analyse auch dazu beitragen kann, das Bewusstsein für Barrierefreiheit auf Schweizer Webseiten und E-Banking-Plattformen zu erhöhen und Unternehmen dazu zu ermutigen, ihre Plattformen so zu gestalten, dass sie für alle zugänglich sind. Eine barrierefreie Webseite oder E-Banking-Plattform ist nicht nur gelebte Inklusion und ein soziales Gebot (das «S» in ESG), sondern auch ein geschäftlicher Vorteil, da sie ein breiteres Publikum erreichen und möglicherweise neue Kundschaft gewinnen kann.
PS: Nimmt Sie auch Wunder, welches in diesem Jahr die digitalste Bank der Schweiz ist? Lernen Sie mehr dazu und zu vielen anderen spannenden Themen (z.B. Beratung im Metaverse, Open Banking in Deutschland, Bankfilialen der Zukunft,…) im Rahmen der Konferenz „Innovationen im Banking“ am Nachmittag des 6.6 in Rotkreuz.
Kommentare
2 Kommentare
Beat Kleeb
13. April 2023
Grundsätzlich besten Dank für diese Untersuchung. Gehörlose und Schwerhörige haben aber noch spezielle Probleme im Umgang mit Banken: der telefonische Kontakt. Der telefonische Kontakt betreffend einer bestehenden Bankbeziehung benötigt eine Identifikation des Anrufers/Kunden. Dies wird in der Regel durch Kontroll-/Stichfragen gemacht zu Details, die nur der Kunde allein wissen sollte. Gehörlose und Schwerhörige können aber auch durch eine Telefonvermittlung mit Text oder mit Gebärdensprache (Stiftung procom) über eine Drittperson (Telefonvermittler:in) telefonieren. In allen diesen Situationen wird von den Banken generell jede Auskunft verweigert. Auch die Identifikation durch Kontrollfragen, analog zu hörenden Kunden, wird verweigert. Dies ist eine klare Diskrimination von Hörbehinderten, die endlich abgeschafft werden muss. Nur mit einer schriftlichen Erklärung im Voraus wird eine Kommunikation möglich. Dies verunmöglicht aber spontane, dringende Informationsbeschaffungen. Diese Diskrimination muss auch zur Sprache gebracht werden. Beat Kleeb (gehörlos)
andreasdietrich
13. April 2023
Besten Dank für Ihr wertvolles Feedback!
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
27. März 2023
Poststellen als neue Bankfilialen?
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Die Schweizerische Post ist eine der wichtigsten Institutionen in der Schweiz und bietet ihren Kunden eine Vielzahl von Dienstleistungen an. Die Post betreibt auch zahlreiche Postfilialen in der ganzen Schweiz, die für viele Menschen ein wichtiger Anlaufpunkt im Alltag sind. Gleichzeitig ist das gesamte Postfilialnetz bezüglich Profitabilität unter Druck. Das neue Zielbild sieht daher vor, dass die Filialen der Post zu Dienstleistungszentren werden. Als Partner sollen auch Banken fungieren. Diese können von der Infrastruktur und den Beratungs- und Serviceleistungen der Post-Mitarbeitenden profitieren und dadurch ihr Filialnetz erweitern oder kostengünstiger betreiben («Filiale as a Service»). Die Migros Bank, die Hypothekarbank Lenzburg und die Cornèr Bank nutzen das Angebot bereits. Im heutigen Blog zeige ich auf, warum die Post ihr Filialnetz öffnet, welche Dienstleistungen sie dabei anbietet und welche Vorteile eine solche Kooperation für Banken bieten könnte.
Die Post und ihre Filialen
Das Postfilialnetz ist gemäss Geschäftsbericht der Post nicht profitabel. In den vergangenen Jahren standen daher unpopuläre Massnahme im Vordergrund. So hat die Post in den vergangenen zwanzig Jahren knapp 2’500 Postfilialen abgebaut. Teilweise wurde zwar die Reduktion durch die Eröffnung von Postagenturen in Dorfläden, Bäckereien oder Apotheken etwas aufgefangen. Derzeit gibt es aber «nur» noch rund 800 eigenbetriebene Postfilialen. Das Filialnetz soll in der aktuellen Strategieperiode bei diesen rund 800 Filialen stabilisiert werden. Dies ist einerseits ein strategischer Entscheid. Auf der anderen Seite schreibt Artikel 33 der Postverordnung vor, dass 90 Prozent der Bevölkerung eines Kantons eine Postfiliale innerhalb von 20 Minuten zu Fuss oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen müssen. Insofern ist der Handlungsspielraum der Post in Bezug auf das Postfilialnetz eingeschränkt.
Öffnung des Postfilialnetzes als strategisches Ziel
Damit die Post dieses dichte Postfilialnetz weiterhin beibehalten kann und gleichzeitig ihre Kosten respektive Erträge optimiert, hat sie dieses auch für Dienstleistungsunternehmen und Behörden geöffnet. Gemäss Ziel der Post sollen sich die Filialen zu Dienstleistungszentren entwickeln. Partner wie Banken, Versicherungsunternehmen, Krankenkassen oder Behörden sollen von der Infrastruktur und den Beratungs- und Serviceleistungen der Mitarbeitenden der Post profitieren (Terminvermittlung, Mutationen von Adressen usw.) und gleichzeitig die Möglichkeit erhalten, über das Post-Filialnetz der Kundschaft einen physischen Kontaktpunkt zu bieten. Wird das Konzept und die Öffnung des Netzes ein Erfolg, kann die Post ihr Netz aufrecht erhalten und für die Bevölkerung einen Mehrwert schaffen. Aus Sicht der Post ist dieses Konzept eine Chance, ihre Kundenfrequenzen und dadurch die Relevanz ihrer Geschäftsstellen zu erhöhen.
Auch Pop-Up Stores für kurzfristige Kampagnen können eröffnet werden, wie ich anhand einer kürzlich erhaltenen LinkedIn Anfrage erfahren habe (siehe Abbildung 1) – für Banken ist dies aber wohl weniger relevant.

Abbildung 1: Anfrage an mich via (Sponsored) LinkedIn, ob ich Promotionsflächen oder Pop-Up Stores bei der Post nutzen möchte
Natürlich eignen sich nicht alle Postfilialen gleich gut für die unterschiedlichen Angebote. Bei grösseren und stärker frequentierten Postfilialen lohnt es sich für Partner möglicherweise, eigene Mitarbeitende vor Ort zu haben. Bei eher kleineren Postfilialen ist das Ziel hingegen eher, dass die Partner Promotionsflächen nutzen, dank der Post Leads für Beratungen erhalten und/oder die Post gewisse Basisdienstleistungen übernehmen kann.
Mögliche Vorteile für Banken
Auch für Banken kann das Konzept der Post interessant sein. Ich sehe die folgenden potenziellen Vorteile:
- Banken können durch den «Einzug» in Postfilialen ihre Präsenz in den Regionen verstärken. Durch die Miete von Fläche oder Räumen bei Post erhält man zusätzliche Sichtbarkeit.
- Man kann die Kosten der bestehenden Präsenz in einer Region reduzieren, indem man eine Filiale schliesst, aber zumindest für Basis-Dienstleistungen auf einer Postfiliale präsent bleibt.
- Durch das Mieten von Flächen in Postfilialen kann man in neue Marktgebiete vordringen.
- Des Weiteren können Post-Mitarbeitende gewisse Aufgaben wie das Schaltergeschäft oder die Bargeldversorgung übernehmen, die für Banken wenig attraktiv sind. Insofern kann eine Bank gewisse Geschäftsprozesse an die Post auslagern («BPO des Schaltergeschäfts» resp. eine Art «Filiale as a service»). Des Weiteren sind auch Beratung und Verkäufe durch die Post-Mitarbeitenden möglich.
- Die Post eignet sich aus meiner Sicht gut für die Übernahme des Bargeldgeschäft, weil sie über ein grosses Filialnetz verfügt, genügend Bargeld hat und auch die regulatorischen Anforderungen erfüllt. Dadurch könnte auch eine breite Bargeldversorgung sichergestellt werde (dass das Thema immer noch für Emotionen sorgt, zeigt auch die Volksinitiative für den Erhalt von Münzen und Banknoten). Die Dienstleistungspalette der Post für Banken ermöglicht aber auch die generelle Beratung und den Verkauf von gewissen Dienstleistungen (inkl. Leads mit Terminvermittlung).
Banken in Postfilialen – bisherige Partner
Von Bankenseite nutzen (neben PostFinance) die Migros Bank, Cornèr Bank und seit kurzem die Hypothekarbank Lenzburg das Angebot. Daneben sind auch die beiden Krankenversicherer sympany und assura, sowie swisscaution und verschiedene Behörden (z.B. Kanton Jura oder BL) Partner von Post. Im Kanton Jura soll die Bevölkerung beispielsweise in den Postfilialen befähigt werden, Online Services für Gemeindedienstleistungen zu nutzen.
Seit Oktober 2022 ist die Migros Bank in sieben Postfilialen in der Deutsch- und Westschweiz mit eigenen Beratungsboxen präsent. In weiteren 33 Filialen vermitteln Post-Mitarbeitende interessierten Kundinnen und Kunden einen Beratungstermin mit der Migros Bank. Wenn das Serviceangebot auf Nachfrage stösst, werden die Post und die Migros Bank die Anzahl Standorte in den Folgejahren ausbauen.

Abbildung 2: Migros Bank in der Post Köniz (Bildquelle: Migros Bank)
Auch die Cornèr Bank und die Post haben 2022 eine Vertriebspartnerschaft vereinbart. Seit Oktober 2022 können Kundinnen und Kunden in 411 Filialen der Post Cornèrcard Prepaidkarten kaufen und aufladen. Zudem werden in 20 Post-Filialen im Tessin, in der Romandie und in der Deutschschweiz seit Mitte November Cornèrcard Kreditkarten vertrieben.
Am 20. Februar 2023 ist zudem die Hypothekarbank Lenzburg in die Aarauer Hauptpost direkt beim Bahnhof eingezogen. Zuvor hatte die Hypi Lenzburg keine Präsenz in Aarau. Gemäss Medienmitteilung werden die Hypi Lenzburg und die Post nach einigen Monaten evaluieren, ob sich diese Partnerschaft lohnt und das Angebot erweitert werden soll. In der Aarauer Hauptpost wird die Bank mit ihren eigenen Mitarbeitenden Beratungen zu allen finanziellen Bedürfnissen anbieten. Zusätzlich vermitteln in der Filiale Aarau Telli die Mitarbeitenden der Post interessierten Kundinnen und Kunden den Kontakt zur Hypothekarbank Lenzburg.

Abbildung 3: Postfiliale in Meilen (Bildquelle: Ele C)
Auch wenn sie schon einige Partner hat, ist die Post weiterhin im Gespräch mit Unternehmen und Behörden für eine regionale oder nationale Zusammenarbeit.
Brauchen die Schweizerinnen und Schweizer überhaupt noch eine Filiale?
Im Rahmen einer gemeinsam mit ti&m erstellten Studie haben wir untersucht, welche Personen in Abhängigkeit von unterschiedlich komplexen Bankgeschäften welche Touchpoints präferieren. Daraus abgeleitet haben wir vier unterschiedliche Personas gebildet. Dabei haben wir je zwei komplexe und zwei einfache Bankgeschäfte zur Auswahl gegeben. Für die Definition der Personas haben wir bewusst nur die angegebenen Präferenzen berücksichtigt.
Der grösste Teil der Befragten zeigt keine eindeutige Präferenz (42%) für einen Touchpoint – weder für einfache noch für komplexe Bankgeschäfte. Diese Persona nennen wir «indifferent», da sie keinen digitalen Touchpoint gegenüber der Filiale eindeutig bevorzugt (oder umgekehrt). 19 Prozent aller Kunden ziehen für alle Bankgeschäfte einen digitalen Kanal der Filiale vor («Onliner»). Auf der anderen Seite des Spektrums zählen jene Personen zur Gruppe «Offliner», welche sowohl für einfache als auch komplexe Bankgeschäfte eine Filiale gegenüber den anderen Touchpoints präferieren (15%). Ein Viertel aller Befragten wählt digitale Kanäle für einfache Bankgeschäfte, präferiert aber den persönlichen Kontakt auf der Filiale für komplexere Angelegenheiten (Hybrid).
Daran erkennt man, dass auch für einfache Geschäfte für mehr als die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer die Möglichkeit, eine Person auch physisch treffen zu können nach wie vor eine Rolle spielt.
Fazit
Die Post muss für ihr dichtes Filialnetz auch vor dem Hintergrund des öffentlichen Versorgungs-Gedankens einen Weg finden, wie sie dieses besser nutzen und profitabler betreiben kann. Derzeit ist das Postnetz defizitär. Mit der im Jahr 2020 publizierten Strategie hat sie sich entschieden, dass die Kosten ihres Filialnetzes auch auf andere Dienstleister verteilt und die Post-Mitarbeitenden besser ausgelastet werden sollen. Der Verkauf von Papeterie-Artikeln und Gutschein-Karten in den Postfilialen hat nur wenig geändert (vgl. Geschäftsberichte).
Die strategische Umsetzung mit der Bildung von Netzwerken und der Entwicklung hin zu Dienstleistungszentren machen daher aus meiner Sicht durchaus Sinn. Der entsprechende Entscheid bietet aber natürlich Konfliktpotenzial (und mögliche Interessenskonflikte), da PostFinance als Tochter der Post ihre Exklusivität an Finanzdienstleister wie die Migros Bank, Cornèr Bank oder die Hypothekarbank Lenzburg verliert. Gemäss Konzernstrategie vermitteln nun aber Mitarbeitende der Post Beratungstermine nicht nur an PostFinance, sondern auch an andere Banken. Gleichzeitig scheinen die Partner-Banken (neben PostFinance) bisher keine weitere «Coopetition» in der gleichen Postfiliale anzustreben. Bei den bisherigen Post-Partner stehen Fokus-Vertriebspartnerschaften im Vordergrund (nur eine Bank, eine Versicherung und eine Krankenversicherung pro Postfiliale).
In der konkreten Umsetzung ist wichtig, wie die Post die Lead-Generierung im Alltag umsetzt. Es wäre wenig zielführend, wenn die Post-Kundinnen und -Kunden jedes Mal bei Abgabe eines Pakets von Post-Mitarbeitenden auch noch auf ein neues Angebot einer Krankenversicherung aufmerksam gemacht werden. Es bleibt auch abzuwarten, ob die Kundinnen und Kunden neben postalischen Dienstleistungen auf den Postfilialen wirklich andere Services oder persönliche Beratung in Anspruch nehmen werden und ob Post-Mitarbeitende es wirklich schaffen, «Leads» für ihre (Bank-)Partner zu generieren (Terminvereinbarungen bei Banken). Banken mit physischer Präsenz in einer Postfiliale haben es diesbezüglich möglicherweise etwas einfacher – eine solche Präsenz ist aber natürlich auch teurer.
Insofern bin ich sehr gespannt, welche Erfahrungen die drei ersten Partnerbanken in den Postfilialen machen werden. Zusätzliche Informationen dazu können Sie am Nachmittag des 6. Juni 2023 aus erster Hand im Rahmen der Konferenz «Innovationen im Banking» am IFZ erhalten.
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Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
20. März 2023
Auswirkungen der Grossfusion von UBS und Credit Suisse auf den inländischen Bankenmarkt
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Prof. Dr. Simon Amrein und Dr. Reto Rey
Der am Sonntag bekanntgegebene Kauf der Credit Suisse durch die UBS wird den Schweizer Retail Banking-Markt verändern. Beide Banken haben im inländischen Bankenmarkt eine zentrale Stellung. In welchen Bereichen ist die «neue UBS» wie stark? Wie sieht die Situation im Hypothekarmarkt und bei Spareinlagen aus? Wie präsentiert sich die Situation im KMU-Bereich? Und welchen Einfluss wird der Zusammenschluss auf die Anzahl Filialen haben? Im heutigen Blog versuchen wir mithilfe von Fakten einzuordnen.
Die beiden Grossbanken haben im inländischen Retailbanken-Markt immer eine wichtige Position eingenommen. Nach der Gruppe der Kantonalbanken – welche aus 24 einzelnen Banken besteht – sind die Grossbanken gemessen am Marktanteil die wichtigste Bankengruppe. Durch die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS akzentuiert sich nun die Marktmacht eines einzelnen Marktteilnehmers.
Aus zwei wird eins: Marktanteile im Hypothekarmarkt und bei Kundeneinlagen
Abbildungen 1 und 2 zeigen die Marktanteile in der Schweiz nach Bankengruppen von 2003 bis 2021 aufgeteilt für Hypothekarforderungen und Kundeneinlagen. Sowohl im Hypothekarmarkt als auch im Geschäft mit den Kundeneinlagen liegt der Marktanteil der neuen Grossbank derzeit (resp. die neusten SNB-Daten stammen von Dez. 2021) bei 27 Prozent (Hypotheken) und 26 Prozent (Kundeneinlagen). Dies bedeutet, dass bei der neuen UBS nun rund 300 Milliarden Hypotheken ausstehend sind.
Seit 2003 sind die Marktanteile der Grossbanken aber markant zurückgegangen. Sowohl bei den Hypothekarforderungen als auch bei den Kundeneinlagen ging der Marktanteil um 7 Prozentpunkte zurück. Insbesondere bei den Kundeneinlagen hat die letzte Finanzkrise ab 2008 in Form von tieferen Marktanteilen deutliche Spuren hinterlassen (-4 Prozentpunkte von 2007 auf 2008). Wir erwarten, dass die Übernahme zu einem weiteren Rückgang in Bezug auf die Kundengelder führen wird. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass viele Sparerinnen, Privatanleger aber auch institutionelle Anleger und Unternehmen bei beiden Banken Kundenverbindungen haben, um Risiken zu streuen. Da die Banken nun zusammengeführt werden, gibt es diese Diversifikation nicht mehr. Diese Verschiebungen werden auch Mitbewerbern entsprechende Chancen in der Kundengewinnung bieten.


Marktkonzentration im Hypothekargeschäft unterschiedlich nach Region
Die Marktkonzentration der neuen UBS im Bereich des Hypothekargeschäfts ist je nach Region sehr unterschiedlich (vgl. Abbildung 3, Stand: Ende 2021). Vor allem in städtisch geprägten Regionen sind die Grossbanken stark verankert. Im Kanton Genf vereinen die beiden Grossbanken in den erwähnten Geschäftsbereichen etwa die Hälfte des gesamten Marktes auf sich. Ebenfalls stark verankert sind sie in Kantonen wie Waadt, Aargau, Zürich und Zug. Die starke Marktstellung der neuen Grossbank ist in aller Regel auch ein Abbild der kantonalen Bankenstruktur: Wo Kantonalbanken und/oder Raiffeisenbanken sehr stark präsent sind, sind Grossbanken häufig etwas schwächer vertreten. Zudem gibt es auch Kantone, wo Regionalbanken teilweise noch stark vertreten sind (bspw. Kanton Bern).
Entsprechend ist der Einfluss der Fusion auf die Wettbewerbsintensität nach Kanton – oder auch Region – sehr unterschiedlich und kann nicht pauschal beantwortet werden. Insgesamt gehen wir aber davon aus, dass der Wettbewerb im Hypothekarmarkt durch den Zusammenschluss der beiden Grossbanken in den meisten Regionen nach wie vor spielt und die Kundschaft bei vielen starken Instituten (z.B. Kantonalbanken, Raiffeisenbanken, Regionalbanken, Migros Bank, Bank Cler) eine Offerte einholen kann. Zudem gibt es Online-Angebote im Hypothekarmarkt oder die Möglichkeit, über einen Kreditvermittler seine Hypothek abzuschliessen.

Die «neue UBS» ist Hauptbank von 19 Prozent aller Privatpersonen in der Schweiz
Abbildung 4 zeigt auf, welche Banken bei Schweizer und Schweizerinnen als Hauptbank und als Nebenbanken fungieren. Die Daten basieren auf einer Umfrage bei 3’162 Schweizerinnen und Schweizer im April 2022 und ist Bezug auf Alter, Geschlecht, Bildung sowie die Sprachregion der befragten Personen für die Schweiz repräsentativ (weitere Informationen hier). In der Umfrage haben wir die Kriterien für die Definition als Hauptbank (z.B. Lohn- und Zahlungskonto, Hypothek, Wertschriften-Depot) bewusst nicht vorgegeben. Vielmehr sollte die Kundschaft angeben, zu welchen Banken sie eine Beziehung haben und welche davon sie als Hauptbank bezeichnen.
Auch hier zeigt sich, dass die beiden Grossbanken relevant sind, dass es aber auch weitere starke Mitbewerber im Markt hat. Die über die gesamte Schweiz betrachtet meisten Hauptbankbeziehungen pflegen Schweizerinnen und Schweizer mit der Kantonalbankengruppe (29%). Deren Hauptbank-Marktanteil hat sich in den vergangenen Jahren weiter erhöht. Für rund 19 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer waren im letzten Sommer die Grossbanken die Hauptbank. Auch bei diesem Vergleich muss bedacht werden, dass sich diese 19 Prozent auf bald nur noch eine Bank beziehen (sofern alle Kunden die Hauptbankbeziehung weiterhin bei UBS haben) – wohingegen es sich bei den Kantonalbanken um 24 Banken handelt und bei den Raiffeisenbanken um etwa 220 Raiffeisen Genossenschaften.

Jedes vierte KMU ist Grossbanken-Kunde – vor allem für die grösseren KMU stellen sich Fragen
Welche Banken von den KMU (Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitende) als Hausbanken gewählt werden, ist in Abbildung 5 ersichtlich. Die Zahlen basieren einer Studie, welche wir im Auftrag des Seco durchgeführt hatten. Dabei wurden im Jahr 2021 2’712 Schweizer KMU zu ihrem Finanzierungsbedarf sowie ihren Finanzierungsarten, -quellen und -bedingungen befragt (weitere Informationen hier). Mehr als ein Drittel aller KMU sind Kantonalbanken-Kunde. Auf dem zweiten Platz folgen bereits die Grossbanken, die einen Viertel der KMU als Haubank bedienen. Diese haben im Vergleich zur Umfrage im Jahr 2016 an Marktanteil verloren. Dafür konnten die Raiffeisenbanken den Anteil ausbauen und decken aktuell fast 20 Prozent der KMU ab, während es 2016 noch 16 Prozent waren.

Genauer zu beobachten ist dabei vor allem die hohe Relevanz der Grossbank(en) im Bereich der grösseren KMU (>50 VZÄ, vgl. Abbildung 6). Verschiedene Dienstleistungen wurden vor allem von den beiden Grossbanken angeboten. Der entsprechende Wegfall der einen Bank könnte entsprechend für die grösseren Firmen in gewissen Bereichen auch wettbewerbstechnisch spürbar sein. Der Marktanteil der Grossbanken dürfte insbesondere bei Grossunternehmen noch deutlich höher sein als bei den grösseren KMU in der Befragung.

Wie viele Filialen werden durch die Fusion verschwinden?
Die Anzahl Bank-Filialen sind in der Schweiz seit Jahren rückläufig. Im Jahr 2003 lag die Anzahl Filialen noch bei über 3’000 – per Ende 2021 waren es 2’349 Banken. UBS und Credit Suisse zählten im Jahr 2021 noch 431 Filialen (2003: 538; Quelle: SNB Datenportal). Mit dem Zusammenschluss wird die Anzahl Filialen nochmals markant zurückgehen. Wie die untenstehende Abbildung 7 («gezoomter» Ausschnitt und gesamte Schweiz, für Karte auf Google, siehe hier) zeigt, sind die beiden Banken häufig an sehr ähnlichen Standorten präsent. Schon rein «visuell» scheint also klar, dass viele Bankfilialen verschwinden werden.


Fazit
Die oben aufgezeigten Marktanteile der beiden Grossbanken werden künftig zu einem grossen Teil auf die «neue» UBS übergehen. Wir erwarten aber, dass die Übernahme zu einem weiteren Rückgang in Bezug auf die Kundengelder führen wird. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass viele Sparerinnen, Privatanleger aber auch institutionelle Anleger und Unternehmen bei beiden Banken Kundenverbindungen haben, um Risiken zu streuen. Da die Banken nun zusammengeführt werden, gibt es diese Diversifikation nicht mehr. Diese Verschiebungen werden auch Mitbewerbern entsprechende Chancen in der Kundengewinnung bieten.
Die Marktkonzentration nach der vollzogenen Fusion ist aus unserer Sicht in vielen Regionen und Segmenten wettbewerbspolitisch wenig heikel. Gleichzeitig gibt es aber gewisse Segmente und Regionen, wo die neue UBS künftig einen hohen Marktanteil haben wird, was wettbewerbspolitisch kritisch zu hinterfragen ist.
Insgesamt steht der inländische Bankenmarkt durch die Fusion vor grossen Veränderungen: Die Marktanteile und die Marktkonzentration werden sich verschieben und die Anzahl Filialen und Bancomaten werden sich gemäss unserer Einschätzung deutlich reduzieren.
Kommentare
1 Kommentare
Andreas Bitz
2. April 2023
Herzlichen Dank für diese interessante Übersicht und Analyse. Es wäre spannend gewesen, die Trends seit 1995 aufzuzeigen und damit den Effekt der ersten Grossbankenfusion 1998 zwischen UBS und SBV. Die damals geäusserten Bedenken waren ähnlich wie heute.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
13. März 2023
Zukunft der Kernbankensysteme – erste Erkenntnisse der Studie
Von Dr. Urs Blattmann und Dr. Felix Buschor
Das IFZ arbeitet derzeit an einer Studie zur Zukunft der Kernbankensysteme in der Schweiz und hat zu diesem Zweck eine Umfrage bei Banken, eine Vielzahl von Interviews mit Vertretern von Banken, FinTechs, Systemanbietern, IT-Betreibern und Beratern sowie einen Workshop mit dreissig Experten durchgeführt. Nachfolgend präsentieren wir erste Erkenntnisse unserer Analyse.
Seit rund zwanzig Jahren wird der Markt der Kernbankensysteme in der Schweiz von den zwei Anbietern Avaloq und Finnova dominiert. Andere Lösungen wie etwa Finstar, Bancs oder Olympic kommen nur auf geringe Marktanteile und Anbieter von neuen Kernbankensystemen haben im Schweizer Markt bisher nicht Fuss fassen können. Vor dem Hintergrund grösserer technologischer Veränderungen aber auch wachsender strategischer Herausforderungen für Banken etwa im Bereich Digitalisierung und neuer Geschäftsmodelle stellt sich die Frage, wie sich die IT der Banken und damit auch deren Kernapplikation verändern wird. Dies umso mehr als sich seit einiger Zeit viele Banken kritisch über ihre aktuelle Kernbankensysteme äussern und im Ausland Anbieter von neuen Systemen erfolgreich im Markt Fuss gefasst haben. Verschiedentlich wurde in den von uns geführten Interviews auch die Einschätzung geäussert, dass sich die Schweizer Banken in einem Lock-in befänden, weil zum einen geeignete Alternativen fehlten, zum andern hohe Migrationskosten sowie die mit einem Systemwechsel verbundene Absorbierung eines Grossteiles der Ressourcen der Bank eine Veränderung der Situation verunmöglichten.
Stärken und Schwächen der aktuellen Kernbankensysteme
Im Rahmen einer Umfrage haben wir deshalb bei Banken nachgefragt, welches für sie die drei wichtigsten Stärken ihres Kernbankensystems sind. Dabei hat der Begriff ‘Stabilität’ mit deutlichem Vorsprung am meisten Nennungen erhalten. Dahinter, praktisch gleichauf, liegen die Begriffe ‘Zuverlässigkeit’ und ‘Verfügbarkeit’, was in dieselbe Richtung deutet und den Begriff Stabilität noch verdeutlicht. Überraschenderweise wurde auch die Flexibilität als wesentliche Stärke hervorgehoben, obschon diese in vielen Interviews auch als Schwäche genannt wurde. Schliesslich haben auch viele Banken die ‘Abdeckung von Funktionalität’ genannt; dies noch deutlich vor den ‘regulatorischen Anforderungen’.
Bei den Schwächen überragte ein Begriff alle andern: ‘Kosten’ wurde von über drei Vierteln der teilnehmenden Institute genannt. Auch hier war in den Interviews von vielen IT-Verantwortlichen ein anderes Bild gezeichnet worden: Ihre grössten Probleme bestünden darin, Ressourcen für die Realisierung von IT-Projekten zu finden und die Projekte fristgerecht abzuliefern. Gemäss unserer Einschätzung stellen die Ergebnisse von Umfrage und Interviews jedoch nicht unbedingt einen Widerspruch dar, sondern geben eher verschiedene Sichtweisen wieder. Während für die grosse Mehrheit die Banken die hohen Kosten der IT offenbar ein wichtiges Problem darstellen, stehen auf der anderen Seite die IT-Verantwortlichen in den Banken unter grossem Druck, die benötigten Ressourcen aufzutreiben und die Projekte termingerecht abzuschliessen, so dass das Kostenproblem etwas in den Hintergrund rückt.
Als weitere Schwächen von Kernbankensystemen wurden zudem ‘träge Weiterentwicklung / time to market’, ‘fehlende Schnittstellen / API’s’ sowie ‘alte Technologie / veraltete Architektur’ genannt.
Die wichtigsten Bedürfnisse von Banken bezüglich Kernbankensystem in 3-5 Jahren
Da sich die Bedürfnisse der Banken bezüglich der Kernbankensysteme auch in der Vergangenheit geändert haben, ist davon auszugehen, dass dies auch in Zukunft so sein wird. Aber welches werden für die Banken die wichtigsten Bedürfnisse in der Zukunft sein? Auf die entsprechende Frage, bei deren Beantwortung Mehrfachnennungen möglich waren, wurden die folgenden Bedürfnisse genannt:

Abbildung 1: Die wichtigsten Bedürfnisse von Banken bezüglich Kernbankensystem in 3-5 Jahren
Beinahe 9 von 10 Banken wünschen sich API’s, um damit andere Lösungen integrieren zu können. Mit anderen Worten, auf die Hersteller wird ein wachsender Druck der Nachfrager zukommen, dieses für die Banken wichtigste Bedürfnis zu befriedigen. Dass mit der Realisierung solcher API’s auch die Flexibilität zur raschen Einführung neuer Produkte unterstützt wird – von zwei Dritteln der befragten Banken als Bedürfnis geäussert – liegt auf der Hand. Über die Hälfte der Banken fordern zudem auch eine Cloud-native Architektur sowie generell eine modulare Software-Architektur.
Damit liegen die Anforderungen vor allem für die Anbieter von etablierten Kernbankensystemen auf dem Tisch. Dass aber die Anbieter von neuen Kernbankenlösungen, welche in der Regel schon über API’s, Cloud-native Architektur und modulare Architektur verfügen, von diesem Umstand noch nicht direkt profitieren können zeigt die von den Banken vorgenommene Gewichtung verschiedener Anforderungskriterien an Kernbankensysteme.
Gewichtung von Anforderungskriterien an ein Kernbankensystem
Die Banken gewichten die unterschiedlichen Aspekte von Kernbankensystemen wie folgt:

Abbildung 2: Gewichtung der unterschiedlichen Aspekte von Kernbankensystemen
Wenig überraschend erscheinen dabei die bereits bei den Stärken und Schwächen der aktuellen Kernbankensysteme genannten Begriffe wieder zuoberst in der Rangliste: Stabilität und Kosten. Im Weiteren sind die Informationssicherheit aber auch die Offenheit via API’s für Banken sehr wichtig. Auch Flexibilität und die Modularität der Architektur haben einen hohen Stellenwert. Unvermindert wichtig ist auch eine breite Abdeckung der Funktionalität.
Da bei den einen Kriterien die etablierten Kernbankensysteme deutliche Vorteile aufweisen, bei andern aber die neuen Lösungen, wird es spannend sein zu beobachten, wie und vor allem auch wie rasch es den Anbietern gelingt, ihre Schwächen zu eliminieren. Bei den neuen Anbietern wird sich dabei die ‘Helvetisierung’, d.h. die Anpassung ihrer Systeme an die schweizerischen Regulatorien und Usanzen, als grösste Hürde erweisen, bei den etablierten Anbietern das technologische Upgrade.
Erste Einschätzung und Fazit
Im Hinblick auf die Zukunft der Kernbankensysteme lassen sich aufgrund unserer vorläufigen Analyse folgende drei Schlussfolgerungen ziehen:
- Die Öffnung der Kernbankensysteme ist das zentrale Bedürfnis und die wichtigste Erwartung der Banken; sie – und allenfalls der Regulator – werden deren Realisierung forcieren.
- Die Flexibilität und Agilität als wesentliche Voraussetzungen für zukünftig erfolgreiche Finanzinstitute müssen signifikant verbessert werden; auch hier werden die Banken vermehrt Druck machen.
- Wir werden in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich nur vereinzelte ‘early movers’ sehen, welche einen Wechsel des Kernbankensystems vollziehen; die Mehrheit der Banken wird aber daran arbeiten, die Schlussfolgerungen 1 und 2 zu realisieren und so die Abhängigkeit vom Anbieter ihres Kernbankensystems reduzieren.
Die vollständige Studie mit vielen weiteren Erkenntnissen und Einblicken in die Zukunft der Kernbankensysteme werden wir am 10. Mai in Zürich im Rahmen eines Spezial-Anlasses des IFZ IT-Forums präsentieren. Weitere Informationen zu diesem Anlass sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden sich hier.
Wir bedanken uns bei unseren Sponsoren für die Unterstützung!

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8. März 2023
FinTech in der Schweiz: zurück auf Wachstumskurs
Von Prof. Dr. Thomas Ankenbrand und Dr. Denis Bieri
Nach einem Rückgang im Jahr 2021 ist der Schweizer FinTech-Sektor im Jahr 2022 wieder gewachsen. Einblicke in den dynamischen Finanztechnologie-Markt geben die Ergebnisse der diesjährigen FinTech-Studie der Hochschule Luzern.
Nach einem Rückgang von rund fünf Prozent im Jahr 2021 schlug die Entwicklung des Schweizer FinTech-Sektors wieder die gewohnte Richtung ein. Ende 2022 zählte der Sektor insgesamt 437 Unternehmen, was einem Anstieg von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht (siehe Abbildung 1). Das grösste Wachstum verzeichneten die Produktbereiche Investment Management und Bankinfrastruktur. In diesen beiden Bereichen finden sich mit 171 und 142 Unternehmen auch am meisten Unternehmen, gefolgt vom Zahlungsverkehr (70) und dem Kredit- und Einlagebereich (54). Aus technologischer Sicht basieren 188 Unternehmen auf vergleichsweise weniger innovativen Konzepten aus dem Bereich «Prozessdigitalisierung, Automatisierung und Robotics», und 135 Unternehmen wenden die Blockchain-Technologie an. Weitere 114 Unternehmen konzentrieren sich auf Technologien im Zusammenhang mit «Analytik, Big Data und künstlicher Intelligenz», einem Bereich, der in den letzten Jahren ein stetiges Wachstum verzeichnet hat.

Sustainable FinTech gewinnt an Bedeutung
Einen Trend zur Nachhaltigkeit lässt sich im FinTech-Markt ebenfalls feststellen: Per Ende 2022 setzten 7.3 Prozent aller Schweizer FinTech-Unternehmen strategisch auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Der Schwerpunkt dieser Unternehmen liegt auf Lösungen zur Unterstützung von Daten und analytischen Erkenntnissen für Nachhaltigkeitsbewertungen im Finanzsektor, gefolgt von so genannten grünen FinTech-Unternehmen, von denen sich die meisten auf die Eindämmung des Klimawandels und dessen Konsequenzen ausrichten. Nachhaltigkeit scheint jedoch für die meisten Schweizer FinTech-Unternehmen kein Problem zu sein, wie eine Umfrage im Sektor zeigt. Das deutet darauf hin, dass Nachhaltigkeit als neue Normalität wahrgenommen wird.
Beste Rahmenbedingungen in Singapur, gefolgt von Zürich und Genf
Seit dem ersten FinTech-Hub-Ranking im Jahr 2017 weist Singapur die besten Bedingungen für FinTech-Unternehmen auf (siehe Abbildung 2). Dieser Vorsprung wurde 2022 weiter ausgebaut. Die beiden Schweizer Städte Zürich, welches die meisten Schweizer FinTech Unternehmen beheimatet, und Genf bilden zusammen mit Stockholm die erste Verfolgergruppe, jedoch mit markantem Abstand zum Spitzenreiter aus Südostasien. Zudem zeigt sich ein direkter Zusammenhang zwischen den an einem Standort geltenden Rahmenbedingungen und der Grösse seines lokalen FinTech-Sektors –selbst, wenn dieser um länderspezifische Effekte korrigiert wird. Risikokapital und Joint-Venture-Aktivitäten korrelieren am stärksten mit der Grösse eines FinTech-Sektors, was aufzeigt, dass das Umfeld für Investitionen und Kooperationen eine wichtige Rolle einnimmt.

Schweiz entgeht dem globalen Abwärtstrend
Während die Finanzierungsaktivitäten im FinTech-Sektor im vergangenen Jahr weltweit rückläufig waren und die Mengen an Risikokapital, Token-Verkäufen, Übernahmen und Börsengängen zurückgingen, zeigt die Schweiz eine vergleichsweise positivere und stabilere Entwicklung. 2022 wurden insgesamt 84 Finanzierungsrunden von Schweizer FinTech-Unternehmen gezählt. Dies entspricht einem Gesamtvolumen von 605 Millionen Franken (siehe Abbildung 3). Im Jahresvergleich bedeutet dies, dass die Anzahl der Finanzierungsrunden im Jahr 2022 zwar leicht abgenommen hat, die investierten Summen aber um 36 Prozent gestiegen sind. Obwohl sich die Schweiz dem globalen Abwärtstrend weitgehend entziehen konnte, wurde auch hierzulande der Zugang zu finanziellen Mitteln für FinTech Unternehmen im Durchschnitt schwieriger wahrgenommen, wie eine Umfrage im Sektor zeigt.

Das Investment Ökosystem für Crypto Assets in der Schweiz ist divers, gewisse Geschäftsvolumen haben aber abgenommen
Die Schweiz verfügt über ein aktives Ökosystem für Investitionen in Crypto Assets. Dies zeigt sich beispielsweise an der ansteigenden Diversität von indirekten Produkten auf Crypto Assets welche an Schweizer Börsen gehandelt werden (siehe Abbildung 4). Insbesondere ETPs und Tracker-Zertifikate erfreuen sich ansteigender Beliebtheit, während in Bezug auf die Underlyings Index-Produkte und Produkte auf andere Crypto Assets als Bitcoin, Ether, Cardano und Polkadot an Bedeutung gewonnen haben. Das Handelsvolumen für kryptobezogene Finanzprodukte an der SIX war im Jahr 2022 mit rund CHF 2.1 Milliarden jedoch bedeutend geringer als noch im Jahr 2021. Einen Rückgang zeigen zudem auch die geschätzten Schweizer Handelsvolumen für Direktinvestitionen in Crypto Assets über zentralisierte und dezentrale Kryptobörsen, sowie der Derivathandel an Kryptobörsen.

Schweizer Banken werden digitaler
2022 haben viele Schweizer Banken auch ihre IT-Ressourcen aufgestockt, wie eine im Rahmen der Studie durchgeführte Umfrage zeigt. Diese Ressourcen werden vermehrt in die Transformation des Bankgeschäfts, also beispielsweise der Digitalisierung von Geschäftsprozessen, und weniger in den reinen Unterhalt des Tagesgeschäfts investiert. Konkret investieren 52 Prozent der Schweizer Banken eine Mehrheit ihrer IT-Kosten in «Change-the-Bank» Aktivitäten, währen 48 Prozent mehrheitlich in «Run-the-Bank» investieren (siehe Abbildung 5). Diese Entwicklungen deuten auf eine zunehmende Innovation hin. In Bezug auf Data Science bei Schweizer Banken zeigt sich, dass die entsprechenden Teamgrössen und die verwendeten Tools, Anbieter und Programmiersprachen unterschiedlich sind. Der häufigste Anwendungsfall ist derzeit die Betrugserkennung.

Open Finance: eher eine Evolution als eine Revolution
In Zusammenhang mit Open Finance – dem Austausch von Daten zwischen der Bank und vertrauenswürdigen Drittanbietern – gab es in der Schweiz verschiedene Entwicklungen. Dazu zählen etwa Unterstützungsinitiativen und neue Plattformlösungen. Die Schweizer Finanzinfrastruktur ist jedoch bereits sehr gut entwickelt. Für Anbieter von Open Finance Lösungen ist es deshalb entscheidend, Produkte zu entwickeln, welche sich gut in die bestehende Infrastruktur integrieren lassen.
Direkt zum Download der Studie
Was ist FinTech?
FinTech ist die Abkürzung für Finanztechnologie und umschreibt technologiebasierte Lösungen für innovative digitale Produkte, Dienstleistungen und Prozesse in der Finanzbranche. FinTech-Lösungen verbessern, ergänzen oder ersetzen bestehende Finanzdienstleistungen. Beispiele für FinTech-Lösungen sind mobile Bezahl-Apps, Robo-Advisors oder auch Börsen für Crypto Assets.
IFZ FinTech Study 2023 – Sponsoren und Partner
Die Hochschule Luzern publiziert jedes Jahr die «IFZ FinTech Study». Die Studie bietet bereits zum achten Mal eine umfassende Übersicht zum Schweizer FinTech-Sektor. Die Studie wurde durch die Unterstützung von e.foresight, Finnova, SIX und Swiss Bankers Prepaid Services ermöglicht.




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6. März 2023
Zukünftige Bankstrategien entstehen im Dialog zwischen IT und Business
Von Dr. Felix Buschor
Technologische Fortschritte eröffnen für Banken eine Vielzahl strategischer Optionen. Wenn es darum geht, diese Optionen zu verwirklichen, dann fühlen sich Entscheidungsträger von Banken zunehmend durch ihre IT-Landschaft eingeschränkt. In diesem Blog wird die Meinung vertreten, dass der Weg aus dieser Pattsituation eine IT Governance verlangt, die den Dialog zwischen Business und IT vertieft.
Es ist mittlerweile unbestritten, dass der Einsatz der Informatik für den zukünftigen Erfolg der Banken entscheidend ist. Ebenso ist gemeinhin akzeptiert, dass der Einsatz der Informatik dann Wert generiert, wenn es gelingt, Bankgeschäft und IT-Mittel miteinander zu verzahnen. Aufgabe der IT Governance ist es, Strukturen und Prozesse so festzulegen, dass Geschäfts- und IT-Strategie der Bank aufeinander abgestimmt ist.
Die Retailbanken der Schweiz verfolgen in der Regel die Strategie einer Universalbank mit einer hohen Wertschöpfungstiefe. Sie bieten eine breite Palette an Bankdienstleistungen an, die sie zu grossen Teilen selbst erstellen. IT-Anwendungen, die diese Strategie unterstützen sollen, müssen eine breite Funktionalität abdecken und effiziente bankinterne Prozesse ermöglichen. Die traditionellen Kernbankensysteme mit ihrer zentralen Datenbasis und ihrer monolithischen Bauweise decken diese Anforderungen seit Jahren in geeigneter Weise ab. Diesbezüglich gab es bis vor wenigen Jahren kaum technologische Fortschritte, sondern diese wurden vor allem in der Hardware erreicht: Mehr Rechenleistung zum gleichen Preis, schnellere Speichermedien oder die Möglichkeit, mit Virtualisierung Hardware besser auszulasten sind einige Beispiele. Diese Neuerungen haben es den Informatik-Abteilungen ermöglicht, Kosten für IT-Services über mehrere Jahre in Folge zu reduzieren. Für die Banken ging es darum, im Wettbewerb mit der Konkurrenz eine vergleichbare IT-Kostenbasis aufzuweisen. Dies erforderte aber kein eigentliches Business Alignment, das heisst keine vertiefte Abstimmung zwischen Geschäftsstrategie und IT-Strategie. Es konnten weiterhin die gleichen IT-Leistungen, wenn auch in optimierter Art und Weise, zur Verfügung gestellt werden.
Strategische Optionen treffen auf eine überholte IT-Landschaft
Wesentlicher Antrieb der Digitalisierung sind technologische Fortschritte, wobei sich diese technologischen Fortschritte in erster Linie darauf beziehen, wie Software entworfen, gebaut, ausgeliefert und betrieben wird. Software wird nicht mehr als Monolith, sondern als System bestehend aus mehreren unabhängigen Komponenten gebaut. Softwarekomponenten werden einzelnen in einer Cloud bereitgestellt und dort betrieben. Testing und Auslieferung der Software erfolgen weitgehend automatisiert. Bei Bedarf können Softwarekomponenten ihre Daten oder Funktionalität über APIs auch Dritten, ausserhalb der Bank zur Verfügung stellen. Dieses geballte Bündel an technologischen Neuerungen bietet verschiedene Chancen. Das Kundenerlebnis lässt sich markant steigern. Software lässt sich wesentlich flexibler, schneller, aber auch kostengünstiger bauen und in Produktion nehmen. Und Software kann unternehmensübergreifend miteinander vernetzt werden. Vor allem aber eröffnen diese Innovationen für Banken strategische Optionen, die sich in Form von neuen Geschäftsmodellen am Horizont abzeichnen: Multibanking bietet der Kundschaft den Überblick über alle ihre Bankbeziehungen, Open Banking erlaubt es, nicht nur die Wertschöpfungsketten der Banken neu zu ordnen, sondern auch das Produktregal mit Drittprodukten zu erweitern. Banken können ihre Leistungen in Ökosystemen positionieren. Oder Bankdienstleistungen können über Embedded Banking in Wertschöpfungsketten anderer Branchen eingebettet werden. Diese Aufzählung ist nicht nur unvollständig, sondern sie wird beinahe täglich durch zusätzliche neue Geschäftsideen erweitert, von denen niemand weiss, ob sie sich durchsetzen und Bestand haben werden. Auch wenn bei vielen Banken noch nicht klar ist, welche dieser strategischen Optionen sie zu welchem Zeitpunkt ergreifen möchten, so steht doch zunehmend die Forderung im Raum, dass es bei Bedarf möglich sein muss, das Potenzial solcher neuen Geschäftsmodelle zu erschliessen. Das Business möchte sich den diesbezüglichen strategischen Spielraum offenhalten. Die Entscheidungsträger möchten in der Lage sein, die bestehende Lücke zwischen den strategischen Optionen und der gültigen Geschäftsstrategie bei Bedarf schliessen zu können (siehe Abbildung 1). Damit nimmt der Druck auf die IT zu, dafür die technologischen Voraussetzungen zu schaffen. Die Verantwortlichen der Informatik sehen sich aber mit der Tatsache konfrontiert, dass ihnen die verfügbare IT-Landschaft, nur ungenügend Mittel in die Hand gibt, um die Wünsche des Business zu erfüllen. Mit der bei vielen Banken aktuellen IT-Landschaft können die gestellten Anforderungen nur ansatzweise erfüllt werden, und wenn die Umsetzung möglich ist, dann ist sie teuer und dauert lange. Der Grund für diesen Missstand liegt nicht im Unvermögen der IT-Verantwortlichen, sondern darin, dass die Technologie der aktuellen IT-Landschaft nicht mehr zeitgemäss ist. Im Laufe der Jahre hat sich zwischen der aktuellen IT-Landschaft und den technologischen Fortschritten eine tiefe Lücke aufgetan (vgl. Abbildung 1). Während das Business eine strategische Lücke beklagt und Druck auf die IT ausübt, kämpft die Informatik mit einer veralteten Technologie, die nicht mehr durch punktuelle Korrekturen wettbewerbsfähig gehalten werden kann, sondern im Rahmen einer umfassenden Erneuerung zu ersetzen ist.

Abbildung 1: Die Herausforderung der IT Governance in Zeiten tiefgreifenden technologischen Wandels
IT Governance hat den Dialog zwischen Business und IT zu moderieren
Die doppelte Lücke zwischen strategischen Optionen und gültiger Geschäftsstrategie auf der einen Seite und technologischem Fortschritt und aktueller IT-Landschaft auf der anderen Seite rückt die Ausrichtung der Informatik plötzlich ins Zentrum strategischer Überlegungen der Bank. Dies nachdem über Jahre hinweg die Informatik als eine Unterstützungsfunktion verstanden wurde, deren Aufgabe es ist, kostengünstig IT-Services bereitzustellen. Die IT-Landschaft einer Bank so aufzurüsten, dass sich diese in der digitalen Welt konkurrenzfähig positionieren kann, erfordert einen Sinneswandel der Entscheidungsträger. Während es für IT-Funktionalitäten möglich ist, einen Business Case zu berechnen, ist dies für die technologische Erneuerung der IT-Landschaft nahezu unmöglich. Stattdessen sind diesbezügliche Investitionen als «Cost of Doing Business» anzusehen, das heisst als Aufwendungen, mit denen die langfristige Konkurrenzfähigkeit der Bank erhalten werden soll. Um die damit verbundenen Risiken zu kontrollieren, sind die Entscheidungsträger in mehrfacher Hinsicht gefordert: Die strategischen Optionen, die offen gehalten werden sollen, sind zu konkretisieren. Die dafür benötigte IT-Landschaft ist zu skizzieren. Und schliesslich ist festzulegen, in welchen Etappen die Investition in eine neue Zukunft erfolgen sollen. Die Meinungsbildung zu diesen und anderen Punkten erfordert einen intensiven und andauernden Dialog zwischen Business und Informatik. Es ist Aufgabe der IT Governance, dafür geeignete Prozesse und Strukturen zu schaffen. Voraussetzung für einen fruchtbaren Dialog zwischen Business und IT ist der Aufbau von Kompetenzen in zweierlei Hinsicht: Erstens ist bei den IT-Spezialisten das Business Know-How zu vertiefen. Und zweitens ist IT-Kompetenz nicht nur in spezialisierten Abteilungen, sondern in der Breite der Bank und insbesondere auch in der Geschäftsleitung aufzubauen. Dies ist gerade für jene Banken herausfordernd, die über jahrelang gewachsene Strukturen verfügen, die eine strikte Trennung zwischen Fach- und IT-Abteilungen aufweisen. FinTechs kennen diese Trennung zwischen Business und IT nicht, sondern dort werden Geschäftsstrategie und IT-Technologie gemeinsam und als Ganzes vorangetrieben.
Fazit
Banken müssen Business- und IT-Wissen viel näher zusammenbringen, um den erforderlichen Wandel in der IT-Landschaft an den strategischen Optionen, die sich in Form neuer Geschäftsmodelle bieten, auszurichten.
Möchten Sie das Thema mit uns vertiefen? Dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf (felix.buschor@hslu.ch). Sind Sie an vertiefenden Ausführungen zum Thema IT-Governance interessiert? Dann melden Sie sich für das IFZ Bank-IT Forum «IT Governance» vom 21. März 16:00-18:00 an (IFZ Forum Bank-IT: IT Governance | Hochschule Luzern (hslu.ch))
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27. Februar 2023
Starkes Wachstum für cosmofunding von Vontobel
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Über die verschiedenen Formen von Marketplace Lenders («Online-Kreditmarktplätze») wurden im Jahr 2021 rund CHF 18.5 Milliarden vermittelt. Ein führender und innovativer Marktteilnehmer in diesem Markt ist die von der Bank Vontobel im Sommer 2018 lancierte Plattform cosmofunding. Im heutigen Blog erläutere ich das derzeitige und geplante Geschäftsmodell von cosmofunding und zeige die bisherige Nutzung (u.a. Volumen, Kapitalgeber, Laufzeiten) auf.
Marketplace Lending – ein wachsender Markt
In den Bilanzen der Banken befanden sich Ende 2021 ausstehende Kredite an Privatpersonen, Unternehmen, sowie öffentlich-rechtliche Körperschaften mit einem Volumen von CHF 1’302 Milliarden. Wie der vom IFZ gemeinsam mit der Swiss Marketplace Lending Association (SMLA) publizierte Marketplace Lending Report Switzerland 2022 aber aufgezeigt hat, hat sich von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt in den letzten Jahren ein Teil dieses Fremdkapitalmarktes auf Online-Plattformen verschoben. Sogenannte Marketplace Lending Plattformen vermitteln Kredite direkt zwischen Geldsuchenden und Geldgebenden – ohne den Einbezug von Banken. Die Plattformen treten als Online-Vermittler auf. Kreditgeber solcher Finanzierungen sind Privatpersonen oder professionelle und institutionelle Investoren, wie zum Beispiel Versicherungen, Unternehmen, Fonds, Pensionskassen, Banken oder Family Offices. Ein Merkmal dieser Kredit-Marktplätze ist zudem, dass mehr als ein möglicher Investor ein Kredit-Angebot abgeben kann.
Besonders relevant im Bereich für Marketplace Lenders sind sogenannte OERK-Kredite. Diese haben gemessen am Marktanteil von Online-Plattformen die höchste Relevanz erreicht. Wir schätzen, dass ca. 10 bis 20 Prozent des Neukredit-Volumens in diesem Bereich über Online-Plattformen abgewickelt werden. Insgesamt wurden über die verschiedenen Formen von Marketplace Lenders im Jahr 2021 rund CHF 18.5 Milliarden vermittelt (ohne Berücksichtigung des Geldmarktes).
Über cosmofunding
Ein führender Marktteilnehmer ist die von der Bank Vontobel im Sommer 2018 lancierte Plattform cosmofunding. Über die Plattform können institutionelle Investoren in verschiedene Kreditarten wie etwa Privatplatzierungen, öffentliche Anleihensobligationen oder Darlehen investieren. Wichtige Bestandteile des Modells sind die digitalisierte Wertschöpfungskette (End-to-End digitale Verbriefung als Wertpapier), der regulierte Rahmen (neutrale Bank als regulierter Anbieter) und die Anbindung an die Schweizer Rating-Agentur fedafin, welche für jede Finanzierung eine unabhängige Beurteilung der Bonität von Emittenten und/oder Emissionen gibt. Derzeit arbeiten rund 9 Personen für Cosmofunding. Da cosmofunding eine Plattform und kein Investor ist, ist cosmofunding dem Investor und dem Emittenten gegenüber neutral. Hinsichtlich Transparenz unterliegt cosmofunding als Sparte innerhalb der Bank Vontobel den Gesetzen der Geldwäscherei und der FINMA-Regulierung im Allgemeinen. Dies hat unter anderem den Vorteil, dass der Emittent die Herkunft der Gelder nicht selbst prüfen muss.
Die Bank Vontobel übernimmt grundsätzlich die Aufgaben eines Lead Managers im Namen von Investoren und übernimmt bei Privatplatzierungen und öffentlichen Anleihensobligationen die Zahlstellenfunktion (Coupon- und Titelinkasso), sowie das generelle Orchestrieren der Plattform und der verschiedenen Stakeholder.
Der Emittent stellt sein Projekt auf die Plattform, wo es Investor:innen in Form einer Auktion eine bestimmte Zeit lang präsentiert wird und später – bei erfolgreichem Abschluss – mit wenigen Klicks verbrieft wird («Private Placement»; vgl. Abbildung 1). Nach dem Auktionsende verstreichen in der Regel zwei bis fünf Tage bis zur Auszahlung. Die Kund:innen können dabei alle Finanzierungsparameter inklusive Auszahlung selbst festlegen und damit ihre massgeschneiderte Finanzierung aufsetzen. Durch die Verbriefung ist eine weitere Veräusserung am Sekundärmarkt möglich. Dieser wird zwar bisher noch selten genutzt. Damit eine gewisse Liquidität im Markt ist, bietet die Bank Vontobel aber diese Market Making Funktion an. Grundsätzlich ist cosmofunding aber klar als Primärmarktplattform positioniert.

Abbildung 1: Laufende Emissionen aus Sicht eines Investors
Die Plattform wird kontinuierlich weiterentwickelt und erhält im Laufe des ersten Halbjahres eine neue Benutzeroberfläche und für die Investoren eine Analytics Suite mit verschiedenen relevanten Daten.
Wie wird cosmofunding bislang genutzt?
Nachfolgend teile ich einige Informationen zu den Krediten, welche bislang über die Plattform vermittelt wurden.
- Die bereits gehandelten Kreditlaufzeiten bewegen sich zwischen 2 Wochen und 20 Jahren, wobei bis zu 50 Jahren möglich wären. Im Durchschnitt beträgt die Laufzeit rund 1.25 Jahre.
- Die bereits gehandelten Kreditvolumen betragen zwischen CHF 300’000 und CHF 300 Millionen.
- Seit der Lancierung der Plattform wurden über CHF 23 Milliarden vermittelt (Stand 31.12.2022). Wie Abbildung 1 zeigt, sind die Volumenzahlen stetig steigend. Im vergangenen Jahr wurden bereits knapp CHF 10 Milliarden vermittelt.

Abbildung 2: Vermitteltes Volumen von cosmofunding, 2018-2022
- Gut 95% aller Kreditanträge, welche auf der Plattform sind, erhalten ein Finanzierungsangebot. Rund 80% der Deals kommen zustande (15% haben an einem anderen Ort z.B. bessere Konditionen erhalten). Gemäss Angaben von Stefan Pomberger, Head von cosmofunding, kommen Kreditvermittlungen für kurze und mittlere Laufzeiten fast immer zustande. Seltener sind hingegen grössere Volumen mit langen Laufzeiten. Insgesamt sind dies aus meiner Sicht aber sehr hohe Erfolgs- respektive Abschlussquoten.
- Rund 40 Prozent der Abschlüsse (in Bezug auf das Volumen) stammen aus dem öffentlichen Sektor. Diese Anfragen können weiter unterteilt werden in öffentlich-rechtliche Körperschaften (OERK; ca. 30%). und staatsnahe Betriebe («Government-linked Sector», z.B. Spitäler, Verkehrsbetriebe, etc., ca. 10%). Weitere 50% des gehandelten Volumens geht an Unternehmen, welche klassische Bankkreditlinien suchen. 10 Prozent des vermittelten Volumens auf cosmofunding betreffen Immobilien.
- Die wichtigsten Kapitalgeber respektive Investoren sind – in dieser Reihenfolge – Pensionskassen, Unternehmen, Asset Managers, Banken und Versicherungsunternehmen. Seit 2022 sind auch gewisse Family Offices Kapitalgeber auf cosmofunding. Des Weiteren haben seit dem vergangenen Jahr Privatbankkunden der Vontobel Zugang zu den Investitionsmöglichkeiten von cosmofunding.
- Rund 70 Prozent der Kredite werden in einem 1:1 Verhältnis vergeben. Im Gegensatz zum klassischen «Crowdfunding» ist die Beziehung bei diesen professionellen Marktplätzen nur selten 1:n (also mehrere Kreditgeber).

Abbildung 3: Einige Beispiele von über cosmofunding abgewickelte Projekte
Kannibalisiert sich die Bank Vontobel mit cosmofunding nicht selber?
Im Gegensatz zu vielen (Universal-)Banken vergibt die Bank Vontobel keine Kredite und muss daher bei einem entsprechenden Kundenwunsch eigene Kundinnen und Kunden an Drittbanken weiterleiten. Daher führt bei der Bank Vontobel eine Plattform wie cosmofunding zu keinerlei Kannibalisierung – im Gegenteil: Die Bank kann nun gewissen Kundinnen und Kunden die eigene Plattform empfehlen und dabei allgemein neutral auftreten. Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung für eine Plattform wie cosmofunding wohl einfacher als für klassische Universalbanken.
Fazit
Insgesamt wurden über die verschiedenen Formen von Marketplace Lenders in der Schweiz im Jahr 2021 rund CHF 18.5 Milliarden vermittelt. Eine für diese Entwicklung wesentliche Plattform ist cosmofunding von der Bank Vontobel. Seit ihrer Lancierung im Jahr 2018 wurden schon über CHF 23 Milliarden vermittelt (Stand 31.12.2022). Und auch die Zukunftsaussichten scheinen positiv. Neben einem generellen Trend hin zu solchen Marktplattformen, hilft es cosmofunding sicherlich auch, dass die Bank Vontobel reguliert und bekannt ist. Gestartet war cosmofunding mit Finanzierungen von Gemeinden und Kantonen sowie mit halböffentlichen Organisationen. In der Zwischenzeit hat sich die Plattform weiterentwickelt und wird mehr und mehr zu einer digitalen Fixed-Income-Plattform. Zukünftig möchte cosmofunding das Segment der öffentlichen Anleihensobligationen mit neuen Produktlösungen ausbauen, das cosmofunding Ökosystem durch Anbindung weiterer Partner und Supplier erweitern und das Privatmarktangebot erweitern. Dank der Digitalisierung sind auch diese Geschäfte skalierbar. Zudem vereinfacht die Verbriefung (auch von gewissen Kreditsegmenten, welche bisher noch nicht «verbrieft» wurden) den Zugang und Handel für Investoren.
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20. Februar 2023
Welche Bank hat den grössten und den kleinsten Verwaltungsrat?
Von Prof. Dr. Christoph Lengwiler
Der Verwaltungsrat einer Bank ist ein wichtiges Element der Corporate Governance, da er für die Überwachung und Steuerung der Geschäftstätigkeit verantwortlich ist. Unter anderen Aspekten stellt sich die Frage, wie gross ein Verwaltungsratsgremium sein soll. Dieses Thema wird in der Schweizer Bankbranche bislang nur wenig diskutiert. Im nachfolgenden Artikel wird aufgezeigt, wieviele Mitglieder ein typischer Verwaltungsrat einer Schweizer Retailbank hat und welches die grössten und kleinsten Verwaltungsratsgremien sind.
Nach den Grundsätzen des Obligationenrechts ist der Verwaltungsrat als Organ zugleich für die Oberleitung und die Aufsicht der Aktiengesellschaft verantwortlich. Bei Banken bestehen in der Bankengesetzgebung und in Rundschreiben der FINMA detailliertere Vorgaben zur Zusammensetzung sowie zur Organisation und Arbeitsweise des Verwaltungsrates beziehungsweise des Bankrates. Demnach müssen gemäss Art. 3 Abs. 2 lit. c und Art. 3f Abs. 1 des Bankengesetzes nebst der Geschäftsleitung auch die mit der Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle betrauten Personen einen guten Ruf geniessen und Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten. Das FINMA-Rundschreiben 2017/1 Corporate Governance – Banken formuliert Anforderungen an Corporate Governance, Risikomanagement, interne Kontrolle und interne Revision bei Banken. Das Rundschreiben ist im Proportionalitätsprinzip umzusetzen, womit Grösse, Komplexität, Struktur und Risikoprofil der Bank berücksichtigt werden. Die Randziffern (Rz) 9 bis 15 halten die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Oberleitungsorgans, also des für die Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle zuständigen Organs, fest. In Rz 16 sind Grundsätze zur Zusammensetzung des Verwaltungsratsgremiums in seiner Gesamtheit formuliert und in den Rz 17 bis 25 zu den Anforderungen an die Unabhängigkeit der Verwaltungsratsmitglieder. In den Rz 26 bis 29 werden Grundsätze zur Mandatsführung festgehalten (Anforderungen an das einzelne Verwaltungsratsmitglied, Anforderungsprofile, Selbstevaluation, Umgang mit Interessenkonflikten). Schliesslich sind in Rz 30 Grundsätze zur Rolle des Verwaltungsratspräsidenten und in den Rz 31 bis 46 zu den Ausschüssen und insbesondere zum Prüf- und Risikoausschuss formuliert.
Grösse des Verwaltungsrates
Die Antwort auf die Frage, welches die optimale Grösse eines Verwaltungsrates ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab (historische Begebenheiten, Eigentümerstruktur, gewünschte Diversität, Effizienz und Effektivität der Arbeit, etc.). In der Literatur wird eine Grösse von sieben bis neun Mitgliedern für eine effiziente und effektive Arbeitsweise im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung der Arbeit in Ausschüssen empfohlen. In dieser Bandbreite von sieben bis neun Mitgliedern liegt denn auch die Grösse des Verwaltungsrates bei 49 der analysierten 73 Institute (67%; siehe Abbildung 1). Am häufigsten sind Verwaltungsratsgremien mit sieben Mitgliedern zu beobachten (30 Banken), während der Durchschnitt bei insgesamt 7.1 Mitgliedern liegt.

Abbildung 1: Anzahl Verwaltungsratsmitglieder pro Bank (Stichtag 30. Juni 2022)
Bei rund 30 Prozent der Retailbanken liegt die Grösse des Verwaltungsrates unterhalb und nur bei rund drei Prozent (2 Banken) oberhalb der Bandbreite von sieben bis neun Mitgliedern. Die obige Abbildung 1 verdeutlicht, dass das Spektrum von vier Mitgliedern bis hin zu 13 Mitgliedern reicht. Tabelle 1 zeigt die grössten und kleinsten Verwaltungsratsgremien auf. Während die Zürcher Kantonalbank mit 13 Mitgliedern das grösste Verwaltungsratsgremium hat, haben die Bank BSU und die Bank Zimmerberg AG nur 4 Verwaltungsmitglieder.


Tabelle 1: Grösste und kleinste Verwaltungsratsgremien (Stichtag 30. Juni 2022)
Grosse Banken mit grösseren Verwaltungsräten?
Wie in Tabelle 1 ersichtlich ist, finden sich Verwaltungsräte mit wenigen Mitgliedern nur bei kleineren Banken. Die beiden grössten Retailbanken (Zürcher Kantonalbank und Raiffeisen Schweiz) haben Verwaltungsratsgremien mit 13 beziehungsweise neun Mitgliedern. Aus diesen Feststellungen kann jedoch nicht darauf geschlossen werden, dass die Grösse des Verwaltungsrates in erster Linie von der Grösse der Bank abhängt. Dies zeigt sich auch optisch in Abbildung 2. Bei allen Bankgrössen variiert die Grösse des Verwaltungsrates und es ist lediglich ein geringer statistischer Zusammenhang feststellbar (R2 von 0.20). Offensichtlich bestimmen andere Kriterien und Überlegungen die Grösse des Verwaltungsrates als nur die Grösse der Bank gemessen an der Bilanzsumme. Dabei wird sich in Zukunft wohl vermehrt die Frage stellen, ob die besonders grossen Gremien etwas verkleinert werden sollten. Seit der erstmaligen Publikation der IFZ Retail Banking-Studie vor zehn Jahren hat sich die Verwaltungsratsgrösse tendenziell reduziert. So sank der Durchschnitt von 7.8 Mitgliedern (per 30. Juni 2012) auf 7.1 Mitglieder (per 30. Juni 2022). 2012 hatten zehn Retailbanken mehr als neun Verwaltungsratsmitglieder, 2022 sind es nur noch deren zwei.

Abbildung 2: Verwaltungsratsgrösse (Stichtag 30.06.2022) vs. Bilanzsumme (Stichtag 31.12.2021); ohne ZKB, PostFinance und Raiffeisen; (n=70)
Schlussbemerkungen
Im obigen Artikel wird aufgezeigt, wie gross die einzelnen Verwaltungsräte von Schweizer Retail Banken sind. Es ist wichtig zu beachten, dass die Grösse des Verwaltungsrats nicht das einzige Kriterium für seine Effektivität ist. Vielmehr hängt die Leistung des Verwaltungsrats von der Qualifikation und Erfahrung seiner Mitglieder sowie von der Art und Weise ab, wie es seine Aufgaben ausführt. Ein Verwaltungsrat, der aus erfahrenen und kompetenten Mitgliedern besteht und effektiv kommuniziert und zusammenarbeitet, kann auch bei einer kleineren Grösse effektiv sein.
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13. Februar 2023
Welches sind die wichtigsten Banken für die Schweizer:innen – und welche Banken fungieren nur als Nebenbanken?
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dr. Reto Rey und Prof. Dr. Simon Amrein
Im Schnitt haben Schweizerinnen und Schweizer rund zwei Bankbeziehungen. Entsprechend haben viele Schweizer:innen neben ihrer Hauptbank auch eine Nebenbank. Aber welche Banken sind für die Schweizer Bevölkerung die wichtigsten Banken? Und welche Banken werden vor allem als Nebenbanken benutzt? Anhand einer im Auftrag von PostFinance durchgeführten Umfrage haben wir eruiert, welche Kundentypen bei welchen Bankengruppen ihre Hauptbank- und auch Nebenbankbeziehung haben. Der heutige Blog gibt Antworten auf diese Fragen.
Im Rahmen der im Herbst 2022 publizierten Studie zum Thema Anlegen mit PostFinance haben wir mit Hilfe einer Onlinebefragung – unter anderem – eruiert, welche Kund:innen bei welchen Bankengruppen ihre Hauptbank- und Nebenbankbeziehung(en) pflegen.
Die Studie basiert auf einer Befragung von insgesamt 3’162 in der Schweiz wohnhaften Personen zwischen 18 und 74 Jahren. Die Befragung wurde im Zeitraum vom 14. bis 25. April 2022 online durchgeführt. Die Umfrage ist in Bezug auf Alter, Geschlecht, Bildung sowie die Sprachregion der befragten Personen für die Schweiz repräsentativ.
Abbildung 1 zeigt auf, welche Banken bei Schweizer:innen als Hauptbank und als Nebenbanken fungieren. In der Umfrage haben wir nicht vorgegeben, nach welchen Kriterien (Lohn- und Zahlungskonto; Hypothek, Wertschriften-Depot) wir die Hauptbank definieren. Vielmehr sollten die Kund:innen angeben zu welchen Banken sie eine Beziehung haben, und welche davon sie als Hauptbank bezeichnen.

Abbildung 1: Hauptbanken und Nebenbanken von Schweizer:innen (72 Personen haben die Frage zur Bankbeziehung nicht beantwortet)
Betrachtet man die gesamte Stichprobe in der Schweiz, kann man die folgenden Erkenntnisse gewinnen (siehe Abbildung 1):
- Die über die gesamte Schweiz betrachtet meisten Hauptbankbeziehungen pflegen Schweizerinnen und Schweizer mit der Kantonalbankengruppe (29%). Deren Hauptbank-Marktanteil hat sich in den vergangenen Jahren weiter erhöht.
- Die Raiffeisenbanken folgen mit einem Marktanteil von 21 Prozent in Bezug auf die Hauptbankbeziehung.
- Für rund 19 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind UBS oder Credit Suisse die Hauptbank.
- PostFinance betreut per Mitte 2022 gemäss ihrem Geschäftsbericht gut 2.5 Millionen Kund:innen. Für 17 Prozent der befragten Personen – oder sehr vereinfacht gerechnet rund 1.5 Millionen Schweizer:innen – ist PostFinance die Hauptbank. 12 Prozent der Bevölkerung – dies entspricht vereinfacht gerechnet rund 1 Million Menschen – gibt an, dass PostFinance eine Nebenbankbeziehung ist.
- Andere Bankengruppen haben einen Hauptbankbeziehungsanteil von rund 10 Prozent. Auffällig ist, dass in dieser Gruppe der Anteil an Nebenbankbeziehungen deutlich höher ist. In dieser Gruppe sind auch die Neobanken enthalten. Obwohl bereits über 900’000 Schweizer:innen eine Neobank nutzt, bezeichnen derzeit nur 1.2 Prozent der Schweizer:innen eine Smartphone-Bank als ihre Hauptbank (vgl. Retail Banking Studie 2022)
Interessant ist auch eine vertiefte Analyse der Haupt- und Nebenbankbeziehungen nach Altersgruppe (siehe Abbildung 2).
Für die Kategorisierung nach Alter wurden dabei vier Gruppen gebildet:
- Generation Z (geb. 1997-2004 / 18-25 Jahre). In dieser Generation werden gemäss gängigen Definitionen in der Regel Personen bis Jahrgang 2012 berücksichtigt. Bei der vorliegenden Untersuchung liegt der Fokus aber auf Personen ab 18 Jahren, wodurch nur die «älteren» Mitglieder dieser Gruppe abgebildet wurden.
- Generation Y (geb. 1981-1996 / 26-41 Jahre)
- Generation X (geb. 1965-1980 / 42-57 Jahre)
- Babyboomers (geb. 1948-1964 / 58-74 Jahre). In dieser Generation werden oft Jahrgänge ab 1946 berücksichtigt. Befragt wurden in dieser Untersuchung aber nur Personen bis zum Alter von 74 Jahren.

Abbildung 2: Haupt- und Nebenbankbeziehung nach Generation
Es ist auffällig, dass die Hauptbank nach Generationen ziemlich unterschiedlich ist:
- Bei den sehr jungen Personen (Generation Z) hat die Raiffeisenbank eine relativ gesehen grössere Bedeutung als bei den über 57-jährigen Personen.
- Kantonalbanken sind in allen Generationen bedeutend. Überproportional oft sind Kantonalbanken aber bei den im Durchschnitt zahlungskräftigeren über 57-jährigen Personen die Hauptbank.
- Die Grossbanken sind etwas weniger bedeutend in den Generationen X und Y. Hingegen haben sie eine relativ gesehen starke Position bei der Generation Z.
- Regionalbanken sind bei der älteren Generation überproportional stark relevant. Bei jüngeren Generationen hingegen haben sie eine geringe Bedeutung.
- Die Generation Y hat im Vergleich mit anderen Generationen die Hauptbankbeziehung vergleichsweise oft bei PostFinance.
In Bezug auf die Nebenbank-Beziehungen fällt das Folgende auf:
- Je älter die Menschen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie zumindest noch eine zweite Bankbeziehung («Nebenbankbeziehung») pflegen.
- Die Kantonalbanken und Raiffeisenbanken sind nicht nur die wichtigsten Hauptbanken in der Schweiz, sondern auch in Bezug auf die Nebenbankbeziehung sehr wichtig.
- Babyboomer halten öfter eine Nebenbankbeziehung mit Raiffeisen als eine Hauptbankbeziehung. Das gleiche gilt für PostFinance.
- Die Gruppe „Andere Banken» sind in jeder Bevölkerungsschicht öfter eine Nebenbank als eine Hauptbank.
Fazit
Die obigen Auswertungen zeigen, wie relevant die einzelnen Bankengruppen für die Schweizer Bevölkerung sind. Wenig überraschend dominieren die drei Bankengruppen «Kantonalbanken», «Raiffeisenbanken» und «Grossbanken» den Markt in Bezug auf die Hauptbank.
Analysiert man die entsprechenden Haupt- und Nebenbank-Beziehungen nach Generationen stellt man fest, dass es durchaus Unterschiede nach Alterssegment gibt. Vor allem Banken mit einem vergleichsweise tiefen Anteil an jungen Kund:innen sollten sich strategisch gut überlegen, wie sie den (Hauptbankbeziehungs-)Anteil dieser Generation erhöhen können.
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