13. Dezember 2021
Rückblick auf die IFZ Retail Banking Konferenz 2021
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Prof. Dr. Simon Amrein und Anja Stutz
Bereits zum zehnten Mal haben wir am 25. November die IFZ Retail Banking Konferenz durchgeführt. Neben den Resultaten aus der «Jubiläum-Studie» standen zahlreiche spannende Präsentationen von internationalen und Schweizer Banken sowie von FinTechs zu den Themen «Ökosystem/Embedded Finance», «Data Driven Banking» und «Sustainability im Retail Banking» im Mittelpunkt. Die wichtigsten Aussagen fassen wir nachfolgend zusammen.
Vorstellung IFZ Retail Banking-Studie 2021Prof. Dr. Andreas Dietrich, IFZ, Hochschule Luzern – Wirtschaft
- Andreas Dietrich blickte zurück auf zehn Jahre Retail Banking Konferenz und die Retail Banking Studie. Auf 2’016 Seiten hat das IFZ in den vergangenen Jahren die zentralen Entwicklungen im Retail Banking beleuchtet. Die zentralen Aussagen der diesjährigen Studie finden Sie hier.
- Hier einige Einblicke in die Konferenz:

Data Driven Banking bei der ING
Samir Boualla, Chief Data Officer, ING Bank France
- Bei ING stehen Daten im Zentrum für viele Entscheidungsfindungen. Aus Kundensicht sollen dank sinnvollen und relevanten Datenanalysen verbesserte Kundenerlebnisse ermöglicht werden. Die Mitarbeitenden sollen dank gut aufbereiteten Daten auch für ihre täglichen Entscheidungen eine gute Unterstützung erhalten.
- Viele Unternehmen versuchen sich in der Nutzung ihrer Datenbestände. Daten entfalten jedoch erst dann ihren wirklichen Wert, wenn Menschen sie in der täglichen Arbeit nutzen und dank einfach verständlichen Visualisierungen relevante Zusammenhänge analysieren können. Daher investiert ING investiert viel in das Thema «Data Fluency».
- Menschen sind daher schlussendlich das zentrale Element einer datengetriebenen Bankorganisation. Der Aufbau einer entsprechenden Kultur dauert aber lange (ING hat vor zehn Jahren damit begonnen…).
Embedded Finance und Ökosysteme
Marianne Wildi, CEO, Hypothekarbank Lenzburg
- Die Hypi Lenzburg hat als kleine Bank mit eigenem Kernbankensystem in den letzten Jahren viele Entwicklungen und Kooperationen angestossen. Dabei hat sie interessante Unterschiede feststellen können zwischen Angeboten von Partner-FinTechs und der etablierten Hypi Lenzburg. Ein Beispiel hierfür ist das digitale Onboarding, welches von bankeigenen Kunden nur sehr selten genutzt wird. Im Gegensatz dazu macht der Partner Neon zu Spitzenzeiten bis zu 2’000 digitale Neueröffnungen pro Tag. Dadurch scheint auch klar, dass die Bankkundinnen und Bankkunden ihr Verhalten abhängig vom Bankpartner anpassen.
- Die Hypi Lenzburg ist in verschiedenen Bereichen langsamer und weniger digital als Neobanken oder andere Kooperationspartner der Bank (z.B. im digitalen Asset Management (findependent), dem digitalen Spesenmanagement (Yokoy) oder dem digitalen Private Banking (everon)). Dafür bietet die Bank den persönlichen Kontakt an. Beides hat derzeit seine Berechtigung.
- Seinen eigenen Personal Finance Manager (PFM) wird die Hypi Lenzburg mit Bitsaboutme ersetzen. Damit können Kundinnen und Kunden stärker bestimmen und transparent nachverfolgen, was mit ihren Daten passiert.
Ökosysteme bei der Migros Bank
Manuel Kunzelmann, CEO, Migros Bank
- Die Migros Bank befindet sich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Migros in einer spannenden Ausgangslage, was die Integration von Finanzdienstleistungen im generellen Retail-Geschäft betrifft.
- Durch den breit aufgestellten Migros Konzern kann die Migros Bank unterschiedliche Ökosystem-Rollen von Finanzdienstleistungen wahrnehmen. Abhängig vom Bereich (Wohnen, Zahlen und Mobilität) kann die Bank eine Orchestrator-Rolle einnehmen oder nur als Teilnehmer im Ökosystem fungieren.
- Die Migros versucht einen grossen Teil der Zahlungen innerhalb des Konzerns zu behalten (z.B. durch die verstärkte Bezahlung über die weiterentwickelte M-Pay Lösung). Des Weiteren wird die Herausgabe der Cumulus-Kreditkarte ab Juli 2022 wieder konzernintern durch die Migros Bank vorgenommen (und nicht mehr durch die Cembra Money Bank).
Sustainability-as-a-Service – Retail Banking wird nachhaltig
Ulrich Pietsch, Co-Founder und CEO, ecolytiq
- Ecolytiq bietet für Banken in Form eines B2B-Modells Dienstleistungen für «green finance» an.
- Das deutsche Startup analysiert dabei die verschiedenen Zahlungs-Transaktionen und kann so den ökologischen Fussabdruck messen. In einem weiteren Schritt kann der CO2-Austoss durch verschiedene Spenden kompensiert werden.
- Banken können die Lösung in ihren E- und Mobile Bankings implementieren und den eigenen Kundinnen und Kunden so ein CO2-neutrales Bankkonto anbieten. Ecolytiq führt aktuell auch Gespräche mit Schweizer Banken. Bis anhin nutzt aber noch keine Schweizer Bank die Lösung.
Impact Banking App: positivity and sustainability in daily personal finances
Noah Bernet, Co-Founder, Novus
- Novus ist eine «Impact Bank» aus London (mit einem Schweizer Mitgründer), welche im Januar starten wird (derzeit ist die App für Beta-User in Betrieb). Die Bank hat in Grossbritannien bereits 25’000 Personen auf der Warteliste und will im ersten Jahr 70’000 Kundinnen und Kunden gewinnen. Die Neobank plant derzeit keinen Markteintritt in der Schweiz.
- In der App gibt es unter anderem einen nachhaltigen Marktplatz mit «Rewards». Zudem kann der CO2-Fussabdruck mit der App gemessen werden und jede Zahlungstransaktion löst eine Spende aus.
- Bernet hinterfragt stark, was in der Finanzbranche als nachhaltig verkauft wird und sieht viel «Greenwashing». Novus strebt deshalb die «B Corporation Certification» an, eine der strengsten ESG-Zertifizierungen. Dadurch soll die Kopierbarkeit des Modells von Novus auch erschwert werden
Bank Beraterarbeitsplatz – heute und morgen
Felix Buschor, Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ
- Die IT-Unterstützung der Kundenberater/innen ist ein wesentlicher Teil der Digitalisierung im Banking.
- Das IFZ hat untersucht, wie weit entwickelt die Retailbanken in diesem Bereich sind. Weitere Informationen finden Sie hier.
HypoDossier – Intelligente Hypo-Dokumentenverarbeitung
Silvan Kaufmann, Gründer, HypoDossier
- Gemäss Silvan Kaufmann verwenden die Banken heute noch immer enorm viel Zeit (etwa 45 Minuten), um ein Hypothekardossier mit all seinen Dokumententypen zusammenzustellen. Dabei gilt es, Informationen aus einer Vielzahl von verschiedenen Dokumenten zusammenzustellen (z.B. aus der Steuererklärung, Pensionskassenausweisen, etc.).
- Mit der Software von HypoDossier kann ein Grossteil dieser Informationen automatisiert eingelesen werden. Die Informationserfassung wird zwar nicht zu 100% digitalisiert werden können, da viele Dokumente in der Schweiz zu wenig standardisiert sind. Trotzdem geht Kaufmann davon aus, dass im Bereich der Aufbereitung der Dokumente 20 Minuten und im Bereich des Auslesens der Daten rund 15 Minuten Zeitersparnis dank HypoDossier erreicht werden kann.
Studienbestellung
Die 220-seitige «IFZ Retail Banking-Studie 2021» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar.
Wir danken unseren Sponsoren Crealogix, finnova, Schulthess Zimmermann & Jauch und ti&m sowie unserem Partner, der Schweizerischen Bankiervereinigung für die Unterstützung!
Sponsoren:
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9. Dezember 2021
Beratung und Abschluss über Chat gewinnen an Akzeptanz
Von Sophie Hundertmark und Prof. Dr. Nils Hafner
Schon knapp die Hälfte der befragten Kunden in der DACH Region kann sich eine Interaktion mit ihrer Bank via Chat vorstellen. Das zeigt eine neue Studie des IFZ zum Thema „Conversational Banking“. Dabei fasziniert, wie die Akzeptanz von Conversional Instrumenten in den letzten Jahren zugenommen hat und in vielen Zielgruppen schon vor allem via WhatsApp und Facebook Messenger selbstverständlich geworden ist. Interessant ist bei solchen öffentlichen Medien, dass Kunden vor allem die passive Kommunikation bevorzugen, also von der Bank kontaktiert zu werden.
Bankeigene Kanäle überzeugen gegenüber privaten Messenger Kanälen
Geht es um die aktive Kommunikation mit der Bank, möchten Kunden vor allem über die bankeigenen Kanäle „Chat auf der Banken-Website“, „Chat im Mobile Banking“ und „Chat im E-Banking“ mit der Bank in Kontakt treten. Der Touchpoint „Chat im E-Banking“ ist hier in fast allen Zielgruppen der wichtigste, abgesehen von der Altergruppe zwischen 30 und 39 Jahren, in der klar das Mobile Banking dominiert.

Auch ist die passive Kommunikation über die bankeigenen Kanäle wesentlich akzeptierter als über die bekannten öffentlichen zumeist „sozialen“ Medien. Das gilt vor allem für berufstätige Männer. Eine niedrigere Akzeptanz weisen neben den eher „privaten“ Kanälen wie WhatsApp, Facebook Messenger, Signal oder Telegram auch die eher „Businessrelevanten“ Chatsysteme von Microsoft Teams oder LinkedIn auf.
Angst vor Sicherheitslücken ist immer noch da
Es erweist sich also gesamthaft als die beste aller Alternativen, Chat in bankeigenen Systemen zu implementieren. Da nach wie vor die Angst vor Sicherheitslücken die Nutzung von Chat stark beeinflusst, ist es wichtig, hier proaktiv den Chatkanal als „sichere Alternative“ zu positionieren und zu promoten.
Dokumentenbestellungen, Adressänderungen und Kontostandsabfragen gehören zu den häufigsten Chat-Usecases
Sehr interessant ist die Nutzung des Chats für Bestellung fehlender Dokumente bspw. im Kontext einer Steuererklärung. Auch die Abfrage des Kontostandes, Meldungen zu Änderungen von Adressen, Vollmachten oder Limiten oder Allgemeine Anfragen zum E- oder Mobile Banking können sich die Befragten schon per Chat vorstellen. Hingegen wird eine Kündigung eines Produktes oder Kundenbeziehung per Chat nicht als angemessen empfunden.

Einfache Anwendungen können in Zukunft mit einem Chatbot erledigt werden
Ähnlich – aber mit wichtigen Unterschieden – zeigt sich die Akzeptanz von Chatbots im Banking. Dabei ist hier der Chatpartner ein Roboter, ein Bot. Je jünger Kunden sind, desto eher haben sie schon Erfahrungen mit Chatbots gemacht und vertrauen diesen im Hinblick auf die einfachste Anwendung: die korrekte und schnelle Abfrage des Kontostandes. Aber auch die Erledigung von Geldüberweisungen sowie die Bestellung fehlender Dokumente oder Karten sind ein valabler Usecase für einen Chatbot. Allgemeine Anfragen zum E- oder Mobile Banking können sich die Befragten auch noch vorstellen. Spannend ist hier, dass 41% der Kunden im Wissen, dass ihr Gesprächspartner eine Maschine ist, sich vorstellen können, die Bankbeziehung zu kündigen.

Chats eigenen sich zur Beratung zu Basisprodukten
Besonders spannend für Banken ist die hohe Zustimmung zu einer Bankberatung für die Basisprodukte wie Kontolösungen oder Kreditkarten. Etwa 60% aller Befragten, die sich generell Dialoge mit der Bank per Chat vorstellen können , können sich auch eine solche Beratung vorstellen.

Diese Akzeptanz sinkt aber, betrachtet man Beratung via Chat für Anlageprodukte auf 42% und für Kreditprodukte sogar auf 35 %. Je jünger die Zielgruppe und je einfacher die Produkte, für die eine Beratung benötigt wird, desto mehr steigt die Akzeptanz. Etwas geringer als die Akzeptanz einer Beratung ist (naturgegeben) die Akzeptanz eines Abschlusses über den Chat. Die Wahrscheinlichkeit eines Abschlusses für Basisprodukte sinkt hier auf 55%, für Anlageprodukte auf 42% und für Hypothekarprodukte gar auf 31% über den Chat abzuschliessen, ist quasi nicht gegeben.
Voicebots werden beim Autofahren genutzt
In Bezug auf die Nutzung von Voicechats ist anzumerken, dass sich diese Technologie am Anfang einer Entwicklung befindet. Gewöhnungseffekte spielen hier in der Nutzung eine hohe Rolle. Klar ist, dass der Usecase „beim Autofahren“ für die Nutzung solcher Technologien matchentscheidend wird. Für das Banking bedeutet das, Zugang zum Konto und vor allem zur Möglichkeit Geld zu transferieren auch über diesen Kanal zugänglich zu machen. Die deutsche Sparkassen sind hier beispielsweise schon einen Schritt weiter. Das erklärt auch die wesentlich höhere Akzeptanz der Sprachtechnologie bspw. über Amazon Alexa, Siri oder Google Assistant in Deutschland gegenüber bspw. der Schweiz.

Betrachtet man dieses Fazit können folgende Empfehlungen für Retailbanken abgeleitet werden:
- Wer seinen Kunden jetzt noch nicht den ChatKanal zur Kommunikation mit der Bank anbietet, solltet dies zeitnah tun. Aktuell wünschen sich zwar noch nicht alle Kunden den ChatKanal zur Kommunikation mit ihrer Bank, doch das macht es für Banken umso einfacher, den neuen Kanal schrittweise einzuführen und dabei selbst zunächst die eigenen Mitarbeitenden an die neuen Medien zu gewöhnen und Prozesse entsprechend anzupassen, um dem neuen Medium und seinen Eigenheiten gerecht zu werden.
- Banken sollten Chatmöglichkeiten zunächst nur über die bankeigenen Kanäle wie E-Banking, Mobile Banking oder der Bankwebsite anbieten, anstatt auch über bankenfremde Kanäle, wie WhatsApp und Co. Vorteilhaft ist dabei, dass datenschutzrechtliche Themen einfacher geklärt werden können und keine Kundendaten das Ökosystem der Bank verlassen.
- Eine schrittweise Einführung einzelner Aufgaben, welche Kunden per Chat erledigen können, scheint vernünftig und empfehlenswert. Bestehende Kunden präferieren dabei vor allem einfache und sich wiederholende Anfragen und Prozesse per Chat. Dazu gehört das Bestellen von Dokumenten und Karten, das Abfragen des Kontostandes, das Melden von Änderungen oder das Erstellen von Überweisungsaufträgen.
- Banken sollten daher auch darüber nachdenken einfache Anfragen im Chat mittels einem automatisiertem Chatbot zu bearbeiten. Kunden schätzen die rundumdie Uhr Erreichbarkeit der Chats und die digitalen Assistenten machen das möglich. Da die von den Kunden präferierten Chat-Anwendungen ohnehin sehr häufig sich wiederholende Anfragen sind, können diese problemlos auch per Chat abgewickelt werden.
- Wichtig scheint schlussendlich die Beratung und den direkten Abschluss für einfache Produkte wie Konto- und Kartenlösungen über ein Conversational Banking möglich zu machen.
- Was den VoiceKanal betrifft, so haben die Banken wohl noch etwas Zeit in der Einführung. Für die meisten Anfragen wird aktuell noch der Text-Chat bevorzugt. Klar ist, dass der Usecase „beim Autofahren“ für die Nutzung solcher Technologien matchentscheidend wird.
Zum Schluss
Chats und vor allem Chatbots lassen sich nicht nur zur Kundenberatung oder zur Erledigung von allgemeinen Kundenanfragen einsetzen, sondern können auch zur Wissensvermittlung eingesetzt werden. Das Stichwort heisst hier Conversational Microlearning. So fangen erste Unternehmen bereits an, Ihre Mitarbeitenden mit Hilfe von kleinen Chat-Trainings zu schulen.
Weiter existieren bereits unzählige Forschungen, wie diese Chatbots zum Microlearning designt sein müssen und warum de Wissensvermittlung mit Chatbots sehr erfolgreich zu sein scheint.
Wer noch nie etwas von Conversational Microlearning gehört hat und es mal testen möchte, oder wer es nicht geschafft hat, die gesamte Studie zu lesen und sich dabei alle Inhalte zu merken, für den ist dieser Chatbot (bitte den QR-Code scannen) sicherlich ein super Einstieg in das Thema Conversational Microlearning und Conversational Banking.
Viel Spass beim Chatten.
P.S.:
Die gesamte Studie kann hier heruntergeladen werden.
P.P.S.:
Wenn Sie noch mehr über das Thema Conversational Financial Services lernen wollen, dann ist das IFZ Seminar mit Sophie Hundertmark und Prof. Dr. Nils Hafner, sowie vielen weiteren Gastreferenten am 24. Mai 2022 (online) sicher das Richtige für Sie.
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Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
1. Dezember 2021
TKB lanciert digitale Brokerplattform im Hypothekargeschäft
Von Dr. Urs Blattmann
Als erste Bank bietet die Thurgauer Kantonalbank (TKB) seit letzter Woche Vermittlern von Hypothekargeschäften mit einer online-Plattform die Möglichkeit, die Prozesse mit den Kapitalgebern vollständig zu digitalisieren. Die Plattform bietet dabei sowohl den Brokern als auch den Kapitalgebern vielfältige Vorteile.
Viele kleinere Broker wickeln das Vermitteln von Hypotheken immer noch mit Hilfe von Excel und Word ab. Entsprechend unstrukturiert findet der Datenaustausch zwischen ihnen und den Banken oder anderen Kapitalgebern statt. Zudem ist die Beziehung zwischen Banken und Brokern generell nicht ganz unproblematisch, da sie sich bezüglich Beratungsleistung auch in einer Konkurrenzsituation befinden.
Mit ihrer neuen Plattform brokermarket.ch will die TKB aber nicht nur ihre Beziehung zu den Brokern auf eine neue Basis stellen, sondern diese auch digital und effizient gestalten. Zwar ist sie nicht der erste Anbieter, der so im Markt auftritt: Valuu, CredEx und andere versprechen dies auch. Bemerkenswert an der neuen Lösung sind vor allem drei Dinge: Zum einen ist es zum ersten Mal eine Bank, die Vermittlern eine solche Plattform – nota bene kostenlos – anbietet. Zum zweiten ist die Plattform auch für andere Kapitalgeber offen und generiert für diese nur dann Kosten, wenn Geschäfte darüber abgewickelt werden. Und schliesslich drittens, und das dürfte das Entscheidende sein, ist die Plattform in hohem Mass auf die Bedürfnisse von Brokern und Kapitalgebern zugeschnitten. Das Konzept trägt die Handschrift von Marcel Stauch, der vor rund 10 Jahren mit der Realisierung des Hypomats bei der Glarner Kantonalbank schon bewiesen hat, dass er ein gutes Gespür für die Bedürfnisse der Kunden besitzt und erfolgreich IT-Lösungen entwickeln kann.
Die Thurgauer Kantonalbank hat die Lösung selbst entwickelt und wird diese als Plattformanbieter im Rechenzentrum der Swisscom auch betreiben. Selbstverständlich wird die TKB auch als Kapitalgeberin über die Plattform ihre Hypothekar-Produkte vertreiben, wobei die Rollen des Vertriebs und des Plattformbetriebst strikt getrennt sind.
Damit der Betrieb bei der TKB möglichst schlank bleibt, bekommen sowohl die Broker als auch die Kapitalgeber für ihren Bereich die Administratorenrechte. So sind sie selbst in der Lage neue Mitarbeiter im System zu eröffnen und zu verwalten. Die Kapitalgeber können zudem im System ihre eigenen Regeln hinterlegen und beispielsweise definieren in welchen Regionen, welchen Preiskategorien oder an welche Kunden sie Hypotheken anbieten möchten. So erscheinen denn beispielsweise bei den angeschlossenen Brokern keine Angebote für Liegenschaften im Kanton Genf, wenn kein Kapitalgeber diese Region freigegeben hat. Nebst dieser Flexibilität bietet die Lösung aber noch eine ganze Reihe weiterer Differenzierungsmerkmale und Vorteile.
Differenzierungsmerkmale und Funktionsweise
Worin liegen die wichtigsten Unterschiede zu den Lösungen, die schon eine geraume Zeit am Markt sind? Mit der Hinterlegung der individuellen Regeln jedes Kapitalgebers stellt die Lösung sicher, dass die entsprechenden Anfragen so geprüft werden, wie das der jeweilige Kapitalgeber wünscht. Während andere Anbieter hier auf eine einheitliche, von ihnen vorgegebene Prüfung setzen, bietet die Brokerplattform Individualität. Diese wird auch beim Abschluss und der Abwicklung des Geschäfts geboten: Anders als beispielsweise bei UBS Key4, wo der Kunde in jedem Fall einen UBS-Vertrag und damit auch eine Abwicklung durch die UBS bekommt, wird den Kapitalgebern hier die Möglichkeit geboten ihre eigenen Hypothekarverträge einzusetzen und die Abwicklung selbst zu regeln, sei es intern oder via Sourcing durch einen Dritten. Interessant ist auch, dass mit der neuen Plattform erstmals auch online Hypotheken für Landwirtschaftsobjekte abgewickelt werden können.
Die Funktionsweise der neuen Plattform wird aus Abbildung 1 ersichtlich. Der Zielgruppe der Broker wird in der Cloud eine Lösung zur Verfügung gestellt, die mittels Logins ein individuelles Cockpit bereitstellt und es dem Broker ermöglicht, die Kreditanträge ihrer Kunden zu erfassen. Da die Kapitalgeber in dieser Plattform ihr Regelwerk zur Beurteilung von Kreditanträgen hinterlegt haben, werden dem Vermittler gleich die Finanzierungsmöglichkeiten der verschiedenen Kapitalgeber angezeigt, so dass er die für seinen Kunden optimale Wahl treffen kann. Das System leitet dann den Antrag, zusammen mit den vom Vermittler hochgeladenen Unterlagen an die Bank weiter, welche noch die nötigen Kontrollen durchführen muss und anschliessend den Hypothekarvertrag an den Endkunden versenden kann.
Vorteile für Broker
Der Mitarbeiter eines Brokers landet nach seinem Login auf einer übersichtlichen Startseite (Vgl. dazu Abbildung 2). Zum einen wird ihm dort die aktuelle Liste der Aufträge angezeigt, zum andern kann er über die oberhalb der Liste angezeigten Kacheln seine nächsten Aktivitäten anwählen.
Die Anzahl der Kacheln soll zu einem späteren Zeitpunkt noch ergänzt werden. Schon jetzt bietet das Cockpit dem Vermittler aber eine Vielzahl von Informationen, z.B. über den Status der aktuellen Aufträge. Auch die geführte Datenerfassung dürfte für viele Broker einen Effizienzgewinn beinhalten. Zudem wird sich dem Broker die Möglichkeit bieten, im Tool selbst zu bestimmen, welchen Kapitalgebern er die Finanzierungsanfrage weiterleitet (beim Start ist die TKB der einzige Kapitalgeber). Er kann so auf die Bedürfnisse seiner Kunden eingehen, wenn diese beispielsweise mit einer Bank schlechte Erfahrungen gemacht haben und nicht möchten, dass ihre Daten diesem Institut weitergegeben werden.
Auch bei der Auswahl der für den Kunden besten Lösung bleibt der Vermittler frei: Dadurch, dass das System ihm alle und nicht nur die günstigste Variante zeigt, kann er dem Kunden auch empfehlen, den Anbieter mit der zweit- oder drittgünstigsten Lösung zu wählen, weil dieser beispielsweise auch für andere Bedürfnisse des Kunden gute Lösungen anbietet. Damit stärkt das Tool die Position des Vermittlers, der auf diese Weise den Kunden einen Mehrwert bieten kann.
Die Vereinfachungen für den Vermittler zeigen sich aber nicht nur bei der Auswahl. Das gleichzeitige Versenden der Kundenanfragen an mehrere Anbieter (wenn kein automatischer Kreditentscheid durch das System gefällt werden konnte), ist ein weiteres effizientes Hilfsmittel.
In Abbildung 3 ist aufgezeigt, wie sich die Auswahl der möglichen Finanzierungen für den Broker präsentiert.
Dazu kommt auch die automatische Anzeige, welchen Anbietern welche Dokumente beizulegen sind (gesteuert von den individuellen Regelwerken der Kapitalgeber), sowie das elektronische Übermitteln dieser Dokumente an die jeweiligen Kapitalgeber vereinfachen die Prozesse beim Broker signifikant. Zudem schätzen die Vermittler insbesondere auch den Umstand, dass sie auch nach dem Abschluss des Geschäftes mit dem Kapitalgeber über den Status informiert bleiben und so z.B. wissen, wann die Vertragsdokumente an den Kunden versandt wurden.
Es ist zweifellos so, dass das Tool für Vermittler vieles bietet und dabei erst noch kostenlos ist. Richtig interessant wird es aber erst, wenn viele Kapitalgeber auf dieser Plattform zur Verfügung stehen. Da die Broker aber ein Interesse haben, die Vorteile des Tools zu nutzen, zeichnet sich schon jetzt ab, dass sie die TKB darin unterstützen werden, neue Kapitalgeber zu finden.
Vorteile für Hypothekaranbieter
Die Brokerplattform bietet aber nicht nur den Vermittlern viele Vorteile, auch für die Kapitalgeber ist das Angebot sehr interessant. Ein grosser Vorteil besteht darin, dass die Bank oder Versicherung nicht mit jedem Vermittler einen separaten Vertrag abschliessen muss. Auch das Feilschen um die Provisionsgebühr entfällt. Die Plattform bietet eine einheitliche Provision pro abgeschlossenem Geschäft in Abhängigkeit der Laufzeit an und verhindert so, dass die Vermittler sich dem Vorwurf aussetzen, dass sie diejenigen Geschäfte bevorzugen, welche die höchsten Provisionen einbringen. Die Kapitalgeber können so von einem Brokernetzwerk profitieren, in das sie selbst nicht investieren müssen.
Die Möglichkeit, das eigene Regelwerk zu hinterlegen und so zu definieren, was als Standardgeschäft in einem vereinfachten Prüfverfahren abgewickelt werden kann, ist ein weiterer wichtiger Vorteil und für viele Institute ein Effizienzgewinn. Die TKB geht davon aus, dass die von Brokern eingereichten Geschäfte in 30 Min. abschliessend überprüft und anschliessend direkt die Verträge physisch an den Endkunden versandt werden können. Auf eine elektronische Unterzeichnung durch den Kunden wird derzeit verzichtet. Als weiteren Vorteil bietet das Tool die Möglichkeit, dass ein Kapitalgeber einen oder mehrere Broker, die bei ihm unerwünscht sind, ablehnen kann. D.h. diesen Brokern werden keine Angebote der Bank unterbreitet.
Eigene Einschätzung und Fazit
Mit ihrer Brokerplattform betritt die TKB einen Markt, von dem sich schon andere ein grosses Stück sichern wollten. Der Ansatz ist gemäss meiner Einschätzung allerdings geschickt gewählt, so dass ich durchaus ein Potenzial sehe, mit diesem Instrument schneller als andere voranzukommen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass Pensionskassen, die über keine Vertriebsinfrastruktur verfügen, die Chance nutzen und Hypotheken auf diese Weise abschliessen werden. Aber auch für Banken und Versicherungen, welche sich im Grundsatz dafür entschieden haben, mit Brokern zusammenzuarbeiten, sehe ich interessante Möglichkeiten. Zum einen sind sie so innert Monatsfrist in der Lage, ihre Hypotheken über Dritte vertreiben zu lassen und können so das Problem ‘time to market’ einfach und schnell lösen. Zum andern dürfte auch das Pricing interessant sein, das erstens nur bei effektiven Abschlüssen zum Tragen kommt und zweitens unabhängig von der Laufzeit ist. Der Effizienzgewinn beim Datenaustausch mit den Brokern sowie die Nutzung des gesamten Brokernetzwerkes sind weitere gute Argumente, die offerierte Lösung näher zu prüfen.
Bei den Brokern rechnet sich die Sache insbesondere dort, wo noch nicht in ein eigenes Tool investiert wurde. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die TKB in einer ersten Phase vor allem die kleineren und mittleren Broker als potenzielle Partner anvisiert. Da die Bank das Tool kostenlos anbietet, dürfte sich der Erfolg bald einstellen. Ein exponentielles Wachstum wird allerdings, wie bereits erwähnt, nur dann eintreten, wenn viele Kapitalgeber die Plattform nutzen.
Mit der neuen Brokerplattform hat die TKB die Voraussetzung geschaffen, das Geschäft zwischen Brokern und Kapitalgebern effizient und gemäss den aktuellen, individuellen Bedürfnissen der beiden Parteien abzuwickeln. Entscheidend wird sein, wie rasch es der TKB gelingt, neue Hypothekaranbieter zum Mitmachen zu gewinnen respektive, ob diese die Chance erkennen. Es bleibt zu hoffen, dass diesmal – anders als in der Vergangenheit – auch die Banken die Gelegenheit nutzen.
Kommentare
1 Kommentare
Davide Iuorno
1. Dezember 2021
Es wird spannend zu beobachten, ob und wie schnell sich die Plattform der TKB etablieren wird. Bestimmt der richtige Schritt, um sich nach aussen zu öffnen und das Marktgebiet zu erweitern. Dennoch für Broker und Makler nicht so interessant wie die führende Service-Plattform von www.hypoteq.ch
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
26. November 2021
Bisherige Entwicklungen bei CSX der Credit Suisse – Neue Angebote und Kundenstruktur
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Im dem für lange Zeit vernachlässigten Markt für «Alltagsbanking» (Zahlen und Sparen) ist in der Schweiz durch verschiedene Neobanken aus dem In- und Ausland viel Dynamik entstanden. Als eine der etablierten Banken hat die Credit Suisse vor etwas mehr als einem Jahr den Subbrand CSX für digital-affine Retailkunden lanciert. Im heutigen Blog zeige ich die bisherigen Entwicklungen auf der CSX-Produktseite auf und zeige verschiedene Zahlen zu den Nutzerinnen und Nutzern, welche die Credit Suisse zur Verfügung gestellt hat.
Der Entscheid zur Lancierung von CSX war eine direkte Konsequenz aus der Grundstrategie der «Swiss Universal Bank» von Credit Suisse. Diese sieht vor, einerseits im Bereich «High-Touch» aktiver zu werden, das heisst im Geschäft mit (U)HNW Kunden, institutionellen Kunden und grossen Firmenkunden. Anderseits verfolgt die Credit Suisse aber auch eine «High-Tech»-Strategie. Diese umfasst zum Beispiel die Weiterentwicklung des Direct Banking sowie die Beschleunigung der Front-to-Back-Digitalisierung.
Das Basis-Angebot von CSX ist einfach und transparent gestaltet und umfasst ein Konto mit Karte sowie das Mobile- und E-Banking. Zudem wurden verschiedene digitalisierte Banking-Produkte in die CSX Welt integriert. In meinem Blog vom September 2020 hatte ich ausführlich über das damals lancierte Angebot berichtet.
In den vergangenen zwölf Monaten hat CSX einige interessante Weiterentwicklungen erfahren. In einem ersten Schritt möchte ich auf die wichtigsten Neuerungen eingehen.
Was wurde in den vergangenen 12 Monaten zusätzlich lanciert?
Das Angebot von CSX wurde in den vergangenen zwölf Monaten in ziemlich hohem Tempo weiterentwickelt. Erwähnenswert finde ich die folgenden Neuerungen:
- Die Credit Suisse hat im Mai dieses Jahres in Zusammenarbeit mit Axa verschiedene Versicherungs-Dienstleistungen lanciert. Ein Kunde oder eine Kundin kann über CSX drei verschiedene Versicherungs-Leistungen mit Axa Sie können bei der Verlängerung ihrer Hypothek die finanziellen Risiken infolge von Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit absichern (Zahlungsschutz-Versicherung), sich vor den Kosten bei Rechtsstreitigkeiten «schützen» (Rechtsschutz-Versicherung) oder eine Todesfall-Versicherung digital abschliessen. Das Thema ist spannend vor dem Hintergrund, dass Bancassurance-Angebote vor allem durch die Digitalisierung wieder an Bedeutung im Schweizer Markt gewinnen. Gemäss einer von uns gemeinsam mit ti&m durchgeführten Studie konnten wir aufzeigen, dass sich 28 Prozent der befragten Personen grundsätzlich vorstellen können, Versicherungs-Dienstleistungen über ihre Bank zu beziehen.
- Seit August dieses Jahres kann auf der CSX-App die Hypothek online verlängert werden. Ein entsprechendes digitales Angebot gehört eigentlich bald zu einem «Standard-Produkt» einer modernen Bank – eine entsprechende Lösung auf dem Smartphone bieten hingegen nicht viele andere Banken an ( Artikel zum Angebot der St. Galler Kantonalbank). Ich gehe davon aus, dass die Volumina bei der Credit Suisse derzeit noch eher tief sind. Einerseits ist der Markt generell noch eher klein. Auf der anderen Seite ist das Durchschnittsalter der CSX-Kunden eher tief (siehe unten) und es braucht einige Monate, bis sich solches Angebot «durchsetzen» kann.
- Interessant finde ich, dass die CSX-Kundinnen und -Kunden in der App auch einen Privatkredit beantragen können. Der Kreditantrag erfolgt online (Kreditbeträge zwischen CHF 1’000 und CHF 250’000) – ein Kreditentscheid inklusive der bonitätsabhängigen Zinsen (6.9%-9.9%) sollte innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Produkte-«Lieferant» ist dabei die Credit Suisse Tochtergesellschaft Bank-now, welche über eine standardisierte API bei CSX eingebunden werden konnte. Eigentlich ist es nachvollziehbar, dass das typische Retailprodukt «Konsumkredit» in einer App wie CSX zu finden ist. Trotzdem findet man solche Angebote bei Banken in der Schweiz – im Gegensatz zum Ausland – noch weniger, weil Privatkredite in der Schweiz ein eher negatives Image haben.
- Seit kurzem können Kundinnen und Kunden auch das sogenannte CSX Platinum Offering nutzen. Dadurch erhält man eine CSX Mastercard Platinum (oder CSX Visa Platinum), die Premium Black Debit Mastercard sowie die American Express Platinum Card. Die Gebühren sind davon abhängig, welche Leistungen aus dem «Katalog» benötigt werden. Die Leistungen scheinen mir aber vor allem für Geschäftsleute und Vielflieger möglicherweise attraktiv (Priority pass für Flughafen-Lounges, Reise- und Shopping-Versicherung,…). Es ist zu erwarten, dass die Credit Suisse – ähnlich wie bei Bonviva – weitere Angebote lancieren wird, welche irgendwo in der Mitte zwischen CSX Premium Black/Basic White und CSX Platinum zu liegen kommen und unterschiedliche Angebote beinhalten.
- Im Bereich von «CSX Pension» wurde das Säule 3a-Angebot weiterentwickelt. Auch das Preismodell wurde teilweise angepasst. Die indexierten Säule 3a-Produkte haben seit dem 1. Juli 2021 ein TER von 80 Basispunkten, unabhängig vom Aktienanteil. Damit soll eine gewisse Annäherung an frankly, VIAC oder andere digitale Produkte erreicht werden. Auch die Auffindbarkeit innerhalb der App hat sich verbessert. Aktiv gemanagte Anlagegruppen haben hingegen noch immer Gesamtkosten in der Höhe zwischen 1.16% und 1.48%.
- Im Bereich CSX Invest wurde das Pricing selektiv angepasst (u.a. neuer Fonds mit günstigeren Gebühren). In Bezug auf UX und Preisgestaltung ist der Investment-Teil gerade im Trading-Bereich aber aus meiner Sicht noch nicht vergleichbar mit Angeboten wie Revolut oder Yuh.
Kundenanzahl und Struktur nach einem Jahr
Nach einem Jahr kann CSX gemäss den mir zur Verfügung gestellten Zahlen bereits über 100’000 Kunden aufweisen – mehr als die anderen Schweizer Neobanken (auch wenn sich die Credit Suisse ungern mit Neobanken vergleicht). Unklar ist bei dieser Zahl aber, wie viele bestehende Kunden «migriert» wurden oder sonst das CS-Angebot gewechselt haben. Insofern ist bei einem entsprechenden Vergleich mit anderen Marktteilnehmern Vorsicht geboten.
Für das Gratis-Angebot „White“ haben sich 40 Prozent der Kundschaft entschieden, das kostenpflichtige „Black“ benutzen 30 Prozent der Kundinnen und Kunden und das Gratisangebot von CSX Young hat einen Anteil von rund 30 Prozent.
Die Kundinnen und Kunden haben Bareinlagen in der Höhe von insgesamt CHF 1 Milliarde bei CSX. Entsprechend liegt der durchschnittliche Barbetrag pro Kunde bei rund CHF 10’000. Interessant und aus Sicht der Credit Suisse erfreulich ist, dass rund 50 Prozent der Kundinnen und Kunden – vor allem in der letzten Woche des Monats – regelmässig Geldzuflüsse «erhalten» (Lohneingänge, Geld von Eltern, etc.). Zudem verzeichnet CSX pro Monat rund 3 Millionen Transaktionen. Der «Durchschnittskunde» macht über CSX also 30 Transaktionen pro Monat. Sowohl die regelmässigen Zahlungseingänge als auch die Anzahl Transaktionen sind ein Indikator dafür, dass CSX für rund die Hälfte der Kundschaft die Hauptbank ist. Möglicherweise hat die Marke von Credit Suisse geholfen, CSX schneller als Hauptbank zu nutzen als andere noch unbekannteren Neobanken. Umfragen zeigen auch, dass bereits rund 50 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer die Marke CSX kennt («gestützte Bekanntheit») – dadurch ist der Brand ein Jahr nach der Lancierung bekannter als Zak oder Neon und bewegt sich auf einem ähnlichen Niveau wie Revolut. Es ist aber auch davon auszugehen, dass die Hauptbankquote vor allem durch die Migration von bestehenden Kunden so hoch ist.
Die Credit Suisse hat in den vergangenen Jahren im Retail Banking und bei jungen Kundinnen und Kunden an Relevanz verloren. Mit CSX möchte die Credit Suisse gerade bei jungen und digital-affinen Retailkunden (wieder) an Bedeutung gewinnen und damit auch die Angebote von Neobanken bekämpfen. Wie wir im Rahmen einer Studie aufzeigen konnten, ist der durchschnittliche Neobank-Nutzer jung, männlich und gut gebildet. Und tatsächlich scheint die Credit Suisse mit CSX dieses Segment zu finden. So sind mehr als 50% der CSX-Kunden jünger als 34 Jahren (zum Vergleich: Durchschnittsalter bei Zak per 18.02.21: 34 Jahre; bei Neon: 37 Jahre).
Auch bei CSX können wir das Phänomen beobachten, dass Smartphone Banken deutlich öfter von Männern als von Frauen benutzt werden. Derzeit sind rund 59 Prozent der Kundschaft Männer, derweil 41 Prozent der CSX-Kundinnen Frauen sind. Der höhere Anteil von Männern bei Zak (und auch bei Neon) ist aber sogar noch etwas ausgeprägter als bei CSX. Vor einem guten halben Jahr waren 69 Prozent der Zak-Nutzer Männer.
Abbildung 1 zeigt den jeweiligen Bevölkerungsanteil der Schweiz nach Altersgruppen (rot) im Verhältnis zur relativen Bedeutung der Credit Suisse Kundschaft (blau) auf. Dabei wird ersichtlich, dass CSX vor allem von Kunden in der Alterskategorie 26 bis 35 Jahr überproportional oft genutzt wird. Hingegen hat das Angebot bei Personen über 55 Jahren einen – im Vergleich zur Gesamtpopulation – geringen Marktanteil. 54 Prozent der Kundinnen und Kunden von CSX sind jünger als 35 Jahre alt. 29 Prozent der Kundinnen und Kunden sind älter als 46 Jahre alt. Die strategisch für die CS wichtige Gewinnung von jungen Neukunden scheint also in einem ersten Schritt gelungen zu sein.
Betrachtet man die Wohnsitze der Kundschaft, erkennt man, dass wenig überraschend der bevölkerungsreichte Kanton Zürich der stärkste Kanton für CSX ist. Die höchste Marktpenetration hat CSX in den Kantonen Zürich, Zug, Schwyz, Obwalden, Tessin, Waadt und Genf (vgl. Abbildung 2).

Fazit
Die CSX-App konnte von Beginn weg mit einem im Vergleich zu Neobanken breiten Angebot punkten und sich dadurch auch von den meisten Neobanken differenzieren. In der Zwischenzeit wurde die Produktpalette um verschiedene weitere interessante Aspekte ergänzt (u.a. Konsumkredite, Bancassurance-Lösungen). Zudem werden gemäss Aussagen der Credit Suisse bald weitere Produkte lanciert (z.B. digitale Mietzinskaution oder auch neue Dienstleistungen im Hypothekarbereich), um diesen Vorsprung halten zu können.
Gemäss unserer gemeinsam mit ti&m durchgeführten Studie nutzen derzeit weniger als 1 Prozent der Kundschaft eine Smartphone-Bank als ihre Hauptbank. Bei CSX ist der Hauptbank-Anteil hingegen höher als bei anderen Neobanken. Auf der anderen Seite fällt auf, dass das Kundenprofil von CSX ähnlich ist wie die Kundenstruktur von anderen Neobanken.
Die Kundenzahl bewegt sich über dem Bereich, den ich für CSX nach einem Jahr erwartet habe. Gleichzeitig ist die Zahl von rund 100’000 Kundinnen und Kunden aber schwierig zu interpretieren, da unklar ist, wie hoch der Anteil an intern «umgeschichteten» Credit Suisse Kundinnen und Kunden ist. Gemäss der Handelszeitung hat die Credit Suisse im Sommer nämlich auch bei bestehenden CS-Kunden CSX beworben und sie zu einem Wechsel ermuntert.
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25. November 2021
Regionalbanken und Sparkassen,
Schweizer Banken bieten gute Qualität – begeistern Kundschaft aber wenig
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Prof. Dr. Christoph Lengwiler, Prof. Dr. Marco Passardi und Prof. Dr. Simon Amrein
Viele Kundinnen und Kunden der Schweizer Retailbanken sind zufrieden mit der Qualität ihrer Hausbank. Trotzdem gelingt es nur wenigen Banken, die Kundinnen und Kunden zu begeistern und an sich zu binden. Dies führt zu einer Offenheit gegenüber günstigen Angeboten von Neobanken. Das zeigt unsere neuste Studie zum Schweizer Retailbanken-Markt.
Bereits zum zehnten Mal untersucht die IFZ Retail-Banking-Studie der Hochschule Luzern das Kerngeschäft der inländisch-orientierten Banken. Die Jubiläumsausgabe der Studie analysiert die Zufriedenheit von Bankkundinnen und -kunden. Sie zeigt zudem auf, welche Banken aus Sicht der Finanzkennzahlen die besten im Lande sind und wie es um die Corporate Governance der Retailbanken steht. Einige Aspekte der Studie fassen wir nachfolgend zusammen.
Nur eine von fünf Personen würde ihre Bank weiterempfehlen
Im Rahmen der IFZ Retail-Banking-Studie wurden 78 Geschäftsleitungsmitglieder von Schweizer Banken sowie 694 Bankkundinnen und -kunden zur Zufriedenheit mit den Produkten und Dienstleistungen befragt. Insgesamt sind die Kundinnen und Kunden sehr zufrieden mit ihren Hausbanken und die Wechselbereitschaft ist tief. Abbildung 1 zeigt die Wechselbereitschaft von Bankkundinnen und Bankkunden nach Bankengruppen. Nur etwas mehr als ein Prozent plant, die Hauptbankbeziehung zu wechseln. Gleichzeitig würden aber lediglich 18 Prozent der Bankkundinnen und -kunden «ihre» Bank Freundinnen und Freunden weiterempfehlen. Die Banken bieten insgesamt Produkte und Dienstleistungen in guter Qualität. Begeisterungs- und Empfehlungsfaktoren, welche die Basis für eine Weiterempfehlung sind, fehlen aber fast gänzlich.
Preis vor Service: Neobanken gewinnen Kundinnen und Kunden
Die Studie identifiziert also einen grossen Anteil von zufriedenen Kundinnen und Kunden, die aber keine starke Bindung zur Hauptbank haben. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass neue Marktteilnehmer im Finanzsektor – sogenannte Neobanken – mit kostengünstigen Angeboten auch in der Schweiz in kurzer Zeit sehr viele Neukundinnen und -kunden gewinnen konnten. Passiv zufriedene Kundinnen und Kunden sind oftmals preissensitiv und entsprechend offen für kostengünstige Angebote von Neobanken. Aktuell bezeichnen lediglich rund ein Prozent der Schweizerinnen und Schweizer eine Neobank als Hauptbank. Dies kann sich in den kommenden Jahren aber ändern.
Wer ist die beste Bank im Land?
Die Retail-Banking-Studie untersuchte in diesem Jahr die Jahresabschlüsse von 90 Instituten. Basierend auf neun Kennzahlen wurde die aus Zahlen-Sicht beste Retailbank ermittelt. Auf Platz 1 liegt die Caisse d’Epargne d’Aubonne, gefolgt von der Ersparniskasse Affoltern und der Spar- und Leihkasse Wynigen.
Aufgrund der grossen Unterschiede zwischen den Banken (zum Beispiel in Bezug auf Grösse oder Produktangebot) wurden die Banken erstmals in Grössenklassen eingeteilt. Dabei schlossen die Caisse d’Epargne d’Aubonne (Bilanzsummen bis 1.5 Milliarden Franken), die Bank EEK (1.5-3.0 Milliarden Franken), sowie die Kantonalbanken aus Nidwalden (3-12 Milliarden Franken), Schwyz (12-25 Milliarden Franken) und Graubünden (Bilanzsumme über 25 Milliarden Franken) am besten ab. Die Studie enthält auch eine Analyse nach Grossregionen der Schweiz. Die jeweils besten drei Banken innerhalb der Grossregionen finden sich in Abbildung 2.
Nachfolgeprozess in Verwaltungsräten
Die Personalplanung und die Rekrutierung neuer Mitglieder ist eine der zentralen Aufgaben eines Bankverwaltungsrats. Diese Aufgabe und deren Umsetzung in der Praxis wird in der Retail-Banking-Studie in einem Fachartikel erläutert und mit Erkenntnissen aus einer Umfrage bei 54 Verwaltungsratspräsidentinnen und -präsidenten ergänzt. Wie die Umfrage zeigt, sind sich die VRP der Bedeutung ihrer Verantwortung bewusst und gehen die Aufgabe umsichtig an. Nach wie vor werden in den meisten Fällen neue Verwaltungsratsmitglieder ohne Beizug externer Unterstützung gefunden.
Frauenanteil: Steigend in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen
Im letzten Teil der Studie wurde die Corporate Governance von 73 Banken analysiert. Wie sich unter anderem zeigt, ist der Frauenanteil in den Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen nochmals angestiegen. Die Zahl der Frauen in den Verwaltungsräten nahm innerhalb eines Jahres von 130 auf 132 zu und liegt inzwischen bei 25 Prozent. Bei den neu gewählten VR-Mitgliedern beträgt der Frauenanteil in den letzten sieben Jahren 34 Prozent. Bei den Geschäftsleitungen nahm die Zahl der Frauen von 28 auf 32 zu. Der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen ist allerdings mit zehn Prozent immer noch viel tiefer als in den Verwaltungsräten.
Studienbestellung
Die 210-seitige «IFZ Retail Banking-Studie 2021» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar. Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis.
Wir danken unseren Sponsoren Crealogix, finnova, Schulthess Zimmermann & Jauch und ti&m sowie unserem Partner, der Schweizerischen Bankiervereinigung für die Unterstützung:
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Rückblick auf die IFZ Retail Banking Konferenz 2021 | IFZ Retail Banking Blog
13. Dezember 2021
[…] Andreas Dietrich blickte zurück auf zehn Jahre Retail Banking Konferenz und die Retail Banking Studie. Auf 2’016 Seiten hat das IFZ in den vergangenen Jahren die zentralen Entwicklungen im Retail Banking beleuchtet. Die zentralen Aussagen der diesjährigen Studie finden Sie hier. […]
O. Keller
26. November 2021
Warum soll mich eine Bank begeistern. Ich brauche keine Bespassungsmaschinenerie. Ich will eine seriöse Bank auf die ich mich verlassen kann. Mehr nicht.
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23. November 2021
Finanzierungssituation von Schweizer KMU – wie wichtig sind Banken für KMU?
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dr. Reto Rey und Nadine Berchtold
Im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO hat das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ die aktuelle Finanzierungssituation bei Schweizer kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) im Rahmen einer repräsentativen Studie untersucht. In diesem Blog fassen wir einige Erkenntnisse der Studie zusammen. Wir zeigen u.a. auf, ob KMU Bankkredite erhalten, wie viele und welche Firmen einen Bankkredit benötigen, diesen aber gar nicht erst beantragen, wie sich die generelle Finanzierungssituation der KMU in den vergangenen fünf Jahren verändert hat und wie viele KMU in der Schweiz derzeit Negativzinsen bezahlen müssen.
Ausgangslage
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit weniger als 250 Beschäftigten tragen massgeblich zur Schweizer Wirtschaft und zum nationalen Wohlstand bei. Hierzulande gibt es über 591‘000 KMU, die 99.7 Prozent der Unternehmen bilden und 67 Prozent aller Arbeitsplätze stellen. Insgesamt haben wir im Auftrag des SECO 2’712 Schweizer KMU zu ihrem Finanzierungsbedarf sowie ihren Finanzierungsarten, -quellen und -bedingungen befragt. Daneben gab es bei der Befragung zwei Sonderteile zu den beiden Themen «Auswirkungen der Corona-Krise auf die KMU» und «Mobilien und immaterielle Vermögenswerte als Kreditsicherheiten».
So geht es den Schweizer KMU derzeit
Die vergangene Geschäftsentwicklung im Vorfeld der Befragung 2021 war geprägt von Einschränkungen und Unsicherheiten rund um die Corona-Pandemie. Dies zeigte sich sowohl in Bezug auf den Umsatz als auch auf die Beschäftigung. So gaben nur 19 Prozent aller befragten KMU an, eine positive Umsatzentwicklung in den vergangenen 12 Monaten gehabt zu haben. Demgegenüber mussten 49 Prozent der KMU einen Umsatzrückgang verzeichnen (2016: lediglich 33%). Insbesondere kleinere Firmen und Unternehmen aus der Gastronomie waren überproportional oft von negativen Entwicklungen betroffen. Im Vergleich mit dem Euroraum wurde der negative Einfluss der Pandemie auf den Umsatz von den KMU jedoch als weniger stark empfunden.
Als grösste Herausforderung insgesamt erachten die Schweizer KMU das Gewinnen von Kundschaft (Abbildung 1). An zweiter Stelle steht die Suche nach qualifiziertem Personal. Von den sechs abgefragten Herausforderungen hat der Zugang zu externen Finanzmitteln den geringsten Durchschnittswert und wird damit – über alle KMU gesehen – als geringste Herausforderung betrachtet. Trotzdem war der Zugang zu Finanzmitteln für jedes zwölfte KMU die Herausforderung mit der grössten Bedeutung. Vor allem für kleinere KMU und Unternehmen im Gast- und Baugewerbe ist der Zugang zu externen Finanzmitteln eine grosse Herausforderung.
Deutlich mehr KMU mit einer Fremdfinanzierung als noch 2016
Die Studie zeigt, dass sich die Finanzierungsstruktur von Schweizer KMU gegenüber der Situation von 2016 deutlich verändert hat. Der Anteil an KMU mit Bankfinanzierungen ist im Vergleich zur Umfrage im Jahr 2016 zwar unverändert geblieben (32 Prozent der KMU haben einen Bankkredit). Finanzierungen von Nichtbanken haben aber stark zugenommen. Hatten im Jahr 2016 nur 6 Prozent der KMU eine Fremdfinanzierung von Nicht-Banken, sind es im Jahr 2021 bereits 15 Prozent der KMU. Vor allem die Bedeutung der Darlehen von Familien, Freunden oder Aktionären und das Leasing haben im Vergleich zum Jahr 2016 an Bedeutung gewonnen. Noch stärker haben die Covid-19-Kredite die Anzahl derjenigen KMU reduziert, die ausschliesslich eigenfinanziert sind. Derzeit sind noch rund 37 Prozent aller KMU ausschliesslich eigenfinanziert. Bei der letzten Umfrage im Jahr 2016 waren noch 62 Prozent aller KMU ausschliesslich eigenfinanziert.

Bankfinanzierungen sind aber noch immer die zentrale Fremdfinanzierungsform von KMU. Das Gesamtvolumen für inländische Unternehmenskredite von Banken in der Schweiz hat sich seit 2015 von CHF 325 Milliarden um 28 Prozent auf CHF 416 Milliarden per Juni 2021 erhöht. Rund 87 Prozent des Gesamtvolumens (oder rund CHF 362 Milliarden) per Juni 2021 fallen dabei auf KMU mit weniger als 250 Beschäftigten.
Anzahl der entmutigten KMU steigt an
Der aktuelle Zugang zu Bankkrediten scheint auf den ersten Blick sehr gut zu sein. Rund 85 Prozent aller KMU hatte in den vergangenen zwölf Monaten keinen Bedarf für eine Bankfinanzierung (neu oder Verlängerung, Covid-19-Kredite ausgeschlossen). Lediglich jedes Dritte dieser KMU (oder 5% aller KMU) stellte auch einen Antrag bei einer Bank. Drei Prozent dieser Kreditanträge wurden abgelehnt, was auch international ein tiefer Wert ist. Gleichzeitig hat die Gruppe der „entmutigten Kreditnehmer“ – Firmen mit einem Finanzierungsbedarf, welche aber aus verschiedenen Gründen keinen Kreditantrag machen – weiter zugenommen. 10 Prozent aller KMU haben zwar einen Finanzierungsbedarf, beantragen aber aus verschiedenen Gründen keinen Bankkredit (2016 waren es 6%). Diese Gruppe der entmutigten Firmen ist mehr als 60 Mal so gross wie die Gruppe der KMU, welche trotz eines Kreditantrags keinen Kredit erhalten haben. Bei einer Gesamtpopulation von 161’400 KMU in unserem Zielsegment (ausgewählte Branchen und mehr als 2 Vollzeitstellen) gehören also schätzungsweise rund 16’000 Schweizer KMU in die Gruppe der «entmutigten KMU».
Vielfältige Gründe für die Entmutigung
Die Hauptgründe für die Entmutigung liegen als erstes darin, dass die Kosten für einen Kredit gemäss Einschätzung dieser KMU möglicherweise zu hoch sind. Eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, einen indikativen Zinssatz auf der Grundlage einiger individueller Unternehmensdaten zu erhalten, könnten die Informationsfriktionen verringern und damit die Zahl der entmutigten Kreditnehmenden senken. Als zweites geben fast 65 Prozent der entmutigten Kreditnehmer an, dass das Antragsverfahren umständlich ist. Auch hier gibt es verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten auf Seiten der Banken und KMU. Als drittes sind die Anforderungen der Banken an die Sicherheiten immer noch sehr hoch. Dieses Problem scheint schwieriger zu lösen zu sein, da die Banken fast alle Kredite absichern. Es gibt hier aber interessante Möglichkeiten im Bereich des Bürgschaftswesens und in Zukunft möglicherweise auch im Bereich von Mobiliarsicherheiten oder der Verpfändung von immateriellen Vermögenswerten.[1] Schon heute können sich insgesamt 5 Prozent der befragten KMU in der Schweiz vorstellen, solche Instrumente im Bereich von Mobiliarsicherheiten oder der Verpfändung von immateriellen Vermögenswerten einzusetzen. Derzeit ist diese Art von Finanzierungen hierzulande rechtlich aber (noch) nicht erlaubt und entsprechend wenig bekannt. Die Wichtigkeit von Sicherheiten zeigt sich auch in der Bedeutung von Hypotheken. Von den KMU welche, in den letzten 12 Monaten einen Bankkredit erfolgreich beantragt haben, besitzen 58.0 Prozent eine Hypothek (entweder nur oder u.a. eine Hypothek). Von den entmutigten haben lediglich 12.8 Prozent einen Bankkredit mit hypothekarischer Deckung.
Im Vergleich zum Euroraum sind Bankkredite bei Schweizer KMU weniger verbreitet
In den umliegenden Ländern verfügen zwischen 39 Prozent (Deutschland) und 48 Prozent (Österreich) aller KMU über einen Bankkredit (Abbildung 4). In Frankreich und Italien sind es 39 beziehungsweise 45 Prozent. Dies sind deutlich mehr als die 32 Prozent der KMU, welche in der Schweiz über eine Bankfinanzierung verfügen. Ein Blick auf die verschiedenen Finanzierungsquellen zeigt auch, dass hierzulande öfter Kapital von Nichtbanken zu KMU fliesst.
Negativzinsen
Einen Einfluss auf das Verhältnis von KMU zu Banken haben möglicherweise auch die Negativzinsen. Banken reichen die Negativzinsen zunehmend an ihre KMU-Kunden weiter. Insgesamt mussten in den vergangenen 12 Monaten rund 13 Prozent der befragten KMU Negativzinsen für ihre Kontobestände und Geldanlagen bezahlen. Im Jahr 2016 waren erst 5 Prozent der befragten KMU davon betroffen. Hochgerechnet auf die rund 161’400 Unternehmen im Zielsegment dieser Studie (KMU mit 2-249 VZÄ) haben im vergangenen Jahr rund 21‘000 Unternehmen Negativzinsen bezahlen müssen. Mittlere Unternehmen (50-249 VZÄ) müssen proportional deutlich öfter Negativzinsen bezahlen als Mikro- und Kleinunternehmen.
Zwei Drittel der KMU von der Corona-Krise (sehr) negativ betroffen
Die Corona-Pandemie hat die Schweizer Wirtschaft stark getroffen. 19 Prozent der befragten KMU geben an, von der Corona-Krise «sehr negativ» betroffen zu sein (Abbildung 3). Weitere 46 Prozent der Befragten waren durch die Krise «negativ» betroffen. Obwohl der negative Effekt überwiegt, gab es aus wirtschaftlicher Sicht auch einige positive Entwicklungen. Nahezu jedes sechste KMU konnte profitieren, im Handel waren es gar 21 Prozent.
Nahezu jedes zweite KMU (47%) hatte einen erhöhten Finanzierungsbedarf. Ein Drittel der Firmen erwartet, dass dieser auch mittelfristig bestehen wird. Entsprechend war das Covid-19-Kreditprogramm des Bundes für viele KMU wichtig und wurde stark genutzt. Insgesamt wurden knapp 138‘000 Kredite mit einem Volumen von rund CHF 17 Milliarden gesprochen. 30 Prozent der KMU mit mehr als zwei Vollzeitstellen haben einen Covid-19-Kredit aufgenommen. 11 Prozent der befragten KMU mit einem Covid-19-Kredit plant, diesen bereits bis Ende 2021 zurückzuzahlen. 8 Prozent der KMU glaubt nicht, dass sie die Kredite vollständig tilgen können.
Trotz der für viele KMU schwierigen Monate, ist eine Mehrheit der Schweizer KMU in Bezug auf ihre zukünftige Geschäftsentwicklung optimistisch gestimmt. Der Anteil Unternehmen, welcher mit einem wachsenden Umsatz in den nächsten zwei bis drei Jahren rechnet, überwiegt denjenigen mit weniger optimistischen Erwartungen ziemlich klar.
Finanzierung von KMU in der Schweiz – 2021
Finanzierung von KMU in der Schweiz – 2021
[1] Siehe dazu «Regulierungsfolgenabschätzung zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für eine allfällige Revision des Schweizer Mobiliarsicherungsrechts» (INTERFACE Politikstudien, 2021)
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15. November 2021
Hat Apple ein Kernbankensystem?
Von Dr. Felix Buschor
Zahlreiche Schweizer Banken setzen ein Standardprodukt als Kernbankensystem ein. Da sich auch in der Schweiz neue Geschäftsmodelle für das Bankgeschäft abzeichnen, nimmt in den Geschäftsleitungen der Banken die Unsicherheit zu, ob sie mit ihrer IT-Landschaft bereit für die Zukunft sind. In diesem Blog-Beitrag wird dieser Frage anhand des Beispiels von Apple Pay nachgegangen.
Im Oktober 2014 wurde in den USA Apple Pay eingeführt. Dieses mobile Bezahlverfahren, das mittlerweile in 64 Ländern verfügbar ist, markiert den Eintritt von Apple ins Finanzgeschäft. Seither hat Apple verschiedene Schritte unternommen, um den Fussabdruck im Banking zu vergrössern. Seit 2018 gibt es in den USA mit Apple Cash eine digitale Geldbörse, die es den Nutzern erlaubt Geldbeträge über Apple Pay und iMessage zu versenden und zu empfangen. Apple Cash wurde 2020 ebenfalls in den USA mit Apple Cash Family erweitert. Damit ist es – in der Apple-Terminologie – dem Familienorganisator unter anderem möglich, den Kindern ein Apple Cash Konto einzurichten und über verschiedene Einstellungsmöglichkeiten, dessen Verwendung mehr oder weniger zu kontrollieren. Die Kinder wiederum haben im Rahmen des Kontosaldos, die Möglichkeit entweder am Point-of-Sale oder im E-Commerce mobil mit ihrem iPhone zu bezahlen, der Traum aller Teenager. Seit 2019 ist ebenfalls in den USA die Apple Card verfügbar. Dabei handelt es sich wahlweise um eine virtuelle oder physische Kreditkarte, bei der Apple mit Goldman Sachs und Mastercard zusammenarbeitet. Dieses Produkt wurde 2021 zur Apple Family Card aufgerüstet. Erst kürzlich hat Bloomberg mitgeteilt, dass Apple offenbar die Einführung einer weiteren banknahen Funktionalität mit dem internen Namen Apple Pay Later plant.[1] Mit diesem Service sollen Benutzer, die mit Apple Pay bezahlen, die Möglichkeit haben, die Zahlung entweder auf vier zinslose Raten im Abstand von 2 Monaten oder nach mehreren Monaten dann aber mit Zinsen zu leisten. Dem Vernehmen nach arbeitet Apple auch für diesen Service mit Goldman Sachs zusammen. Wie die meisten Finanzdienstleistungen von Apple soll auch Apple Pay Later vorläufig nur in den USA verfügbar sein. Der Fokus auf die USA hängt sicherlich damit zusammen, dass Services wie Apple Card oder Apple Pay Later im Detail spezifisch auf die Bedürfnisse und Regulatorien des US-Markts zugeschnitten sind und damit nicht ohne weiteres weltweit ausgerollt werden können.
Dieser Entwicklungspfad[2] (siehe Abbildung 1) zeigt, dass sich Apple mindestens in den USA zunehmend im Finanzgeschäft ausbreitet. Dass Apple mit seinem Fokus auf das Mobile Payment den Nerv der Zeit trifft, zeigt eine aktuelle Studie von EY, wonach in China 92% der Konsumentinnen und Konsumenten Mobile Payment nutzen.[3] Auch in der Schweiz ist das Mobile Payment auf dem Vormarsch. Das IFZ prognostiziert für den privaten Zahlungsmarkt in Bezug auf die Anzahl der Transaktionen im Jahr 2022 einen Marktanteil der Mobile Payment Anbieter von rund 9 Prozent.[4]
Zunehmender Druck auf die Kernbankensysteme
Auch wenn die Erbringung all dieser Finanzdienstleistungen ausgeklügelte Software verlangt, so wird wohl kaum jemand auf die Idee kommen zu behaupten, dass Apple ein Kernbankensystem betreibt. Unter einem Kernbankensystem soll an dieser Stelle ein Softwarepaket verstanden werden, mit dessen Hilfe die Geschäftsvorfälle einer Bank technisch bearbeitet werden. Ein Kernbankensystem umfasst demnach im Wesentlichen die Positionsführung (Konti, Depot, Kredite) sowie die entsprechenden Transaktionen. In der Schweiz setzen Regionalbanken, Kantonalbanken sowie Privatbanken in aller Regel ein Standardprodukt als Kernbankensystem ein. Diese Kernbankensysteme zeichnen sich durch eine ausserordentlich hohe Zuverlässigkeit sowie eine Fülle von Funktionen aus. Trotzdem beschleicht manch Verantwortlichen für die Bank-IT ein ungutes Gefühl, wenn es um die Zukunftsfähigkeit seines Kernbankensystems geht. Ist mein Kernbankensystem genügend flexibel? Kann ich mit meinem Kernbankensystem in hoher Kadenz Innovationen auf den Markt bringen? Ist mein Kernbankensystem offen, um mit FinTechs zusammenzuarbeiten? Diese und ähnliche Fragestellungen haben dazu geführt, dass die Banken ihr Kernbankensystem vermehrt mit „Satelliten“ in Form von Standardprodukten oder Individualentwicklungen ergänzen.
Den IT-Verantwortlichen der Banken ist aber auch klar, dass mit einer solchen „Satelliten-Strategie“ IT-mässig nicht die Schlagkraft einer Neo-Bank oder gar der GAFA[5], die immer mehr ins Bankgeschäft vordringen, erreicht werden kann. Deshalb kursiert in Fachkreisen vermehrt die Frage, ob es Möglichkeiten gibt geräusch- und schmerzlos zu migrieren. Die anfängliche Begeisterung für diese Idee weicht rasch einer Ernüchterung, wenn es darum geht, mögliche Optionen aufzuzählen. Aus Mangel an Alternativen gepaart mit einer Risikoaversion bauen die meisten Banken darauf, dass die Kernbankensystemhersteller ihr Produkt aus Eigeninteresse einem Reengineering unterziehen. Und tatsächlich sind alle Kernbankensystemhersteller daran, ihre Produkte zu modularisieren, mittels APIs gegen Aussen zu öffnen und bereit für den Betrieb in einer Cloud zu machen.
Kernbankensysteme müssen vor allem neu entstehende Geschäftsmodelle unterstützen
Aber: Werden mit der angestossenen Erneuerung der Kernbankensysteme die zukünftigen Geschäftsmodelle der Banken auch tatsächlich unterstützt? Um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, soll im Folgenden das Geschäftsmodell von Apple fürs Mobile Payment vertieft interpretiert werden (siehe Abbildung 2).[6]
Mit Apple Pay bietet Apple Zahlungsquellen, die Möglichkeit sich über standardisierte Schnittstellen mit der iPhone Mobile Payment Welt zu verbinden. Bisher sind dies nur Issuer von Kredit- oder allenfalls Debitkarten. Die Direktanbindung von Bankkonten an Apple Pay ist nach Kenntnisstand des Autors bisher nicht möglich.[7] Auch wenn dies verschiedene Gründe haben dürfte, so darf doch vermutet werden, dass die Anbindung eines Kernbankensystems an Apple Pay anspruchsvoll ist. Apple baut mit seinem Ansatz auf den Payment-Funktionen der Finanzdienstleister auf. In Anlehnung an Over-The-Top-Streaming[8] kann man diesen Ansatz als „Over-The-Top-Banking“ bezeichnen. In einem nächsten Schritt erhöhte Apple die Attraktivität seines Mobile Payment mit verschiedenen Erweiterungen, wie Message-basiertes Payment, Familienkonto oder Ratenzahlungen. Für die Ratenzahlungen wird zusätzlich auf Kreditquellen zugegriffen, im Falle von Apple ist dies Goldman Sachs. Apple ist mit diesem angereicherten Mobile Payment auch für den nächsten Entwicklungsschritt des Mobile Banking, dem Embedded Payment gut gerüstet. Beim Embedded Payment wird das Bezahlverfahren in den Kaufprozess integriert. Die Merchants haben dafür zwei Möglichkeiten: Entweder integrieren sie in ihre Systeme einzelne Zahlungsquellen oder mobile Bezahlverfahren, beispielsweise Apple Pay. Mit den Zusatzservices, die von den Zahlungsquellen so nicht angeboten werden, verschafft sich Apple für diesen nächsten Entwicklungsschritt eine gute Ausgangslage. Apple verliert dann zwar die direkte Kundenschnittstelle, aber die Abwicklung der eingebetteten Zahlung erfordert immer noch ein iPhone. Die Apple-Geräte werden noch etwas unentbehrlicher und der Kunde wird noch stärker an Apple gebunden. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass Expertinnen und Experten davon ausgehen, dass bei Apple die Finanzdienstleistungen mehrere Milliarden an den rund US Mia 50 Einnahmen aus dem Servicegeschäft ausmachen.[9]
Was bedeutet diese Fallstudie für die Kernbankensysteme? Es zeigt vor allem, dass die Banken noch Hausaufgaben erledigen müssen, bevor sie die Zukunft des Kernbankensystems an die Hersteller delegieren. Durch die Banken ist festzulegen, welche zukünftigen Geschäftsmodelle sie erwarten, wie sie sich gegenüber diesen Geschäftsmodellen positionieren. Sehen sie sich als Quellen für Zahlungen oder Kredite? Wollen sie auch im Over-The-Top-Banking mitmischen? Bevor die Kernbankensysteme modernisiert werden, ist also festzulegen, welche Geschäftsmodelle unterstützt werden sollen. Erst, wenn diese Fragen geklärt sind, besteht auch Klarheit für die Kernbankensystemhersteller, in welche Richtung sie sich technisch entwickeln sollen.
Fazit
Die obige Apple-Fallstudie zeigt, dass neue und lukrative Geschäftsmodelle für die Finanzbranche nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität existieren. Diese Geschäftsmodelle entstehen dadurch, dass bestehende Wertschöpfungsketten in Bausteine zerlegt, die Bausteine standardisiert und neu zusammengefügt werden. Daraus resultieren neue, übergeordnete Bausteine, die wiederum mit anderen Bausteinen zusammengefügt werden können. Dieser Prozess der fortlaufenden Abstraktion von Funktionen in übergeordnete Ebenen ist nicht nur das Grundmuster, sondern auch das Erfolgsrezept fast aller Entwicklungen der Informatik in den letzten 30 Jahren, angefangen von der objektorientieren Programmierung bis zum Cloud-Computing. Und das Prinzip der Abstraktion wird nun auch ein Treiber für neue Geschäftsmodelle. Für Banken und Kernbankensystemhersteller stellt sich die Herausforderung, wie am Entstehen dieser neuen Geschäftsmodelle partizipiert werden kann.
Möchten Sie das Thema mit uns vertiefen? Dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf (felix.buschor@hslu.ch). Sind Sie an vertiefenden Ausführungen zum Thema Kernbankensysteme interessiert? Dann melden Sie sich für das IFZ Bank-IT Forum «Zukunft der Kernbankensysteme» an (IFZ Bank-IT: Forum Zukunft der Kernbankensysteme | Hochschule Luzern (hslu.ch))
[1] Siehe Apple Launching (AAPL, GS) „Buy Now, Pay Later“ Installment Plan Service (AFRM) – Bloomberg
[2] Zu ergänzen ist, dass Teile der Services auch auf der Apple Watch verfügbar sind.
[3] Siehe How can banks transform for a new generation of customers? | EY – Global
[4] Siehe Studie_MobilePayment_20210103_final (hslu.ch)
[5] GAFA ist die Abkürzung für die vier grossen US-Internetkonzerne Google, Apple, Facebook und Amazon.
[6] Zu erwähnen ist, dass die Fallstudie von Apple lediglich ein Beispiel von mehreren ist. Eine vergleichbare Fallstudie könnte beispielsweise auch für Klarna oder Paypal erstellt werden.
[7] Im Gegensatz zu Twint, wo die Anbindung des Bankkontos mittlerweile der Normalfall ist.
[8] Over-The-Top-Streaming meint das Verbreiten von Inhalten, beispielsweise von Filmen oder Musik, bei dem sich Streaming-Dienste wie Netflix des Internets bedienen.
[9] Siehe Apple Launching (AAPL, GS) „Buy Now, Pay Later“ Installment Plan Service (AFRM) – Bloomberg
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8. November 2021
Regionalbanken und Sparkassen,
Gender-Diversity in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen von Schweizer Retailbanken
Von Prof. Dr. Christoph Lengwiler und Marc Leuenberger
Am 25. November publizieren wir im Rahmen der Retail Banking-Konferenz am die zehnte Ausgabe der IFZ Retail Banking-Studie. Die Studie beinhaltet unter anderem eine umfassende Analyse zur Corporate Governance von 73 Schweizer Retailbanken. Im heutigen Blog gehen wir auf einen Teil dieser Corporate Governance-Analyse ein und zeigen, wie es um den Anteil von Frauen und Männern in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen von Schweizer Retailbanken steht.
Diversity-Überlegungen spielen in der Personalplanung von Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen eine immer wichtigere Rolle. Es ist heute in der wissenschaftlichen Literatur weitgehend unbestritten, dass divers aufgestellte Teams bessere Ergebnisse erzielen. Diversity ist hierbei als mehrdimensional zu verstehen und beinhaltet neben dem Geschlecht auch Faktoren wie das Alter, die Ausbildung, fachliche Kompetenzen, das Netzwerk, den Mindset sowie weitere Themen. Viele dieser Faktoren analysieren wir in der Corporate Governance-Analyse der IFZ Retail Banking-Studie. Diversity ist also vielschichtig. Nachfolgend gehen wir auf das Thema Gender-Diversity ein. Dieses Thema war in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit stark präsent. Zudem beinhaltet das neue Aktienrecht sogenannte Geschlechterrichtwerte für börsenkotierte Unternehmen von 20 Prozent in der Geschäftsleitung und 30 Prozent im Verwaltungsrat. Der Bundesrat hatte diese Anpassungen per 1. Januar 2021 in Kraft gesetzt. Wie steht es bei den Schweizer Retailbanken um die Gender-Diversity?
Tiefer aber steigender Frauenanteil in den Verwaltungsräten
Unter den 524 VR-Mitgliedern der analysierten 73 Retailbanken sind per Ende Juni 2021 132 Frauen, was einem Anteil von 25 Prozent entspricht. Der Frauenanteil in den VR-Gremien von Schweizer Retailbanken lag 2014 noch bei 16 Prozent und steigt von Jahr zu Jahr leicht an.
Wie Abbildung 1 zeigt, haben die Regionalbanken und Sparkassen mit 22 Prozent einen relativ tiefen Frauenanteil in den Verwaltungsräten. Im Verwaltungsrat von Raiffeisen Schweiz ist per 30. Juni 2021 lediglich eine Frau vertreten. Allerdings sind per Ende 2020 in den Verwaltungsratsgremien der 225 einzelnen Raiffeisenbanken 347 von 1’408 Mitgliedern Frauen. Damit verfügen die Raiffeisenbanken in ihren Verwaltungsräten über einen Frauenanteil von 25 Prozent (dieser wird in Abbildung 1 übernommen), der im Durchschnitt aller Retailbanken liegt.
Die Gruppe der Weiteren Banken fallen mit einem Frauenanteil von 40 Prozent positiv auf. In dieser Gruppe sind die Alternative Bank Schweiz mit einem Frauenanteil von 60 Prozent und die Bank Cler mit einem Frauenanteil von 57 Prozent (siehe Tabelle 1) hervorzuheben. Die Alternative Bank Schweiz weist mit sechs Frauen auch in absoluten Zahlen die höchste Anzahl Frauen aller Verwaltungsratsgremien von Schweizer Retailbanken auf. Danach folgen die Basler Kantonalbank mit fünf Frauen, sowie die Bank Cler und die Banque Cantonale de Genève mit je vier Frauen. Umgekehrt setzten sich acht der untersuchten 73 Verwaltungsratsgremien ausschliesslich aus Männern zusammen.
Bank | Frauenanteil |
Alternative Bank Schweiz AG | 60% (6/10) |
Bank Cler AG | 57% (4/7) |
Basler Kantonalbank | 56% (5/9) |
Banque Cantonale du Jura | 43% (3/7) |
Banque Cantonale du Neuchâteloise | 43% (3/7) |
Banque Cantonale du Vaudoise | 43% (3/7) |
Clientis Bank Oberaargau AG | 43% (3/7) |
Graubündner Kantonalbank | 43% (3/7) |
PostFinance AG | 43% (3/7) |
Urner Kantonalbank | 43% (3/7) |
Zürcher Landbank AG | 43% (3/7) |
Das Schweizer Aktienrecht sieht gemäss OR Artikel 734f vor, dass im Verwaltungsrat ein Frauenanteil von mindestens 30 Prozent und in der Geschäftsleitung ein Anteil von mindestens 20 Prozent anzustreben ist. Mitte 2021 erreichen insgesamt lediglich 21 der 73 analysierten Verwaltungsräte (29%) den definierten Anteil von mindestens 30 Prozent.
Wie eine Analyse der 268 seit dem Jahr 2015 neu gewählten Verwaltungsratsmitglieder, die 2021 noch im Amt sind, zeigt, ist der Anteil der Frauen bei den neu gewählten VR-Mitgliedern mit durchschnittlich 34 Prozent über die letzten sieben Jahre höher als der Frauenanteil aller VR-Mitglieder (25%). Wie Abbildung 2 zeigt, ist bei den neu gewählten VR-Mitglieder der Anteil der Frauen von 24 Prozent im Jahre 2015 auf 43 Prozent im Jahre 2019 gestiegen, in den letzten beiden Jahren jedoch wieder leicht gesunken (2020: 39%; 2021: 34%). Wenn die Entwicklung wie in den letzten Jahren weitergeht, dürfte der Anteil der Frauen in Verwaltungsräten der Schweizer Retailbanken in den nächsten Jahren weiter ansteigen.
Frauenanteil in den Geschäftsleitungen noch tiefer als in den Verwaltungsräten
Der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen der Retailbanken liegt mit zehn Prozent sehr tief und deutlich unter dem Anteil von 25 Prozent bei den Verwaltungsräten. Unter den 316 in der Analyse erfassten Geschäftsleitungsmitgliedern sind nur gerade 32 Frauen zu finden (siehe Abbildung 3). Nur drei Frauen haben bei den 73 untersuchten Banken per Ende Juni 2021 die operative Leitung inne. Bei der Bank Cler ist Mariateresa Vacalli, bei der Hypothekarbank Lenzburg Marianne Wildi und bei der Schwyzer Kantonalbank Susanne Thellung mit dem Vorsitz der Geschäftsleitung betraut.

Obwohl die Zahl der Frauen in den Geschäftsleitungen der Retailbanken zwischen 2013 und 2021 immerhin von neun auf 32 angestiegen ist, bleibt der Frauenanteil tief. Nichtsdestotrotz sind bei der Alternativen Bank Schweiz drei von fünf Geschäftsleitungsmitgliedern Frauen (vgl. Tabelle 2). Sieben weitere Retailbanken haben in der Geschäftsleitung einen Frauenanteil von einem Drittel oder höher. Mitte 2021 erreichen insgesamt 18 der 73 analysierten Retailbanken (25%) den im Aktienrecht Artikel 734f definierten Anteil von mindestens 20 Prozent.
Bank | Frauenanteil |
Alternative Bank Schweiz AG | 60% |
Zuger Kantonalbank | 50% |
PostFinance AG | 43% |
Schwyzer Kantonalbank | 40% |
Bank Cler AG | 33% |
Bank Gantrisch Genossenschaft | 33% |
Bernerland Bank AG | 33% |
Sparkasse Schwyz AG | 33% |
Fazit
Obwohl sich der Frauenanteil in den Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen der Schweizer Retailbanken in den letzten Jahren erhöht hat, bleiben Frauen in beiden Gremien deutlich untervertreten. Dies hängt teilweise sicherlich mit der demographischen Situation in der Finanzindustrie zusammen, welche Stark von Männern geprägt ist. Dennoch ist insbesondere in den Geschäftsleitungen der Frauenanteil mit 10 Prozent deutlich zu tief, um von Gender-Diversity sprechen zu können. Aktuell erreichen lediglich rund 30 Prozent der Verwaltungsräte, respektive 25 Prozent der Geschäftsleitungen, der Retailbanken die Zielquoten gemäss Aktienrecht. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass der Wert im Aktienrecht ein Richtwert ist und nur für börsenkotierte Firmen gilt. Eine Abweichung vom Richtwert muss jedoch begründet werden.
Was die Schweizer Retailbanken betrifft, darf erwartet werden, dass diese in Zukunft vermehrt Fördermassnahmen treffen werden, um die Frauenquoten – wie gemäss OR Artikel 734f vorgesehen – auf Top-Management-Ebene erhöhen zu können.
Studienbestellung
Die 220-seitige «IFZ Retail Banking-Studie 2020» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar.
Für die Retail Banking Konferenz sind derzeit noch 4 Tickets verfügbar. Rasch anmelden lohnt sich!
Wir danken unseren Sponsoren Crealogix, finnova, Schulthess Zimmermann & Jauch und ti&m sowie unserem Partner, der Schweizerischen Bankiervereinigung für die Unterstützung:
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5. November 2021
Regionalbanken und Sparkassen,
Welches ist die digitalste Schweizer Bank im Firmenkundengeschäft?
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Thomas Stüssi
Die Digitalisierungsbemühungen von Schweizer Banken fokussieren oftmals auf das gut skalierbare Retail Banking-Segment. Die digitalen Angebote im Bereich des Firmenkundengeschäfts waren lange Zeit bei vielen Schweizer Banken noch sehr bescheiden. Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ und der Digital Banking Think Tank e.foresight der Swisscom haben daher eine neue Studie zum Thema „Digitales Firmenkundengeschäft“ erstellt. Die Studie zeigt einerseits die Angebotsseite auf und eruiert, welche Schweizer Banken im digitalen Firmenkundengeschäft derzeit führend sind und welche Entwicklungen in den vergangenen Jahren festgestellt werden konnten. Andererseits wurde auf der Nachfrageseite mit einer Umfrage bei Firmenkunden der Nutzen ausgewählter Funktionen und Dienstleistungen eruiert. Schliesslich wurden beide Seiten zusammengeführt, um aufzuzeigen, ob und in welchen Bereichen (relevante) Lücken in den Bankangeboten bestehen.
Fortschritte erkennbar im digitalen Firmenkundenbereich
Um einen Überblick über die Angebotsseite zu erhalten, wurde eine ausführliche Marktübersicht erstellt, welche die (digitale) Angebotspaletten von 32 der grössten Retailbanken in der Schweiz berücksichtigt. Dazu erfolgte eine systematische Erfassung von Produkten und Dienstleistungen in den fünf Themenblöcken „E-Banking“, „Kommunikationskanäle“, „Zahlen“, „Finanzieren“ sowie „Bank-nahe Dienstleistungen“.
Die Analyse zeigt auf, dass abhängig von der Funktion respektive der Dienstleistung der Anteil der Banken mit einem entsprechenden Angebot stark variiert. Während gewisse Funktionalitäten bereits «Standard-Angebote» geworden sind und von (fast) allen Banken angeboten werden, gibt es auch noch zahlreiche Funktionalitäten, welche nur von sehr wenigen oder gar keinen Banken angeboten werden. Eine klare Differenzierung durch „einzigartige“ Angebote im digitalen Firmenkundengeschäft wird in der Schweiz bislang nur von wenigen Banken betrieben.
Um die Angebotsbreite der einzelnen Banken miteinander zu vergleichen, wurde ein «Score» berechnet, welcher die Anzahl angebotener Funktionen und Dienstleistungen addiert (im Gegensatz zur Studiendurchführung vor zwei Jahren wurden einzelne Funktionalitäten nicht mehr gewichtet). Die Qualität der jeweiligen Umsetzung wurde dabei nicht berücksichtigt. Der Maximalwert dieses Scores beträgt 54 Punkte und wäre erreicht, wenn alle in dieser Studie miteinbezogenen Funktionen und Dienstleistungen von einer Bank angeboten würden (was aus ökonomischer Sicht aber nicht unbedingt das Ziel sein muss). Wie in der Übersicht auf Abbildung 1 schnell ersichtlich wird, sind die Schweizer Banken derzeit noch weit davon entfernt, den Maximalwert zu erreichen. Die meisten Banken bieten im Firmenkundengeschäft derzeit eher wenige digitale Funktionen an.
Welche Bank ist im Bereich Digitalisierung im Firmenkundengeschäft am Weitesten?
Gemäss unseren Analysen ergibt sich ein relativ klares Bild an der Spitze. Die fünf digitalsten Schweizer Banken (per 30.09.2021) im Firmenkundengeschäft sind:
- UBS (33 Punkte)
- Credit Suisse (31 Punkte)
- Banque Cantonale Vaudoise (26 Punkte)
- Valiant Bank (20 Punkte) und Thurgauer Kantonalbank (20 Punkte)
Auf den weiteren Plätzen befinden sich die Zürcher Kantonalbank, die Raiffeisen Gruppe, die Basellandschaftliche sowie die Luzerner Kantonalbank. Ebenfalls in den Top 10 vertreten sind die die Migros Bank und die Liechtensteinische Landesbank mit der Hypothekarbank Lenzburg. Diese Banken haben allesamt einen sehr ähnlichen Wert von 15 bis 17 Punkten. Insgesamt kann man erkennen, dass grössere Banken (gemessen an der Bilanzsumme) tendenziell ein breiteres digitales Angebot für ihre Firmenkunden anbieten.
Gegenüber der letzten Studiendurchführung vor zwei Jahren hat vor allem die UBS viel Boden gut gemacht, die Credit Suisse wieder überholt und wieder den Spitzenplatz eingenommen. Auch die Credit Suisse hat zwar in den vergangenen zwei Jahren zusätzliche Angebote lanciert, ist aber im relativen Vergleich leicht hinter ihre Grossbanken-Konkurrentin zurückgefallen.
Neben UBS haben auch einige mittelgrosse Banken im Vergleich zur vergangenen Studie ihr digitales Angebot im Firmenkundenbereich deutlich ausgebaut. Besonders auffallend sind die Banque Cantonale Vaudoise sowie die Baloise Bank SoBa. Erstere schafft es so auf den dritten Platz der Rangliste direkt hinter den Grossbanken. Ebenfalls deutlich zugenommen haben die Punktzahlen der Walliser, Thurgauer und Zuger Kantonalbank sowie der Regiobank Solothurn.
Selektives Interesse auf der Nachfrageseite
Um die Bedürfnisse und Präferenzen auf der Kundenseite zu quantifizieren, wurde in Zusammenarbeit mit fünf Banken eine Umfrage unter rund 150 Firmenkunden durchgeführt. Analog zur Struktur auf der Angebotsseite mussten diese den Nutzen von verschiedenen Funktionen und Dienstleistungen in den fünf vorher aufgezählten Themenblöcken einschätzen. Die aus Sicht der KMU fünf Angebote mit dem grössten Nutzen sind dabei:
- Optimierte Betrugserkennung durch künstliche Intelligenz
- Bestellung von Login-Daten für zusätzliche Berechtigungen direkt im E-Banking
- Digitales Mutieren von Vollmachten/Zeichnungsberechtigungen, Personen oder Stammdaten im E-Banking
- Empfangen von digitalen Rechnungen direkt im E-Banking
- Digitales Vertragsarchiv mit allen Bankverträgen und E-Dokumenten
Weitere interessante Erkenntnisse:
- 63 Prozent der Befragten würden einen Online-Abschluss oder eine Verlängerung von Kontokorrentkonten als nützlich oder sehr nützlich erachten.
- Die Nützlichkeit von Multibanking oder auch der Videoberatung wird heute höher eingeschätzt als noch vor zwei Jahren.
- Insgesamt sehen die befragten Firmenkunden in Funktionalitäten rund um digitale «Bank-nahe Dienstleistungen» und Produkten (z.B. Online Factoring oder Treuhandangebote, ein «Social Network» für Firmenkunden) hingegen nur einen beschränkten Nutzen.
Zusammenführung der Angebots- und Nachfrageseite
Durch das Zusammenführen der Angebots- und Nachfrageseite kann aufgezeigt werden, welche Bereiche zwar von den befragten Firmenkunden mit einem hohen Nutzen bewertet wurden, jedoch (noch) nicht im Angebot der Banken sind. Abbildung 2 zeigt die Zusammenführung der Angebots- und der Nachfrageseite in grafischer Form. Die horizontale Achse zeigt den von den befragten Firmenkunden beigemessenen Nutzen für alle abgefragten Punkte. Auf der vertikalen Achse befindet sich der prozentuale Anteil aller 32 miteinbezogenen Banken, welche den entsprechenden Punkt anbieten.
Interessant sind vor allem Punkte, welche zwar aus Kundensicht von Nutzen sind, jedoch nur von verhältnismässig wenigen Banken angeboten werden. Insbesondere das „digitale Vertragsarchiv“, die «digitale Signatur» oder das «direkte Mutieren von Vollmachten im E-Banking» scheinen dabei aus Kundensicht wünschenswert, werden aber von den Banken derzeit noch fast nicht angeboten. Eine detailliertere Analyse ist in der Studie zu finden.
Fazit
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Resultate können folgende Konklusionen gezogen werden:
- Das digitale Angebot im Firmenkundengeschäft wurde im Vergleich zu 2019 weiter ausgebaut. Trotzdem stehen die meisten Banken noch immer am Anfang und haben weiterhin viel Potenzial. Die grösseren Banken sind insgesamt weiter in der Entwicklung als die kleineren Institute.
- Im Vergleich zu 2019 schätzen Firmenkunden den Nutzen von digitalen Funktionalitäten im Durchschnitt höher ein. Firmenkunden sehen weiterhin insbesondere bei Funktionen einen grossen Nutzen, die ihren Alltag erleichtern und ihre Prozesse verbessern. Diese sind insbesondere transaktionsbezogene und Selbstadministrations-Funktionen im E-Banking. Vor diesem Hintergrund erscheint sinnvoll, dass Banken in den vergangenen zwei Jahren vor allem im Bereich «E-Banking» und «Zahlen» die grössten Fortschritte erzielt haben.
- Für Banken interessant sind vor allem Funktionen, welche zwar aus Kundensicht von Nutzen sind, jedoch nur von verhältnismässig wenigen Banken angeboten werden. Insbesondere das «digitale Vertragsarchiv», die «digitale Signatur» oder das «direkte Mutieren von Vollmachten im E-Banking» scheinen dabei aus Kundensicht wünschenswert, werden aber von den Banken derzeit noch fast nicht angeboten.
- Logins und Transaktionen über das Mobile Banking werden gemäss den Auswertungen von neun Banken auch bei Firmenkunden wichtiger. Ob dies flächendeckend zutreffend ist, kann durch die Studienergebnisse nicht beantwortet werden. Viele Banken haben derzeit kein Reporting, das aufzeigt, ob die Logins oder Transaktionen im E-Banking und Mobile Banking durch Firmenkunden oder Privatkunden durchgeführt wurden. Eine entsprechendes Reporting für diesen zentralen Touchpoint ist aus unserer Sicht aber wichtig.
- Firmenkunden verfügen über mehrere aktive Bankbeziehungen, wobei im Vergleich zu 2019 die durchschnittliche Anzahl Bankbeziehungen gestiegen ist. Die Fokussierung auf eine starke Kundenbindung ist deshalb ein zentrales Element, um im Firmenkundengeschäft weiter zu wachsen.
PS: Die detaillierten Auswertungen und Analysen dieser Studie erhalten exklusiv e.foresight-Kunden und die an der Umfrage teilnehmenden Institute. Für Fragen wenden sie sich direkt an e.foresight: thomas.stuessi@swisscom.com.
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25. Oktober 2021
Regionalbanken und Sparkassen,
Das sind die wichtigsten Banken für die Schweizer KMU
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dr. Reto Rey und Nadine Berchtold
Im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO hat das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ die aktuelle Finanzierungssituation bei kleinen und mittelgrossen Schweizer Unternehmen (KMU) im Rahmen einer repräsentativen Studie untersucht. Dabei wurde unter anderem auch eruiert, welche KMU bei welchen Banken Konto- und Kreditbeziehungen pflegen. In diesem Blog zeigen wir auf, wie viele Bankbeziehungen ein typisches KMU in Abhängigkeit der Unternehmensgrösse hat, welche Branchen typischerweise bei welchen Banken Kunde sind und wie viele KMU derzeit planen, die Hausbank zu wechseln.
Das sind die Hausbanken der Schweizer KMU
Welche Banken von den KMU als Hausbanken gewählt werden, ist in Abbildung 1 ersichtlich. Kantonalbanken sind im Vergleich zu 2016 noch etwas dominanter geworden und mittlerweile für mehr als einen Drittel der Schweizer KMU die Hausbanken. Auf dem zweiten Platz folgen die Grossbanken, die einen Viertel der KMU als Haubank bedienen. Diese haben im Vergleich zur Umfrage im Jahr 2016 an Marktanteil verloren. Dafür konnten die Raiffeisenbanken den Anteil ausbauen und decken aktuell fast 20 Prozent der KMU ab, während es 2016 noch 16 Prozent waren. Die restlichen rund 20 Prozent teilen sich PostFinance, die Gruppe der Regionalbanken und andere Banken auf. Während die Regionalbanken an Marktanteil verloren haben, haben PostFinance und die Gruppe andere Banken leicht zugelegt.
Hauptbankbeziehung nach Branche
Die Abbildung 2 zeigt auf, welche KMU nach Branchen bei welchen Bankengruppen ihre Hauptbankbeziehung pflegen. Die Grafik zeigt die Abweichungen zum Durchschnitt an. Es fällt beispielsweise auf, dass Raiffeisenbanken überproportional oft die Hauptbankbeziehung für Restaurants und Hotels sind. Gut jedes dritte KMU dieser Branche nennt eine Raiffeisenbank als ihre Hausbank. Das sind 14 Prozentpunkte mehr als der durchschnittliche Marktanteil über alle Branchen hinweg. Auf der anderen Seite pflegt dieser Wirtschaftszweig weniger oft eine Hauptbankbeziehung mit Kantonalbanken oder den beiden Grossbanken (4.5 bzw. 7.3 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt). Firmen der MEM-Industrie haben hingegen überproportional oft eine Hauptbankbeziehung mit Grossbanken und Kantonalbanken – sind aber weniger häufig bei einer Raiffeisenbank oder bei PostFinance.
Anzahl Kontobeziehungen nach Grösse
Hinsichtlich der «Anzahl Bankbeziehungen» unterscheiden wir zwischen KMU mit Bankbeziehungen in Form von «Kontobeziehungen» und in Form von «Kreditbeziehungen». Wie in Abbildung 3 dargestellt, hat der Anteil an KMU mit nur einer Kontobeziehung im Vergleich zur Umfrage 2016 etwas abgenommen. Noch immer pflegen aber 41.7 Prozent der KMU nur eine Kontobeziehung. 34.5 Prozent der KMU haben zwei Kontobeziehungen, während 7.5 Prozent der KMU vier oder mehr Kontobeziehungen haben.
Erwartungsgemäss unterhalten Mikrounternehmen im Durchschnitt weniger Bankbeziehungen als kleine oder mittlere Unternehmen. 48 Prozent der KMU mit 2-9 Beschäftigten verfügen nur über eine einzige Bankbeziehung. Im Durchschnitt haben Mikrounternehmen 1.74 Bankbeziehungen. Zwei von drei kleinen Unternehmen (10 bis 49 Mitarbeitende) haben zwischen zwei und vier Kontobeziehungen. Durchschnittlich verfügen KMU dieser Unternehmensgrösse über 2.27 Bankbeziehungen. KMU mit mehr als 50 Beschäftigten unterhalten in der Regel ebenfalls mehrere Bankbeziehungen (im Durchschnitt 3.17). Nur 15 Prozent der mittelgrossen Unternehmen verfügt nur über eine Bankbeziehung.
Anzahl Kreditbeziehungen der KMU
Das Bild der Kreditbeziehungen sieht leicht anders aus. Rund 82 Prozent der KMU mit einem Bankkredit haben nur mit einer Bank eine Kreditbeziehung (vgl. Abbildung 4). Weitere 14 Prozent der KMU hat mit zwei verschiedenen Banken Kreditbeziehungen und knapp 5 Prozent haben 3 oder mehr Banken als Kreditgeber.
Wenig überraschend verfügen grössere KMU typischerweise über eine höhere Anzahl an Kreditbeziehungen als kleinere KMU. Während Mikrounternehmen im Durchschnitt nur 1.15 Kreditbeziehung pflegen, liegen diese Werte bei den kleinen Unternehmen mit 1.33 und bei mittleren Unternehmen mit 1.92 etwas höher. Während die Schweizer KMU im Durchschnitt über 1.93 Bankkontobeziehungen verfügen, haben KMU mit einem Kredit im Durchschnitt mit 1.24 Banken eine Kreditbeziehung.
Wechselbereitschaft der KMU
Wie oben aufgezeigt, greift ein Grossteil der KMU auf eine oder zwei Banken zurück, um ihre Finanzgeschäfte zu tätigen. Vor diesem Hintergrund ist es interessant zu analysieren, welcher Anteil der befragten KMU in der Vergangenheit einen Wechsel ihrer Hausbank vollzogen hat. Zudem ist spannend zu untersuchen, ob KMU möglicherweise unzufrieden mit ihrer Hausbank sind und für die nahe Zukunft entsprechende Wechselabsichten hegen. Je höher die entsprechenden Wechselabsichten sind, desto höher ist die vermutete Unzufriedenheit mit den Hausbanken.
Abbildung 5 zeigt, dass nur sehr tiefe 1.4 Prozent aller KMU in den letzten zwölf Monaten die Hausbank gewechselt hat (2016: 2.3%). Auch im europäischen Vergleich ist die Wechselbereitschaft von Schweiz KMU eher tief einzustufen. Auf der anderen Seite planen etwas mehr KMU einen baldigen Wechsel in den kommenden zwölf Monaten als noch bei der letzten Umfrage 2016. 3.4 Prozent der KMU geben bei der diesjährigen Befragung an, dass sie bald die Hauptbankbeziehung wechseln möchten. Grundsätzlich sind beide Werte (durchgeführte Wechsel wie auch Wechselabsicht) tief und es kann davon ausgegangen werden, dass die meisten Schweizer KMU grundsätzlich mit ihren Hausbanken zufrieden sind. Zudem ist ein Wechsel der Hauptbankbeziehung jeweils mit Aufwand in Form von Zeit und Kosten verbunden und um diese Aufwände zu rechtfertigen, müssten sich die Leistungen der neuen Hausbank deutlich von denen der letzten Hausbank abheben. Trotzdem ist bemerkenswert, dass die zukünftigen Wechselabsichten – wenn auch auf tiefem Niveau – zugenommen haben. Ebenso zugenommen hat der Anteil KMU, welcher bezüglich eines zukünftigen Wechsels noch unschlüssig ist (9.7% gegenüber 5.6%).
Fazit
Während Schweizer KMU im Durchschnitt bei 1.93 Banken über Kontobeziehungen verfügen, pflegen sie im Durchschnitt mit 1.24 Banken eine Kreditbeziehung. Das entspricht den tief erwarteten Werten. Gleichzeitig verfügen aber fast ein Viertel der – vor allem grösseren – KMU auch über drei oder mehr Bankbeziehungen. Insbesondere bei diesen Unternehmen ist die Position als «Hausbank» wichtig. Die Wechselbereitschaft ist zwar auch in einem internationalen Vergleich nach wie vor gering. Es planen derzeit aber mehr KMU einen Hausbankenwechsel, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Dies kann möglicherweise dadurch erklärt werden, dass Hausbankbeziehungen oftmals in konjunkturellen Schwächephasen oder Krisen stärker leiden.
Wie wir oben aufgezeigt haben, sind die verschiedenen Bankengruppen in den verschiedenen Märkten unterschiedlich stark positioniert. Insgesamt sind aber die Kantonalbanken und die Grossbanken die klar wichtigsten Ansprechpartner für KMU. Die Raiffeisenbanken und PostFinance können am ehesten bei Mikrounternehmen und die Raiffeisen auch bei Hotels und Restaurants punkten.
PS: Die vollständige „Studie zur Finanzierung von KMU in der Schweiz 2021“ mit weiteren spannenden Resultaten wird bald publiziert und kann beim SECO und auf diesem Blog heruntergeladen werden
PPS: Weitere spannende Informationen zur Zufriedenheit und Wechselbereitschaft von Retailkunden werden wir anlässlich der Retail Banking Konferenz am Nachmittag des 25. November 2021 vorstellen.
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