18. August 2021
Liiva im Test – eine Einschätzung zum Ökosystem von Raiffeisen und Mobiliar
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Die Wohneigentumsplattform Liiva von Raiffeisen und Mobiliar geht heute an den Start. Das Projekt ist interessant und ambitioniert. Daher möchte ich im heutigen Blog auf die wichtigsten Angebote und weiteren Pläne der Firma eingehen.
Die beiden grossen genossenschaftlich organisierten Firmen in der Schweizer Finanzindustrie, die Raiffeisen Gruppe und das Versicherungsunternehmen Mobiliar, lancieren heute ihr Joint-Venture Liiva. Die Plattform von Liiva soll dazu dienen, Bedürfnisse rund um das Thema privates Wohneigentum abzudecken und ist ein zentraler Baustein des Ökosystems «Wohnen» der beiden Firmen. Liiva ist keine App, aber für alle Arten von Geräten als responsive Webseite zugänglich.
Das Projekt wurde im Januar mit einem ziemlich ambitionierten Zeitplan gestartet. In der Zwischenzeit hat Liiva zehn Mitarbeitende. Phil Lojacono, ehemaliger Gründer von Advanon (und Absolvent der Hochschule Luzern) ist CEO.
Das Angebot ist zumindest in einer ersten Phase nur für private Wohneigentümer. Institutionelle Kunden oder Renditeobjekte sind nicht im Fokus der derzeitigen Angebotspalette. Das Zielbild von Liiva sieht vier Angebotsbereiche vor:
- Immobiliensuche: Auf Liiva werden ähnlich wie bei Comparis die Immobilienobjekte fast sämtlicher Schweizer Plattformen aufgezeigt. Die entsprechende Meta-Plattform wird im Gegensatz zu Comparis aber noch mit wertvollen Zusatzinformationen angereichert (siehe unten).
- Dokumentverwaltung: Aktuelle Eigentümer können auf Liiva ihre Liegenschaftsdokumente abspeichern (Pläne, Versicherungen, etc.).
- Modernisierungsplanung der Liegenschaft: Zudem können Immobilieneigentümer unter anderem auch den geplanten Investitionsbedarf für die Immobilien betrachten.
- Marktplatz: Auf dem Marktplatz sollen zu einem späteren Zeitpunkt verschiedene Informationen rund um den Verkauf der Liegenschaft zur Verfügung stehen (ähnlich wie MoneyPark dies derzeit umsetzt). Mit der heutigen Lancierung steht dieser Bereich aber noch nicht zur Verfügung.
Nachfolgend werde ich daher die ersten drei Angebotsbereiche weiter ausführen.
Immobiliensuche
Wie oben angedeutet, bietet Liiva mit ihrer Immobiliensuche eine ähnliche Lösung an wie jene von Comparis. Auch Liiva ist eine Meta-Plattform, welche die Immobilienverkaufsangebote von allen relevanten Plattformen der Schweiz zusammenträgt (Mietwohnungen erscheinen nicht). Um sich zu differenzieren, liefert Liiva aber mehrwertstiftende Zusatzinformationen. Ähnlich wie beispielsweise der (frühere) UBS Immo Check werden verschiedene Zusatzinformationen zum Standort der Immobilie wie zum Beispiel die Steuerbelastung, die Reisezeit ins nächste Grosszentrum oder das Bevölkerungswachstum angezeigt (vgl. Abbildung 1). Zudem wird eine kostenlose Einschätzung gegeben, ob der geplante Verkaufspreis in etwa dem Marktwert entspricht.

Zudem steht den Plattformnutzern die Möglichkeit zur Verfügung, verschiedene Immobilienobjekte direkt zu vergleichen. Um eine Finanzierungsanfrage zu starten, leitet Liiva die potenziellen Kunden zur lokalen Raiffeisenbank-Webseite oder zur nächsten Agentur der Mobiliar weiter. Mittelfristig ist es aber das Ziel, den Finanzierungsprozess, zusammen mit den lokalen Raiffeisenbanken und Generalagenturen, zu digitalisieren.
Nach Registration findet man auf Liiva auch einzelne Beiträge, die für potenzielle Hauskäufer von Nutzen sein sollen (z.B. wie soll man Preisverhandlungen führen oder worauf soll man bei Hausbesichtigungen achten?)
Dokumentenverwaltung und Modernisierungsplanung «Ihr Zuhause»
Die Immobiliensuche ist sicherlich spannend und auch optisch aus meiner Sicht gut gemacht. Der Kern des derzeitigen Angebots, und auch der stärkere Differenzierungsfaktor, ist für mich aber der «Wohnen/Ihr Zuhause»-Teil.
- Als erstes können Immobilienbesitzer verschiedene Dokumente rund um ihre Immobilie (zum Beispiel Baupläne, Verkaufs-, Finanzierungs- und Versicherungsdokumente) auf Liiva hochladen. Insofern bietet Liiva eine Art Safe-Funktion (Angebot von UBS Safe).
- Als zweites hat man die Möglichkeit, den Marktwert seiner Immobilie kostenlos zu berechnen (basierend auf IAZI-Daten).
Eine dritte, spannende Funktion ist der Modernisierungsvorschlag (vgl. Abbildungen 2 und 3). Dieser bietet aus meiner Sicht für den Kunden einen Mehrwert, da er unter anderem basierend auf dem Jahrgang der Liegenschaft und den einzelnen Liegenschaftskomponenten übersichtlich aufzeigt, wie hoch die angestauten Investitionen in Renovationen ausfallen würden, respektive wann welche Renovationskosten in etwa anfallen werden (z.B. Bad, Küche, Dach, Fassade, …). Zudem wird eine erste Einschätzung zum energetischen Zustand einer Immobilie aufgezeigt und kostenlos angegeben, wie man diesen durch Renovationsmassnahmen verbessern kann. Es wird auch gezeigt, welche energetische Ersparnisse die verschiedenen Modernisierungen bringen könnten.
Die verschiedenen Objektinformationen findet man zusammengefasst im Liiva Cockpit.
Zu einem späteren Zeitpunkt wird Liiva möglicherweise auch helfen, die richtigen Partner (z.B. lokale Malergeschäfte und Heizungsmonteure) für die einzelnen Modernisierungsprojekte zu finden (Ausbau Ökosystem).
Die Funktionalitäten finde ich, wie oben bereits erwähnt, interessant. Gleichzeitig ist der Neuigkeitsgehalt insgesamt noch eher gering. Ähnliche Lösungen kennt man von Houzy oder auch von Renovationsrechnern, welche verschiedene Banken anbieten (Anmerkung: Die UBS hat ihren Immo-Check per Ende Juli «verschlankt» – neu bieten sie nur noch einen Kaufpreis-Check an).
Sinnvoll wäre es aus meiner Sicht, wenn die Mobiliar beispielsweise das in ihrem Besitz befindliche Westschweizer Startup Buildigo auch in Liiva integrieren würde. Buildigo ist eine 2017 gegründete digitale Plattform zur Vermittlung von Handwerkern – und ist bisher vor allem in der Westschweiz tätig. Auf der Handwerkerplattform Buildigo können Schreinereien, Malergeschäfte oder Elektroinstallationsgeschäfte gefunden werden. Die Integration solcher Angebote in das Ökosystem von Liiva wäre entsprechend sinnvoll für die Plattform.
Fazit
Mit Liiva lancieren, nach UBS mit key4 oder Helvetia mit MoneyPark, auch die Raiffeisen und Mobiliar eine Plattform zum Thema «Wohnen» (derzeit ist die Plattform aber vor allem für Immobilienbesitzer respektive -erwerber konzipiert). Vermutlich werden mittelfristig bis langfristig mehrere solcher Plattformen nebeneinander existieren können. Der Konkurrenzkampf um das «beste Ökosystem» wird aber sicherlich zunehmen.
Die Grundvoraussetzungen für Liiva mit ihren beiden starken Besitzerfirmen Raiffeisen und Mobiliar sind grundsätzlich gut. Beide genossenschaftlich verankerten Firmen haben eine starke Marke, sind schweizweit gut vernetzt und derzeit gut positioniert. Vor allem die Mobiliar ist zudem im Thema Ökosystem in der Schweiz schon ziemlich weit fortgeschritten. Der Versicherer hat sich strategisch auf die zwei Ökosysteme «KMU Dienstleistungen» und «Mieten, Kaufen, Wohnen» fokussiert und hier schon grössere Investitionen getätigt (u.a. Partnerschaften oder Beteiligungen an Buildigo, aroov, swisscaution, Credit Exchange oder ImmoScout24). Die Raiffeisen ist derzeit in Bezug auf das Thema Ökosystem noch weniger weit entwickelt. Ihre Kundennähe ist aber sicherlich ein grosser Trumpf für solche Projekte. Gleichzeitig kann die Stärke dieser beiden starken Partner auch eine potenzielle Schwäche dieses Projekts werden, wenn sich die beiden Mutterhäuser über die strategische Ausrichtung nicht mehr einig wären.
Durch Liiva erhoffen sich beide Firmen auch direkte Vorteile. Die Raiffeisen hofft, an weitere Finanzierungsmöglichkeiten heranzukommen. Die Mobiliar erhofft sich, über Liiva noch stärker bei den Kunden präsent zu sein und möglicherweise auch Cross-Selling Angebote lancieren zu können. Beispielsweise könnte nach einer Mehrinvestition im Haus die Erhöhung einer Hausratsversicherung empfohlen werden.
9. August 2021
Verändern Ökosysteme rund ums Wohnen das Hypothekargeschäft?
Von Dr. Urs Blattmann
Finanzinstitute haben in den letzten Jahren vermehrt in Ökosysteme, insbesondere in solche rund ums Wohnen investiert. Die IFZ Sourcing Studie hat diese Entwicklung analysiert und mögliche Konsequenzen für Finanzinstitute dargestellt. Nachfolgend werden vorab einige Erkenntnisse aufgezeigt.
Es ist heute weitgehend unbestritten, dass sich die Mehrzahl der potenziellen Hypothekarnehmer, bevor Sie ein Haus erwerben, zunächst im Internet Informationen beschaffen. Klar ist auch, dass die ersten Gedanken nicht bei der Hypothek und damit beim Anbieter von Finanzierungslösungen liegen. Vielmehr beschäftigt den potenziellen Kunden, wo er ein geeignetes Objekt finden kann, und ob er sich dieses Objekt auch wird leisten können.
Für Banken und Versicherungen bedeutet dies, dass der potenzielle Kunde vor der Frage der Finanzierung eine ganze Reihe von Informationen benötigt, die er aber nicht bei seinem Finanzinstitut sucht. Mit anderen Worten, andere Dienstleister wie Immobilien-Plattformen oder Immobilien-Makler haben mit dem Kunden schon Kontakt, lange bevor dieser sich überlegt, wo er wohl seine Hypothek bekommt. Aus diesem Grund versuchen Anbieter von Ökosystemen rund ums Wohnen dem Kunden eine Plattform anzubieten, wo alle seine Bedürfnisse zu diesem Thema abgedeckt werden. Dabei steht natürlich nicht nur die Gewinnung von Kunden, die neu ein Haus oder eine Wohnung kaufen möchten, im Vordergrund, sondern auch die Bindung von Wohneigentümern, die allenfalls Bedarf an bestimmten Handwerkern haben. Auf diese Weise möchten die Anbieter von Hypotheken mit dem Kunden zumindest indirekt früher in Kontakt kommen, um so die Wahrscheinlichkeit, bei der Finanzierung schliesslich zum Zug zu kommen, zu erhöhen. Oder mit anderen Worten: Der Kampf um den Kunden beginnt in Zukunft zu einem früheren Zeitpunkt als heute.
Helvetia, Mobiliar mit Raiffeisen aber auch Valiant oder Baloise und UBS mit key4, die vor kurzem eine Zusammenarbeit angekündigt haben, haben sich deshalb schon intensiv mit dem Thema beschäftigt und zum Teil auch beträchtliche Summen in den Aufbau entsprechender Plattformen investiert. Im Rahmen unserer Studie haben wir deshalb die Frage untersucht, wohin diese Entwicklung führen könnte. Längerfristig, d.h. in einem Zeitraum von rund 10 Jahren, gehen die meisten der befragten Expertinnen und Experten davon aus, dass sich in der Schweiz eines bis drei Ökosysteme im Bereich Wohnen durchsetzen werden. Einer der Orchestratoren eines bereits bestehenden Ökosystems erwartet sogar, dass gemäss dem Motto «the winner takes it all», dem Erfolgreichen besondere Vorteile winken.
Es ist aber offensichtlich, dass die Ökosysteme rund ums Wohnen in der Schweiz bezüglich Einfachheit und Bedienerfreundlichkeit aber auch in Bezug auf Reichweite und Akzeptanz noch nicht den Stand der grossen, internationalen Ökosysteme erreicht haben. Auch bezüglich Struktur und Lösungsangebot sind noch deutliche Unterschiede auszumachen:

Und wie beurteilen die Banken den Trend rund um die Ökosysteme Wohnen? Im Moment kann die Einschätzung der Banken im grossen Ganzen wie folgt zusammengefasst werden: Grundsätzlich sieht man in Ökosystemen eher Chancen als Risiken und ist daran interessiert im Thema Wohnen in der eigenen Region auch auf den digitalen Kanälen präsent zu sein. Im Grunde sei das «Asset» der Bank aber nach wie vor die Beratung. Entsprechend müssten Banken versuchen, mit den neuen Möglichkeiten auch ihren Beratungskatalog zu erweitern. Nur so werde es gelingen, sich auch in Zukunft mit Beratung und regionaler Nähe differenzieren zu können. Insofern komme es den Instituten entgegen, dass bei Neuhypotheken die Abschlüsse in der Regel über die Beratung erfolgen.
Ergänzend ist dazu festzuhalten, dass der Markt der Online-Neuhypotheken – wenn auch noch auf einem geringen Niveau – stetig wächst. Mit der gleichzeitig zu erwartenden Volumenzunahme bei den Ökosystemen dürfte sich eine Wechselwirkung ergeben, die in beiden Bereichen zu einem beschleunigten Wachstum führen dürfte. Tendenziell wird sich das Hypothekargeschäft dadurch noch vermehrt in Richtung der digitalen Kanäle entwickeln, respektive der digitale Anteil im hybriden Ansatz wird weiter an Bedeutung gewinnen.
Da sich, wie bereits eingangs festgestellt, die Mehrzahl der Kunden vor dem ersten Gespräch mit der Bank oder Versicherung im Internet informiert und die Suchmaschinen dabei eine wichtige Funktion übernehmen, ist davon auszugehen, dass diese die Suche der Kunden zunehmend in Richtung der Ökosysteme lenken werden. Insgesamt ist somit durchaus von einer Veränderung des Hypothekargeschäftes auszugehen.
Damit dürften die Auswirkungen auf die Banken aber noch nicht abgeschlossen sein. Nach Einschätzung der Autoren der Studie, die von den Banken bestätigt wird, dürfte die intensivere Nutzung des Internets, wo Vergleiche nur einen Klick entfernt sind, nochmals zu einem Anwachsen des Margendrucks führen. Dies wiederum wird bei Banken die Kostensensitivität insbesondere auch bei der Abwicklung von Hypothekargeschäften deutlich erhöhen. Zudem wird die Auseinandersetzung mit der zukünftigen Rolle der Bank in diesem Geschäft auf der strategischen Ebene auch zu einem Überdenken der Geschäftsmodelle führen. Denn diejenigen Institute, welche sich an Ökosystemen beteiligen wollen, müssen zum einen ihre Rolle genau definieren und zum andern einen exakten Plan entwickeln, wie sie trotz sinkender Margen im Markt erfolgreich bestehen wollen. Und damit kommt dann wieder die Kostenseite und die Frage ins Spiel, ob die Bank selbst noch in der Lage ist, ausreichend kostengünstig zu produzieren und ob sich die erforderlichen Investitionen beispielweise in die Digitalisierung der Verarbeitung des Hypothekargeschäftes noch rechnen.
Fazit
Auch wenn die Autoren den aktuellen Stand der in der Schweiz bereits bestehenden Ökosysteme rund ums Wohnen als am Anfang der Entwicklung stehend beurteilen, so erachten sie es im hohen Mass als wahrscheinlich, dass diese zu einer Veränderung der Abwicklung des Hypothekargeschäftes führen und für die Banken auch weitere Veränderungen zur Folge haben werden. Es ist letztlich zu erwarten, dass diese Entwicklung zu einer Schärfung der Geschäftsmodelle führen dürfte und dass Banken als Konsequenz dieser Überlegungen Prozesse, die heute noch als unverzichtbar gelten, auslagern werden oder dass sie Leistungen, welche sie heute im Alleingang erbringen, in Zukunft in vielfältigen Formen der Zusammenarbeit erstellen werden.
Die IFZ Sourcing Studie wird am 24. August 2021 im Rahmen der IFZ Sourcing Konferenz, wo auch Orchestratoren von Ökosystemen ihre Überlegungen präsentieren werden, ausführlich vorgestellt und anschliessend veröffentlicht. Informationen und Anmeldung zur Konferenz hier.
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2. August 2021
Privacy-Enhancing Technologien: Die Zukunft der gemeinsamen Datennutzung in der Finanzindustrie
Von Prof. Dr. Thomas Ankenbrand, Dr. Denis Bieri, Damian Lötscher, Aetienne Sardon, Christian Schuepbach, David Vasella und Dominic Vincenz
Mit der Digitalisierung vieler Lebensbereiche werden immer mehr Daten gesammelt. Da die Qualität und die Möglichkeiten für neue Erkenntnisse oft mit der Menge der verfügbaren Daten steigen, birgt der Datenaustausch grosses Potenzial. Dies gilt grundsätzlich auch für die Finanzindustrie. Rechtliche Einschränkungen und teilweise auch Bedenken von Kunden haben das Ausschöpfen des Potenzials des Datenaustauschs zwischen Finanzinstitute in der Vergangenheit aber limitiert. Dies gilt insbesondere für persönliche Informationen von Bankkunden, welche als sehr sensibel gelten und auch durch Schweizer (z.B. Datenschutzgesetz und Bankkundengeheimnis) und internationale Gesetze (z.B. GDPR in der EU) geschützt sind.
PrivacyEnhancing Technologien sind Teil des Datenschutzes und können helfen, den Zielkonflikt zwischen dem Potenzial des Datenaustauschs und dessen Herausforderungen zu lösen. Generell geht es bei der Datensicherheit um den Schutz von Daten in allen Formen und Zuständen, d. h. im Ruhezustand, bei der Übertragung und bei der Nutzung. Für die ersten beiden Zustände existieren bereits bewährte Schutzkonzepte. Zum Beispiel werden Daten verschlüsselt, so dass selbst bei einem Diebstahl kein Zugriff auf die Informationen möglich ist. Weiter gibt es auch Verschlüsselungsmethoden, die Daten während der Übertragung schützen, so dass nur autorisierte Parteien die Informationen sehen können, während sie sich zwischen Servern und Anwendungen bewegen.
Der Schutz von Daten während der Nutzung ist hingegen schwieriger, insbesondere wenn Berechnungen durchgeführt werden sollen. Dies liegt daran, dass Anwendungen oftmals nur Daten im Klartext, also in unverschlüsselter Form, verarbeiten können. PrivacyEnhancing Technologien bieten Lösungen, um Daten auch dann zu schützen, wenn sie verarbeitet oder für Analysen verwendet werden. Damit kann das Potenzial der gemeinsamen Nutzung von Daten unter Wahrung der Privatsphäre ausgeschöpft werden. Insbesondere erlauben Methoden aus dem Bereich der PrivacyEnhancing Technologien, sensible Daten für Auswertungen und Berechnungen zu nutzen, ohne sie Drittengegenüber offenlegen zu müssen (Burke, Brian,o. J.).
Welche Technologien gibt es?
Eine Übersicht über ausgewählte PrivacyEnhancing Technologien, welche grundsätzlich auf die Erhöhung der Datensicherheit abzielen, findet sich in der Abbildung unten. Dabei wird zwischen Trusted Execution Environments, Differential Privacy, Homomorphic Encryption, Zero-Knowledge Proofs, Federated Analysis und Secure Multiparty Computation unterschieden. Da sich alle diese Ansätze in ihrem Aufbau und/oder in ihrer Funktionsweise voneinander abgrenzen, eignen sie sich für verschiedene Anwendungsfälle.

Trotz der vergleichsweisen hohen Komplexität der entsprechenden Technologien ist das Potenzial für die Finanzindustrie, das sich durch PrivacyEnhancing Technologien eröffnet, gross. Vielfältige Anwendungen werden möglich, die zuvor im beschriebenen Zielkonflikt standen. Beispielsweise ermöglicht die Nutzung von Trusted Execution Environments (TEE) die geschützte Ausführung von sensiblen Applikationen und Verarbeitung von Daten, auch in einer (public) Cloud Umgebung. Damit können die Vorteile einer Cloud Umgebung genutzt werden, während Kundendaten in allen Zuständen, also während der Speicherung, der Übertragung sowie der Auswertung, geschützt sind und somit nur dem Dateneigentümer in unverschlüsselter Form zugänglich sind. Mögliche Anwendungsfälle hierfür sind Banking-as-a-Service (BaaS) Lösungen, bei denen im herkömmlichen Fall der Cloud Anbieter über unverschlüsselte Kundendaten verfügt. Werden dagegen TEEs von Providern zur Verarbeitung und Speicherung sensibler Daten eingesetzt, könnte dies das Sicherheitsniveau der entsprechenden Dienste zusätzlich erhöhen. Die Swisscom nutzt die TEE-Technologie in Zusammenarbeit mit Decentriq bereits für ein Umfragetool, das die Antworten der Befragten technologiebasiert geheim hält.[1]
Die Technologien haben auch das Potenzial für neue Geschäftsfelder. Beispielsweise könnte Differential Privacy im Bereich von Personal Finance Management (PFM) Systemen helfen, Ausgabengewohnheiten von anderen Nutzern anonym und indirekt mit anderen Nutzern zu teilen. So können Empfehlungssysteme für Kunden zusätzlich auf den Erfahrungen von Drittanbietern basieren, ohne dass sensible Informationen unverschlüsselt geteilt werden müssen. Die neuen Technologien können der Finanzindustrie auch helfen, Herausforderungen wie die Betrugsbekämpfung unter Berücksichtigung des Datenschutzes gemeinsam anzugehen. Mit Homomorphic Encryption können grosse Datenpools gebildet werden, ohne dass einzelne Einträge unverschlüsselt offengelegt werden. So könnte z. B. die Eintrittswahrscheinlichkeit seltener operationeller Risiken, wie z. B. eines Banküberfalls, durch das Einbeziehen von Daten und Erkenntnissen von Drittinstituten genauer geschätzt werden, als wenn nur Daten des individuellen Instituts berücksichtigt würden. Des Weiteren können PrivacyEnhancing Technologien Einsparpotenziale ermöglichen, beispielsweise indem sensitive Applikationen sicher ausgelagert werden können. Obwohl sich einige der genannten Ansätze noch in der Entwicklung befinden, verdeutlichen die gezeigten Anwendungsfälle das Potenzial für die Finanzbranche. Generell können diese Technologien den Finanzinstituten helfen, die Herausforderungen des Datenschutzes zu meistern und gleichzeitig dessen Potenzial in Form von neuen Geschäftsfeldern, höheren Erträgen, geringeren Kosten und reduzierten Risiken zu erschliessen.
Ausblick und weiterführende Publikation
Die gemeinsame Nutzung von Daten bietet viele Vorteile. Aufgrund der oftmals hohen Sensibilität von Finanzdaten neigen Finanzinstitute jedoch dazu, diese nur zögerlich mit Dritten zu teilen (strategy&,2020). Der potenzielle Wert der gemeinsamen Datennutzung muss gegen die Auswirkungen auf die Privatsphäre der Kunden, die Datensicherheit und die Kontrolle über wettbewerbsrelevante Daten abgewogen werden. Eine mögliche Lösung für diesen Zielkonflikt bieten PrivacyEnhancing Technologien. Durch diese bleiben auch sensible Daten jederzeit geschützt was die Bedenken in Bezug auf das Teilen von Daten reduzieren und das Vertrauen in Institutionen erhöhen oder im Extremfall sogar ersetzen kann.
Für Interessierte bietet die Publikation, die in Zusammenarbeit zwischen dem IFZ und der Swisscom entstanden ist, eine verständliche Einführung in die Thematik der Privacy-Enhancing Technologien und weitere mögliche Anwendungsfälle in der Finanzindustrie.
Burke, Brian. (o. J.). Top Strategic Technology Trends for 2021.Zugriff am 15/02/2021 auf https://www.tom.travel/wpcontent/uploads/2021/01/toptechtrendsgartner2021.pdf
Blake, M., McWaters, J. & Galaski, R. (2019). The Next Generation of DataSharing in Financial Services: Using Privacy Enhancing Techniques to Unlock New Value. World Economic Forum.
strategy&. (2020). Open Banking and Payments Survey. Zugriff am 17. Dezember 2020 aufhttps://www.strategyand.pwc.com/de/de/studie/2020/openbankingandpaymentssurvey.html
[1] Für weitere Informationen siehe auch: https://confidentialinsights.com.
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26. Juli 2021
Ist die Nutzung von Public Cloud-Diensten für Banken möglich?
Von Dr. Felix Buschor
Die Corona-Pandemie hat mit Teams, Zoom, Webex, Miro Board und anderen Produkten schlagartig neue Möglichkeiten der digitalen Zusammenarbeit und Kooperation in unseren Arbeitsalltag getragen. In aller Regel werden diese Lösungen in einer Public Cloud betrieben. Damit sehen sich Banken zunehmend mit der Frage konfrontiert, unter welchen Bedingungen Dienste aus einer Public Cloud genutzt werden können.
Am 28. Februar 2020 hat der Bundesrat gestützt auf das Epidemiegesetz die besondere Lage ausgerufen. Zwei Wochen später wurde die ausserordentliche Lage verordnet. Dies hat für Banken bedeutet, dass von einem Tag auf den anderen ein grosser Teil der Mitarbeitenden von zu Hause aus gearbeitet haben. Wie schnell und reibungslos der Zugriff auf die Banksysteme ermöglicht wurde, hat wohl nicht nur manchen Mitarbeitenden überrascht. Möglich war dieser Übergang vom Büro zum Home Office dank der vielerorts bereits vorhandenen Möglichkeit mittels VPN (Virtual Private Network), oder ähnlichen Technologien sicher, auch ausserhalb des Bankgebäudes, auf Kernbanken- und Arbeitsplatzsysteme zuzugreifen. Während mit diesen technischen Lösungen der Bankbetrieb ungestört weitergeführt werden konnte, hat sich bald herausgestellt, dass die Arbeit aus dem Home Office auch Möglichkeiten der digitalen Kommunikation und Zusammenarbeit, wie Videokonferenzen, das Teilen des Bildschirms oder digitale Whiteboards verlangt. Auf der Suche nach passenden Produkten haben die Banken schnell gemerkt, dass die meisten dieser Lösungen als Dienst in einer Public Cloud angeboten werden. Public Cloud-Dienste sind Angebote eines Providers, der diese offen über das Internet für jedermann zugänglich macht. Public Cloud Provider (PCP) sind beispielsweise Amazon, Google, Microsoft oder Alibaba. Während der ortsunabhängige Zugriff auf die Banksysteme noch über sichere Internetverbindungen ins eigene Rechenzentrum sichergestellt werden konnte, stellte sich mit den neuen Arbeitsformen für die IT-Verantwortlichen auf einmal die Frage: Können wir als Bank überhaupt Public Cloud-Dienste nutzen?
Zurückhaltender Einsatz von Public Cloud-Diensten bei Banken
Gemäss einer weltweiten Studie des Marktforschungsinstituts IDC vom Mai 2020 nutzen 57% der Banken in der einen oder anderen Form Public Cloud-Dienste. Interessanter als die schiere Anzahl von Banken, die Public Cloud nutzen, ist die Frage, wieviel Workload mittlerweile in die Cloud verlagert wird. Gemäss einer Schätzung der Boston Consulting Group vom Mai 2021 verlagern Banken höchstens 15% des Workloads in die Public Cloud. Es darf vermutet werden, dass die Zahlen für Schweizer Banken nochmals tiefer ausfallen. Dies, obwohl in einer Expertenumfrage der SBVg zusammen mit Accenture vom Juni 2021 84% der Interviewpartner Cloud Computing als Schlüssel-Technologie für die zukünftige Orchestrierung der Wertschöpfung sehen. Der zurückhaltende Einsatz von Cloud-Diensten kann unter anderem damit erklärt werden, dass viele Schweizer Banken Standard-Kernbankensysteme einsetzen. Da diese in den meisten Fällen (noch) nicht cloud-fähig sind, können die Banken ihren Workload von Geschäftstransaktionen nicht in eine Public Cloud verlagern. In der Folge haben auch Banken in der Schweiz angefangen in beschränkt kritischen Bereichen Public Cloud-Dienste auszuprobieren. Mal ist dies eine neue digitale Lösung an der Kundenschnittstelle, mal ist dies die Webseite und mal sind dies Data Analytics Berechnungen.
Der unbestrittene Vorteil von Cloud-Diensten liegt zum einen in Einsparungen entlang des gesamten Lebenszyklus von IT-Lösungen, die sich im Einzelfall auf mehr als 20% summieren können. Zum anderen kann die «Time to Market» von Software-Lösungen durch Automatisierung deutlich reduziert werden.
Ort der Datenhoheit als Pièce de Resistance für Banken
Der Sprung in die Cloud erfordert, dass verschiedene Hürden erfolgreich übersprungen werden. So gilt es zwischen einer Single und Multi-Cloud-Strategie zu entscheiden, Fragen der Betriebssicherheit sind zu klären, und Kosten und Risiken der Migration sind durch eine Migrationsstrategie zu optimieren. In all diesen Aspekten ist die «Journey-to-the-Cloud» für Unternehmen vergleichbar und kaum bankspezifisch. Anders stellt sich die Situation rund um das Thema der Datenhoheit dar. Vor allem aufgrund der regulatorischen Rahmenbedingungen sind Banken gezwungen, in Fragen der Datenhoheit ihren eigenen Weg einzuschlagen.
Am 16. Juli 2020 fällte der EU-Gerichtshof ein Urteil in dem als Schrems II bekannten Fall. Mit seiner Entscheidung erklärte der Gerichtshof die Wirkung des EU-US-Datenschutzschilds («Privacy shield») für ungenügend. Damit wurde die wichtigste rechtliche Grundlage, um personenbezogene Daten aus der EU in die USA zu übertragen und dort zu speichern, für ungültig erklärt. Ausschlaggebend für den Gerichtsbeschluss war, dass die amerikanischen Behörden nach dem Recht der Vereinigten Staaten, auf Daten zugreifen dürfen, die aus einem Drittland übermittelt werden. Somit ist es auch für Schweizer Banken im Rahmen einer Cloud-Strategie von grosser Bedeutung festzulegen, in welche Länder personenbezogene Daten zwecks Verarbeitung oder Speicherung übermittelt werden dürfen. Zu beachten ist, dass die Übermittlung von Daten in ein Drittland nicht nur zur dortigen Speicherung erfolgen kann, sondern dass PCP im Rahmen von Betriebsprozessen allenfalls aus einem Drittland auf Daten zugreifen können.
Einen Schritt weiter in der politischen Auseinandersetzung der Datenhoheit geht der US CLOUD Act (Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act), der vom amerikanischen Kongress im Jahre 2018 verabschiedet wurde. Der CLOUD Act besagt, dass US-Firmen den US-Behörden alle Daten auszuhändigen haben, für die ein US-Gerichtsbeschluss vorliegt, und zwar unabhängig davon, wo diese Daten gespeichert sind. In der Praxis könnte dies bedeuten, dass amerikanische Behörden Zugriff auf Daten in einer Cloud erhalten, die ausserhalb der USA, z.B. in der Schweiz gespeichert sind, sofern der PCP ein US-Unternehmen ist. Für die Banken hat dies zur Folge, dass sie sich nicht nur mit den Zielländern der Datenübermittlung, sondern auch mit dem Domizil des PCP und allfälliger Unterlieferanten befassen müssen. Dabei wird es in der Praxis kaum ausreichend sein, sich über das Domizil des Vertragspartners und dessen Unterlieferanten Klarheit zu verschaffen. Vielmehr ist auch das Domizil einer allfälligen Muttergesellschaft zu klären, die den PCP kontrolliert.
Sowohl die Konsequenzen aus Schrems II als auch aus dem US CLOUD Act lassen sich nur beschränkt über vertragliche Regelungen mit dem PCP regeln. Vielmehr kommen darin auch unterschiedliche Rechtsauffassungen zum Ausdruck. So gesehen ist es durchaus nachvollziehbar, wenn Banken zum Schluss kommen, dass Public Cloud-Dienste nicht genutzt werden können. Um voreilige Schlüsse zu vermeiden, sind aber folgende Punkte zu bedenken:
- Fragen rund um die Datenhoheit betreffen in erster Linie personenbezogene Daten, aus Sicht von Banken vor allem die CID (Client Identifying Data). Nicht betroffen sind alle weiteren Daten und deren Verarbeitungen.
- Die Nutzung von Public Cloud-Diensten erfordert nicht in allen Fällen die permanente Speicherung von Daten in der Cloud, d.h. Data-at-Rest. Für Videokonferenzen beispielsweise ist die permanente Ablage von Daten nicht nötig. Es genügt die vorübergehende und kurzzeitige Verarbeitung der Daten, d.h. «Data-in-Use» sind ausreichend.
- Im Falle personenbezogener Daten sind Verträge nicht die einzige Möglichkeit die Risiken zu kontrollieren, sondern es gibt auch technische Möglichkeiten: Daten werden verschlüsselt, personenidentifizierende Daten werden durch ein Pseudonym ersetzt oder Daten werden durch Anonymisierung unwiederbringlich verändert.
Der institutsspezifische Risikoappetit grenzt den Einsatz von Public Cloud-Diensten ein
Mangels klaren Dos and Don’ts für den Umgang mit der Datenhoheit müssen Banken dies im Rahmen der geltenden regulatorischen und gesetzlichen Vorgaben als Teil einer Cloud-Strategie erarbeiten. Die Formulierung einer solchen Strategie erfordert innerhalb der Bank eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Stellen, wie Datenschutz, Rechtsdienst oder IT-Verantwortlichen.
Hilfreich ist es, wenn entlang eines Rasters, wie in Abbildung 3 dargestellt, der Risikoappetit für kundenidentifizierende Daten diskutiert und festgelegt wird. Dabei wird den unterschiedlichen Aspekten der Datenhoheit die mögliche Tiefe der Nutzung von Cloud-Diensten gegenübergestellt. Für die möglichen Kombinationen wird festgelegt, ob sie zulässig, nicht zulässig oder zulässig mit Begleitmassnahmen sind. Am Ende verfügt die Bank über eine klare Richtschnur, unter welchen Bedingungen kundenidentifizierende Daten Public Cloud Providern anvertraut werden dürfen.
Fazit
Neue Arbeitsformen halten in Banken Einzug. Deren erfolgreiche Umsetzung verlangt nach digitalen Lösungen zur Kommunikation und Zusammenarbeit. Diese sind häufig nur als Public Cloud-Dienste erhältlich. Aus diesem Grund stehen heute Banken vor der Frage, unter welchen Bedingungen Public Cloud eingesetzt werden können. Dieser Blog empfiehlt, in einem interdisziplinären Team eine Risikobeurteilung von Aspekten der Datenhoheit durchzuführen.
Möchten Sie das Thema mit uns vertiefen? Dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf (felix.buschor@hslu.ch). Sind Sie an vertiefenden Ausführungen zum Thema Cloud interessiert? Dann melden Sie sich für das IFZ Bank-IT Forum «Journey-to-the-Cloud» an (IFZ Bank-IT Forum: Journey-to-the-Cloud | Hochschule Luzern (hslu.ch))
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1 Kommentare
Sinan Biren
26. Juli 2021
Great article, thank you
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
20. Juli 2021
Marktvolumen von CHF 15.4 Milliarden – Relevanz von Marketplace Lending in der Schweiz steigt
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Prof. Dr. Simon Amrein
Neue Technologien, das Niedrigzinsumfeld und ein verändertes Kundenverhalten schwächen gewisse Wettbewerbsvorteile traditioneller Banken und führen zum Entstehen von neuen Geschäftsmodellen im Finanzsektor. Marketplace Lenders, die mit Online-Plattformen im Schweizer Fremdkapitalmarkt aktiv sind, sind hierfür ein eindrückliches Beispiel. Das Marktvolumen dieser Plattformen erreichte im Jahr 2020 CHF 15.4 Milliarden. Gegenüber 2019 bedeutet dies ein Wachstum von 42 Prozent.
Direkt zum Download der Studie
Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern – Wirtschaft, die Swiss Marketplace Lending Association (SMLA) und die TMF Group haben dieses Jahr den Marketplace Lending Report lanciert. Es handelt sich um die erste umfassende Analyse zur Fremdkapital-Finanzierung von Schweizer Unternehmen, öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Privatpersonen über Plattformen im Internet. Im Gegensatz zu Banken nehmen Marketplace-Lending-Plattformen weder Einlagen entgegen, noch vergeben sie selbst Kredite über die eigene Bilanz. Kreditgeber solcher Finanzierungen sind in der Regel Privatpersonen oder professionelle und institutionelle Investoren wie zum Beispiel Versicherungen, Fonds, Pensionskassen, Banken, oder Family Offices.
Marktvolumen hat sich seit 2017 verdreifacht
Das Gesamtvolumen an Fremdkapital, das im Jahr 2020 über Onlineplattformen verliehen wurde, betrug CHF 15.4 Milliarden. Von 2019 bis 2020 wuchs das Gesamtmarktvolumen (neue Kredite/Anleihen) um 42.5 Prozent. Die Volumina und Wachstumszahlen der verschiedenen Segmente von Marketplace Lending unterscheiden sich aber deutlich. Das Segment der Crowdlending-Kredite erreichte im Jahr 2020 CHF 448.0 Millionen, dasjenige der Broker für Hypothekarkredite, die von institutionellen und professionellen Anlegern finanziert werden, CHF 5.5 Milliarden. Das Volumen im Segment der Kredite und Anleihen für mittlere und grosse Unternehmen sowie öffentlich-rechtliche Körperschaften betrug CHF 9.4 Milliarden (vgl. Tabelle 1).

Hypothekarkredite auf Vermittlungsplattformen mit einem Marktanteil zwischen 3% und 3.5%
Hypothekarkredite stellen den volumenmässig grössten Fremdkapitalmarkt in der Schweiz dar. Vermittlungsplattformen erreichten im Jahr 2020 ein Volumen von rund CHF 5.5 Milliarden, was einem Marktanteil von 3% bis 3.5% der neu ausgegebenen Hypothekarkredite entspricht. Erste Plattformen sind bereits seit 2012 im Markt. In den vergangenen Jahren konnte man beobachten, dass zunehmend auch Banken solche Marktplätze aufbauen. Abbildung 1 gibt Einblick in die Relevanz sowie die Wachstumsdynamik verschiedener Marketplace Lending-Segmente.

Kredite an Gemeinden und Städte als etablierter Markt auf Plattformen
Gemessen am Marktanteil hat das Segment der Kredite an öffentlich-rechtliche Körperschaften eindeutig die höchste Relevanz aller Marketplace-Lending-Segmente erzielt. Die Studienautoren schätzen, dass rund 10% bis 15% aller Kredite an Gemeinden, Städte und Kantone in der Schweiz über Plattformen vermittelt werden. Das Kreditvolumen lag im Jahr 2020 bei CHF 9.4 Milliarden.
Crowdlending-Segment stark von der COVID-19-Krise betroffen
Obwohl das Crowdlending-Segment im Jahr 2020 insgesamt um 7.1% gewachsen ist, waren bestimmte Kreditarten stark von COVID-19 betroffen. Der deutliche Rückgang bei den KMU-Krediten war eine unmittelbare Folge des COVID-19-Kreditprogramms des Bundes. Das Segment der Konsumkredite war aufgrund der zurückgehenden Konsumnachfrage ebenfalls stark von der COVID-19-Krise betroffen. Dies ist auch in Abbildung 2 ersichtlich, welche die monatlichen Neuvolumen von Krediten auf Plattformen von Mitgliedern der Swiss Marketplace Lending Association zeigt. Ab Mai 2020 gingen die Volumen von KMU- und Konsumkrediten stark zurück. Auf der anderen Seite stiegen die hypothekarisch gesicherten Kredite im Jahr 2020 stark an und bewirkten ein Gesamtwachstum des Volumens im Crowdlending-Segment. Wir erwarten eine Erholung des Marktes und eine Beschleunigung des Wachstums nach der Pandemie.

Plattformen für Fremdkapital sind Innovationstreiber in der Schweiz
Marketplace Lending-Plattformen sind Innovationstreiber im Schweizer Fremdkapitalmarkt. Crowdlending-Plattformen gehörten beispielsweise zu den ersten, die in der Schweiz vorwiegend digitale Kreditvergabeprozesse für KMU und Konsumenten angeboten haben. Die Online-Broker im Hypothekenmarkt sind relevante Treiber, die den grössten Schweizer Markt für Fremdkapital bereits seit 2012 digitalisieren. Plattformen für die Kreditvergabe an öffentlich-rechtliche Körperschaften (Gemeinden, Städte, Kantone) haben bereits einen erheblichen Teil dieses Marktsegments erobert und vermitteln seit 2016 eine hohe Anzahl dieser Kredite zu geringeren Kosten als traditionelle Anbieter. Zudem gab es 2020 die ersten digitalen Anleiheemissionen auf Schweizer Plattformen, wodurch ein neues Segment entstanden ist, welches auch die Transparenz solcher Transaktionen im Preisfindungsprozess erhöht.
Marketplace Lending Report Switzerland – 2021
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5. Juli 2021
Frauen und Anlegen – eine schwierige Beziehung?
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dr. Reto Rey und Dr. Tatiana Agnesens
Durch die Entwicklungen an den Finanzmärkten mit steigenden Aktienkursen und einem Nullzins- respektive gar Negativzinsumfeld ist das Thema «Investieren» wieder vermehrt in den Fokus von Privatanlegerinnen und Privatanlegern gerückt. Verschiedene ausländische Studien sind dabei zum Schluss gekommen, dass dabei ein «Gender Gap» in Bezug auf Wertschriften-Investitionen existiert (vgl. beispielsweise Merrill Lynch, 2019). Frauen haben gemäss diesen Studienergebnissen weniger Finanzkompetenz und weniger Selbstvertrauen im Thema als Männer – und sind entsprechend auch weniger in Wertschriften investiert. Im heutigen Blog gehen wir basierend auf einer Umfrage bei mehr als 1’200 Schweizerinnen und Schweizer auf die (möglichen) Geschlechterunterschiede in der Schweiz ein.
Lohnt sich eine Aktieninvestition?
Seit Anfang 1990 hat sich der Wert des breit abgestützten Swiss Performance Index (SPI) in etwa verzwölffacht (plus 1’120 Prozent). Eine Investition in zehnjährige Bundesanleihen in Schweizer Franken hätte in derselben Zeitperiode etwas mehr als eine Verdoppelung des eingesetzten Kapitals ermöglicht (plus 122 Prozent). Die konservative Variante mit dem Kapital auf dem Sparkonto erzielte mit Zinseszins lediglich ein Plus von 53 Prozent. Der Monatsdurchschnitt der publizierten Zinssätze auf Sparkonten von Schweizer Banken betrug seit Januar 1990 1.35 Prozent. Dieser Jahreszinssatz ist tiefer als die Rendite, welche mit dem SPI im Mittel (Median) jeden Monat erreicht wurde. Der SPI ist aber natürlich auch deutlich volatiler und Investitionen darin entsprechend riskanter als bei Investitionen in Bundesobligationen oder wenn das Geld auf dem Sparkonto liegt. So ist der SPI-Index in jedem zehnten der 376 beobachteten Monate mit mehr als 5 Prozent im Minus. Hinzu kommt, dass Investitionen in Aktien auch mit Gebühren belastet werden, welche in der obigen Berechnung noch nicht berücksichtigt wurden. Abhängig von der Gebührenhöhe, reduziert sich der Vermögenszuwachs stark. Bei Gebühren von jährlich 1 Prozent wäre der Vermögenszuwachs bei einer Laufzeit von 31 Jahren noch Faktor 8 (und nicht mehr Faktor 12), bei einer jährlichen Gebühr von 2 Prozent, würde noch eine Versechsfachung des Kapitals resultieren (Die Gebühren würden also die Rendite halbieren). Auch das ist aber noch immer deutlich mehr als mit Obligationen oder Sparkonti.
Kein Interesse an Finanzmärkten
Um von den Möglichkeiten der Kapitalmärkte profitieren zu können, braucht es neben einigen Produktkenntnissen auch ein gewisses Interesse für die Entwicklung der Märkte. Eine im vergangenen August von uns gemeinsam mit der Bank Vontobel und Raiffeisen durchgeführte Umfrage bei mehr als 1’200 Personen in der Schweiz hat aber gezeigt, dass sich nur rund 23 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer stark oder sehr stark für Finanzmärkte interessieren. Auffällig ist dabei insbesondere, dass sich Frauen deutlich weniger für Finanzmärkte interessieren als Männer. Über 40 Prozent der Frauen gaben an, sich «überhaupt nicht» für die Finanzmärkte zu interessieren (Männer: 18%). Lediglich eine von zehn Frauen hat ein starkes oder sehr starkes Interesse an den Entwicklungen der Märkte (Werte von 4 oder 5 auf einer Skala von 1-5). Bei den Männern ist es immerhin mehr als jeder Dritte (vgl. Abbildung 2).
Es zeigen sich jedoch nicht nur Unterschiede über die Geschlechter, sondern auch nach Alterskategorie. Das höchste Interesse zeigen Männer die über 65 oder jünger als 24 Jahre alt sind. Bei Frauen sind die Unterschiede nach Altersklassen weniger stark ausgeprägt. Auffällig ist aber, dass das Interesse für Finanzmärkte bei Frauen in jeder Alterskategorie deutlich geringer ist als dasjenige von Männern.
Männer profitieren mehr von positiven Entwicklungen an den Finanzmärkten
Die Umfragewerte zeigen auch, dass das Interesse für Finanzmärkte stark mit der Investitionsneigung zusammenhängt. Wer sich also mehr für die Finanzmärkte interessiert, ist auch öfters im Besitz von Wertschriften.
Gemäss unserer Umfrage gab jeder zweite Mann an, aktuell Wertschriften zu besitzen, während es bei den Frauen lediglich jede Dritte war (vgl. Abbildung 4). Wie oben aufgezeigt, hat es sich in der Vergangenheit und in einer langen Frist (und einer vereinfachten Sicht) gelohnt, sein Geld in Aktien zu investieren anstatt das Geld auf einem Sparkonto zu belassen
Abbildung 5 zeigt, dass sich der durchschnittlich tiefere Wertschriftenbesitz von Frauen nicht allein durch das tiefere Einkommen der Frauen in unserer Umfrage erklären lässt. Einkommensunabhängig besitzen Männer häufiger Wertschriften als Frauen. Erstaunlicherweise besteht dieser Zusammenhang besonders ausgepräft in den höheren Einkommenskategorien.
Wenig überraschend vor diesem Hintergrund ist auch, dass Frauen weniger vertraut sind mit digitalen Anlagelösungen als Männer. Lediglich 6 Prozent der befragten Frauen geben an, dass sie leichte bis gute Kenntnisse für digitale Anlagelösungen haben. Im Gegensatz dazu liegt dieser Wert bei Männern bei 19 Prozent.
Vorsorgegelder und Frauen
Die unterschiedlichen Interessen für Finanzmärkte werden auch beim Vorsorge-Thema aufgezeigt. Das Anlegen von Vorsorgegeldern ist nicht ausschliesslich eine Aufgabe von Staat und Pensionskassen. Die freiwillige, individuelle, steuerlich begünstigte private dritte Säule des Schweizer Altersvorsorgesystems gewinnt aufgrund von demografischen Entwicklungen und Kürzungen bei der beruflichen Vorsorge an Bedeutung, wird jedoch noch immer (zu) wenig genutzt. Insgesamt besitzen gemäss unserer Umfrage derzeit rund 72% der unter 65-Jährigen eine Säule-3a-Lösung (vgl. Abbildung 6), wobei die Hälfte der 3a-Kontoinhaberinnen und -inhaber den jährlich zulässigen Maximalabzug aufbringen. Und auch hier kann man feststellen: Männer nutzen die Säule 3a häufiger (77%) als Frauen (67%), und dies über alle Einkommensklassen hinweg.
Gemäss unserer Umfrage spart rund die Hälfte der 3a-Bankkunden (fast) ausschliesslich «Cash». Frauen scheinen mit einem im Durchschnitt leicht höheren Cash-Anteil etwas risikoscheuer zu sein als Männer.
Fazit
Die Vermögenskluft vergrösserte sich in den letzten Jahren beträchtlich, wie eine Comdirect-Studie in Deutschland aufzeigen konnten. Besassen Frauen in Deutschland im Jahr 2008 durchschnittlich noch 26 Prozent weniger als Männer, waren es im vergangenen Jahr bereits 41 Prozent weniger (eine ähnliche Studie in der Schweiz ist unsnicht bekannt). Ein möglicher Grund für die Kluft ist die geringe Bereitschaft von Frauen, ihr Geld anzulegen. Darüber hinaus gibt es weitere Faktoren wie das geringere Durchschnittseinkommen, um die es in diesem Blog jedoch nicht gehen soll.
Den von verschiedenen ausländischen Studien aufgezeigte Gendergap bei Investitionen, Finanzkenntnissen und auch Finanzmarktinteresse konnte unsere Studie auch für die Schweiz bestätigen. Um die Lücke zwischen Frauen und Männern bei der Aktienmarktbeteiligung zu schliessen, müssen bei Frauen sowohl das Finanzwissen als auch das Vertrauen in die eigene Kompetenz bei Finanzentscheidungen erhöht werden. Eine Studie von Merrill Lynch (2019) kommt zum Schluss, dass Frauen bei gewissen Finanzthemen wie zum Beispiel dem Bezahlen von Rechnungen oder der Budgetierung gleich selbstbewusst sind wie Männer. Geht es jedoch um das Thema Investieren, sinkt das Selbstbewusstsein signifikant. Aus unserer Sicht ist es aber gerade vor dem Hintergrund der höheren Lebenserwartung von Frauen oder allfälligen Karriereunterbrüchen umso wichtiger, dass Frauen sich verstärkt mit dem Thema auseinandersetzen. Und: davon können nicht nur Frauen, sondern auch Vermögensverwalter und Banken profitieren.
Kommentare
2 Kommentare
elleXX Säule 3a für Frauen: Diversity hat seinen Preis - Smolio
21. November 2021
[…] entsprechend auch weniger in Wertschriften investiert. Die Untersuchungen der Hochschule Luzern zeigen, dass Frauen bei Säule 3a Lösungen etwas risikoscheuer agieren als Männer und einen im […]
Alan Lee
5. Juli 2021
Good post!
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
1. Juli 2021
Vielseitiger Einfluss von Covid-19 auf das Crowdfunding
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Prof. Dr. Simon Amrein
Im Jahr 2020 wurden Projekte im Umfang von über 600 Millionen Franken über Crowdfunding vermittelt. Die Marktentwicklung war stark geprägt von der Covid-19 Krise. So sorgten einerseits Gutscheinverkäufe für das Gewerbe sowie Beiträge an unter der Krise speziell leidenden Privatpersonen für ein rasantes Volumen-Wachstum im Crowdsupporting-Bereich. Auf der anderen Seite hat beispielsweise der Markt für KMU-Kredite (Crowdlending) in 2020 unter der Covid-Krise stark gelitten. Das zeigt unsere neuste Studie zum Crowdfunding Markt Schweiz.
Im Jahr 2020 erreichte das Volumen im Crowdfunding-Markt ein weiteres Mal einen Rekordwert, wie der Crowdfunding-Monitor der Hochschule Luzern zeigt. So wurden über Schweizer Crowdfunding-Plattformen Projekte im Umfang von insgesamt 606.6 Millionen Franken finanziert.
Wachstum unterschiedlich in Crowdfunding-Bereichen
Das Volumen-Wachstum innerhalb der Crowdfunding-Kategorien fiel 2020 vor allem Covid-19-bedingt unterschiedlich aus (siehe Abbildung 1). Insgesamt sehr positiv waren die Effekte der Covid-19-Pandemie für den Bereich Crowdsupporting/Crowddonating, wo das Volumen von 24.6 Millionen im Jahr 2019 auf 44.6 Millionen Franken stieg (plus 82 Prozent). Die zuvor hohe Wachstumsdynamik im Crowdlending hingegen wurde durch Covid-19 gestoppt. Das Marktvolumen stieg gegenüber dem Vorjahr nur noch um sieben Prozent auf 448 Millionen. Im Bereich Crowdinvesting war das Volumen rückläufig und betrug 2020 noch 114 Millionen Franken (-26 Prozent).

Boom dank Corona-Projekten im Crowdsupporting
Besonders im Bereich Crowdsupporting/Crowddonating wurden aufgrund der Coronakrise viele neue Kampagnen durchgeführt. Bei dieser Form des Crowdfundings werden für soziale, karitative, kulturelle oder unternehmerische Projekte Gelder gesammelt. Teilweise ist die Spende an keine Gegenleistung geknüpft, teilweise erhält der Investor oder die Investorin für seinen Beitrag beispielsweise ein Produkt oder einen Gutschein für das Projekt, das er oder sie unterstützt hat. Im letzten Jahr kamen die finanzierten Gelder oft dem lokalen Gewerbe oder Freischaffenden zugute. Einerseits wurden diese Kampagnen über bestehende Schweizer Crowdfunding-Plattformen finanziert. Diese führten meist gezielte Initiativen durch, um solche Kampagnen schnell und einfach zu ermöglichen. Andererseits entstanden auch etwa 40 temporäre Plattformen, die lediglich ein paar Monate online waren. Auf diesen temporären Plattformen wurden während des Lockdowns häufig Gutscheine verkauft, welche dann zu einem späteren Zeitpunkt eingelöst werden können. Die Entwicklung der Volumen sind in Abbildung 2 ersichtlich.

Rund 270’000 Menschen haben sich an Projekten beteiligt
Die Studienautoren schätzen, dass im Jahr 2020 rund 270’000 Schweizerinnen und Schweizer Geld für Crowdfunding-Kampagnen gegeben haben. Sie gehen zudem davon aus, dass 2020 viele Personen zum ersten Mal ein Projekt online finanziert haben. Finanzierungen über das Internet haben sich somit wohl weiter verbreitet.
Wachstum von Crowdlending gebremst
Negative Effekte der Covid-19-Krise waren insbesondere im Bereich Crowdlending zu sehen (siehe Abbildung 3). Zwar ist das Crowdlending-Volumen insgesamt um 7.1 Prozent gewachsen und der Markt für Crowdlending ist volumenmässig noch immer die wichtigste Crowdfunding-Kategorie in der Schweiz. Im Segment der KMU-Kredite war aber ein Rückgang des Volumens von 60.1 Prozent auf noch 95.9 Millionen Franken zu verzeichnen. Grund für diesen Volumenrückgang war in erster Linie das Covid-19-Kreditprogramm des Bundes, über welches KMU von Banken Kredite bis 500’000 Franken zinslos und ohne Kreditprüfung erhielten. Die Crowdlending-Plattformen wurden in diesem Kreditprogramm nicht miteinbezogen. Das Volumen von Konsumkrediten über Crowdlending-Plattformen ging 2020 ebenfalls zurück, von 67.7 auf 55.4 Millionen Franken. Kräftig zulegen konnten hingegen Immobilienkredite, deren Volumen auf 296.7 Millionen Franken stieg.

Für das Jahr 2021 rechnen die Studienautoren insgesamt wieder mit einem höheren Wachstum des Schweizer Crowdfunding-Marktes und mit einem Volumen zwischen 650 und 850 Millionen Franken.
Crowdfunding Monitor Schweiz – 2021
Crowdfunding Monitor Schweiz – 2021
Der «Crowdfunding Monitor Schweiz» wird jedes Jahr vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern mit Unterstützung der Schweizer Crowdfunding-Plattformen durchgeführt. Wir danken folgenden Plattformen, welche die Studie in Form von Daten unterstützt haben: Acredius, Beedoo, Cashare, CreditGate24, Creditworld, Crowd4cash, Crowdhouse, Crowdify, Crowdli, Foxstone, Funders, GivenGain, I believe in you, I care for you, Imvesters, Investiere (Verve Ventures), Lend, Lendora, Lokalhelden, Neocredit, Progettiamo, Projektstarter, Raizers, SigImpact, Splendit, Swisslending, Swisspeers, Wemakeit und Yes We Farm.
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21. Juni 2021
Wie wird die Bargeldversorgung der Zukunft sichergestellt? Entwicklungen und Optionen
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Der Zugang zu Bargeld soll für die Bevölkerung trotz dessen abnehmender Bedeutung als Zahlungsmittel auch weiterhin gewährleistet bleiben. Derzeit sind Bancomaten für den Bezug von Bargeld zentral. Deren effizienter Betrieb wird aber zunehmend zu einer Herausforderung für die Banken. Geringere Transaktionsvolumina führen aufgrund der hohen Fixkosten einer Bargeld-Infrastruktur zu steigenden operativen Kosten pro Transaktion. Im heutigen Blog zeige ich daher auf, wie sich die Bargeldversorgung in der Schweiz in den kommenden Jahren entwickeln könnte und welche Rolle Banken dabei spielen werden.
Bargeld ist noch immer sehr wichtig in der Schweiz. Gemäss der im Jahr 2017 von der SNB durchgeführten Zahlungsmittelumfrage ist Bargeld das meistgenutzte Zahlungsmittel von Privathaushalten in der Schweiz. Gleichzeitig kann man anhand von verschiedenen Statistiken feststellen, dass die Relevanz von Bargeld – zumindest als Zahlungsmittel – im Alltag abnimmt. Wie ich im Rahmen eines anderen Blog-Artikels einmal aufgezeigt habe, schwindet der Vorsprung von Bargeld auf andere Zahlungsmittel zunehmend. In den nächsten zwei Jahren wird die Debitkarte in Bezug auf das Volumen das wichtigste Zahlungsmittel der Schweiz. Zudem werden die Mobile Payment-Anbieter die Relevanz von Bargeld weiter reduzieren. Obwohl Bargeld in Zukunft an Bedeutung verlieren wird, werden wir auch mittel- bis langfristig nicht in einer völlig bargeldlosen Schweiz leben. Zudem hat sich auch in der Pandemie gezeigt, dass die Bedeutung von Bargeld für die Gesellschaft gerade in Krisenzeiten unbestritten hoch ist. So konnte man beispielsweise beobachten, dass Bargeld als Wertaufbewahrungsmittel wieder an Bedeutung gewonnen hat. Bargeld ist in der Schweiz auch ein wichtiger Vertrauensanker für die Bevölkerung.
Der Zugang zu Bargeld soll entsprechend trotz der abnehmenden Bedeutung von Bargeld als Zahlungsmittel auch weiterhin gewährleistet bleiben.
Die Bancomaten bleiben die beliebteste Bezugsquelle für Bargeld in Europa, wie auch die EZB in ihrer Studie «Space» vom Dezember 2020 bestätigt. Als Betreiber der Bancomaten stehen Banken aber angesichts von geringeren Bargeld-Transaktionen vor der Herausforderung, ihre Bancomaten auch künftig wirtschaftlich betreiben zu können.
Die jährlichen Kosten für die Bargeldversorgung werden in einem Whitepaper von SIX («The Future of Money») auf rund CHF 900 Millionen für den Bankensektor und auf rund CHF 1.3 Milliarden für den Detailhandel beziffert. Als einer der Kostentreiber aus Bankensicht wurde dabei die Anzahl an Bancomaten identifiziert. Die Zahl der Bancomaten hat sich gemäss SNB-Statistik zwischen 2005 und 2019 stetig erhöht. Seit 2020 nimmt die Zahl hingegen wieder etwas ab. Per März 2021 gibt es hierzulande 6’881 Geldautomaten (vgl. Abbildung 1). Dieser Trend hat wohl nicht zuletzt gedreht, weil Investitionskosten und Betrieb eines Automaten teuer sind.
Ein Gerät dieser Art kostet einmalig und abhängig von den Funktionalitäten (z.B. Einzahlungsmöglichkeiten) und inklusive dem Einbau ca. CHF 40’000 bis CHF 90’000.Danach fallen wiederkehrend (abhängig von der Standortmiete und der Videoüberwachung) rund CHF 15’000 bis CHF 40’000 Unterhalt pro Jahr an.
Auch die Zahl der Bargeldabhebungen an Bancomaten hat sich gemäss Statistiken in den vergangenen Jahren stark reduziert.
Banken müssen reagieren
Die Retailbanken werden in Anbetracht der sinkenden Margen auch künftig gezwungen sein, ihre Betriebskosten weiter zu optimieren. Entsprechend müssen sie auf das veränderte Kundenverhalten in Bezug auf die Bancomaten-Transaktionen eine Antwort haben. Dabei muss einerseits die Anzahl der Bancomaten als auch die (Effizienz der) Bewirtschaftung kritisch hinterfragt werden. Geringere Transaktionsvolumina führen aufgrund der hohen Fixkosten einer Bargeld-Infrastruktur zu steigenden operativen Kosten pro Transaktion.
Schweizer Banken sind bisher nicht untätig geblieben in Bezug auf die Effizienzsteigerungen in der Bargeldversorgung. Die folgenden Massnahmen konnten beobachtet werden (nicht abschliessend)
- Bereits heute haben Banken die Kräfte in der Bargeldversorgung gebündelt. Rund 6’000 der fast 7’000 Schweizer und Liechtensteiner Geldautomaten sind aktuell an das Netz der Plattformbetreiberin SIX angeschlossen (Engelhardt, 2021). SIX übernimmt dabei verschiedene wesentliche Dienstleistungen und verwaltet gemeinsame Standards und Anforderungen für das Bancomaten-Netzwerk. Dies ist für die Effizienz des Gesamtsystems förderlich.
- Ein grosses Migrationsprojekt des Finanzplatzes wurde im Herbst 2020 erfolgreich abgeschlossen, das die Standardisierung von Bancomat-Dienstleistungen zum Ziel hatte. Im Zuge dessen wurden unter der Führung von SIX die Bancomaten aller angeschlossenen Banken mit einer einheitlichen Software ausgerüstet.
- Verschiedene Banken bemühen sich auch weiterhin darum, die Bancomaten-Betriebsprozesse zu optimieren.
- Die Möglichkeiten des Bargeldbezugs am Schalter wurden und werden je länger je stärker eingeschränkt («Abbau von Schaltern»; Stichwort: Bargeldlose Filiale).
- Einzelne Banken haben stärker damit begonnen, die Bargeldversorgung mit einem expliziten Preisschild zu versehen. So stehen beispielsweise beim neuen Angebot der Credit Suisse das CSX White und das CSX Black Angebot zur Auswahl. Das CSX White Angebot ist kostenlos. Das CSX Black Angebot kostet CHF 3.95 pro Monat. Der Unterschied zwischen diesen beiden Angeboten besteht einzig darin, dass Bancomaten-Transaktionen beim White-Angebot CHF 2 kosten, derweil diese beim Black-Angebot (bei Automatenbezüge der Credit Suisse) im Preis inbegriffen sind.
Optionen für die Bargeldversorgung der Zukunft
Wie wird in Zukunft die Bargeldversorgung in der Schweiz sichergestellt werden? Nachfolgend versuche ich einige Optionen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aufzuzeigen und einzuordnen.
- Eine erste Möglichkeit besteht für Kunden darin, an Kassen von gewissen Detailhändlern Geld «abzuheben». So können beispielsweise Kunden mit einer PostFinance Card, einer Maestro-Karte der Migros Bank oder einer Migros Cumulus-Mastercard von Cembra Money Bank an der Kasse aller Migros-Filialen gebührenfrei Bargeld beziehen. Solche Modelle sind derzeit in Ländern wie Grossbritannien, den USA oder Australien weiter verbreitet als in der Schweiz. Hierzulande hat dieses Modell derzeit noch wenig Bedeutung.
- Eine zweite interessante Lösung bietet das Startup Sonect. Das Geschäftsmodell von Sonect erlaubt Retail-Geschäften, die Rolle von Geldautomaten zu übernehmen. Mithilfe einer App können Anwender (bei der Migros Bank gegen eine Gebühr von CHF 0.99 pro Transaktion) Bargeld in Läden beziehen. De facto kann dadurch jeder Detailhändler zum Geldautomaten werden (aktuell sind beispielsweise bereits alle Volg-Läden und Kioske von Valora angeschlossen). In der App kann der Anwender auch erkennen, wo sich der nächste «Bancomat» befindet. Für Geschäfte ist dies interessant, weil diese «Bancomaten-Funktion» die Angebotspalette des Retailers erweitert und sie zusätzlich etwas verdienen können. Gleichzeitig erhält man Laufkundschaft und kann solchen Kunden weitere Spezial-Angebote machen (z.B. vergünstigtes Getränk bei Bargeldbezug). Banken können durch Kooperationen mit Sonect (oder auch weiteren ähnlichen Unternehmen) die Bargeldversorgung zumindest zu einem gewissen Teil auslagern.
- Eine dritte Option, vor allem aus Sicht der Banken, besteht in der Optimierung der Kosten respektive in einem Outsourcing weiterer Dienstleistungen von Banken an einen externen Anbieter. So bietet die SIX ab dem vierten Quartal 2021 eine Art «Business Process Outsourcing» Dienstleistung für das ATM Cash Management an. Diese soll die Kosten für die Finanzinstitute deutlich senken. Gemäss Zahlen von SIX entfallen rund 30 Prozent der ATM-Betriebskosten auf das Cash Handling. SIX geht davon aus, dass Banken mit einem entsprechenden Outsourcing-Auftrag pro Jahr und ATM gut CHF 4’500 einsparen könnten. Mit dem entsprechenden «ATM Cash Management Services-Outsourcing» können Banken weiterhin Betreiber ihrer ATMs und Eigentümer des Bargeldes in den ATMs bleiben. Die Banken sind zudem weiterhin Vertragspartner gegenüber dem Werttransportunternehmen (WTU). Als Outsourcing-Partnerin erstellt SIX mithilfe einer ATM-Cash-Management-Software ein Forecasting für jeden einzelnen Geldautomaten. Zudem beauftragt SIX im Namen der Bank die jeweils für den Banknotenhandel zuständige Stelle mit der Beschaffung des Bargeldes und ein WTU mit der Befüllung der ATMs.
- Als vierte Option könnten sich die Banken dazu entschliessen, die Automaten in Zukunft einer «Betreibergesellschaft» zu übertragen. Durch eine Zusammenarbeit von Banken könnten sich vor allem an weniger transaktionsstarken Orten gezielte Abschaltungen von Bancomaten lohnen respektive es würden Bancomaten gemeinsam angeboten werden. Dieses Modell, eine Art «Cash as a service» (oder «ATM as a service»), wäre auch mit einem Verzicht auf das bankenspezifische Branding – zumindest auf dem physischen Automaten – verbunden (möglicherweise könnte man das Branding dann einspielen, wenn die Karte eingesteckt wird) respektive der Bancomat würde mit einem bankneutralen Brand betrieben.
Die obigen Möglichkeiten schliessen sich gegenseitig natürlich nicht aus. Vielmehr kann es sein, dass mehrere der oben vorgestellten, sich teilweise auch ergänzenden Optionen (und möglicherweise auch noch weitere) zur Anwendung kommen.
Fazit und Ausblick
Der Zugang zu Bargeld soll für die Bevölkerung trotz der abnehmenden Bedeutung von Bargeld als Zahlungsmittel auch weiterhin gewährleistet bleiben. Derzeit sind die Bancomaten die beliebteste Bezugsquelle für Bargeld. Zukünftig müssen Banken sich aber überlegen, wie sie die Bancomaten einigermassen effizient betreiben können. Geringere Transaktionsvolumina führen aufgrund der hohen Fixkosten einer Bargeld-Infrastruktur zu steigenden operativen Kosten pro Transaktion. Die Effizienzgedanken sollten aber auch noch mit Überlegungen zum Thema «Branding» verbunden werden.
Ich kann mir gut vorstellen, dass künftig und in einem ersten Schritt der Bargeldversorgungsprozess weiter verschlankt und optimiert wird. Viele Banken sind derzeit noch nicht bereit, ihre «Logo-Präsenz» an Bancomaten aufzugeben, möchten und müssen aber ihre Kosten weiter reduzieren. In einem zweiten Schritt erwarte ich, dass das ATM-Netzwerk in der Schweiz ausgedünnt wird und möglicherweise verstärkt Kooperationen zwischen Instituten geschaffen werden. Schliesslich könnte es sein, dass die Bargeldversorgung nicht mehr nur von Banken, sondern verstärkt auch über den Einzelhandel sichergestellt wird. Die entsprechenden Schritte können sich durchaus auch parallel entwickeln.
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14. Juni 2021
Rückblick auf die Konferenz Innovationen im Banking 2021
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Prof. Dr. Simon Amrein und Anja Leutenegger
Auch dieses Jahr wurden an der IFZ-Konferenz «Innovationen im Banking» wieder zahlreiche Neuigkeiten vorgestellt. Themen waren unter anderem die Themen «Data Driven Banking», die mögliche Verschmelzung von Nachhaltigkeit und FinTech, Ökosysteme oder der Handel von Nebenwerten. Im heutigen Blog machen wir einen kurzen Rückblick auf die Referate und die vorgestellten Innovationen.
Einführung und Vorstellung der Studie «Die digitalsten Retail Banken der Schweiz»,
Prof. Dr. Andreas Dietrich, Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ – Hochschule Luzern-Wirtschaft
- Andreas Dietrich begrüsste die Teilnehmenden online und stellte die in Kooperation mit e.foresight erstellte Studie «Die digitalsten Retail Banken der Schweiz» vor. Mehr Informationen zur Studie finden sich hier.
Globalance World: Wie man Daten erlebbar machen kann
Reto Ringger, Gründer und CEO der Globalance Bank
- Reto Ringger stellte das Geschäftsmodell von Globalance vor und zeigt auf, wie dieses die zwei Megatrends «Nachhaltigkeit» und «Digitalisierung» vereinigt.
- Von besonderem Interesse ist das innovative Datenvisualisierungs-Tool von Globalance (siehe ein Ausschnitt unten in Abbildung 1 sowie eine frühere Diskussion im Blog). Globalance kann derzeit detaillierte Analysen von 7’000 Unternehmen zeigen. Im Juni werden auch Obligationen (mit entsprechenden Ratings und Informationen) aufgeschaltet.
- Globalance ist im vergangenen Jahr stark gewachsen (AuM +50%) und ist aktuell auch mit verschiedenen Banken im Gespräch, um das eigene Tool als Whitelabelling-Lösung anzubieten. Eventuell kommen bereits in diesem Jahr erste Anwendungen von anderen Banken, welche auf der Globalance Lösung basieren.
Open Wealth auf dem Mobile: Der innovative Ansatz von efficient.capital
Dominik Locher, Partner efficient.capital AG, CEO und Partner THETA Finance AG
- Mit der Mobile App guide.capital von efficient capital lässt sich auf einfachem Weg das eigene Wertschriften Portfolio analysieren. Dazu können zahlreiche Informationen (Ratings, Nachhaltigkeit, Research) von verschiedenen Anbietern abgerufen und in der App aggregiert dargestellt werden. Der Zugriff auf Informationen verschiedener Anbieter wird über einen In-App Store ermöglicht.
- Um die Titel des eigenen Depots in die App einzulesen, muss lediglich der Depotauszug fotografiert werden. Anschliessend führ die App einen Depotcheck durch.
- Die Firma ist aktuell auf der Suche nach Partnern.
The Future of Collaboration in Corporate Banking
Younes El Addouti, Business Expert – API Strategy and Ecosystems Commerzbank
- Younes El Addouti diskutierte die Zukunft von Ökosystemen und welche Rollen Banken (und auch die Commerzbank) darin einnehmen können. Ziel sollte immer sein, dass ein Ökosystem einen Mehrwert erzielt. Im Fokus sollten dabei immer die Kundenbedürfnisse sein.
- Die Rolle einer Bank muss nicht immer die eines Orchestrators sein.
- Je nach Thema sucht auch die Commerzbank die Rolle eines Produktanbieters. Zentral ist aber generell die Open API-Strategie der Bank.
CrossBlock: Grossvolumige Investitionen in börsennotierte SMEs radikal vereinfachen
Julius Krieg, Gründer CrossBlock
- CrossBlock erlaubt das Finden von Gegenparteien für den Kauf und Verkauf von grösseren Positionen von Nebenwerten. Die Plattform des noch jungen Startups ist somit vor allem für grosse private Anleger und institutionelle Investoren interessant. Die Firma eliminiert das Problem, dass grosse Positionen von Nebenwerten aufgrund tiefer Liquidität häufig nur in mehreren kleinen Transaktionen gehandelt werden können.
- Wenn sich ein Käufer und ein Verkäufer auf der Vermittlungsplattform von CrossBlock gefunden und geeinigt haben, wird der Handel direkt in das System der Deutschen Börse eingespiesen und dort abgewickelt.
- In einem ersten Schritt bietet CrossBlock seine Plattform in Deutschland, Österreich und Luxemburg an. Ein Schritt in die Schweiz ist aktuell noch nicht geplant, Schweizer Investoren können die Plattform aber nutzen für Käufe/Verkäufe von Wertschriften in den entsprechenden Ländern / Börsen.
- CrossBlock sieht die nötige kritische Grösse etwa bei 500-800 Investoren, welche auf der Plattform aktiv sein müssen.
Kundendatenmanagement im Banking – eine Bestandesaufnahme
Prof. Dr. Nils Hafner, Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ – Hochschule Luzern-Wirtschaft
- Nils Hafner stellte erste Resultate einer Studie vor, welche das Management von Kundendaten bei Banken untersucht. Die präsentierten (ersten) Erkenntnisse basieren auf einer Umfrage bei Schweizer Banken. Die Untersuchung wird aktuell auf Deutschland und Österreich ausgeweitet. Interessierte Banken, welche noch nicht an der Umfrage teilgenommen haben, dürfen sich gerne bei Nils Hafner melden.
- Die Banken stehen auf verschiedenen Reifegradstufen beim Thema Datenmanagement. Der aktuelle Stand der Banken hängt häufig vom entsprechenden Budget ab.
- Gerade die Möglichkeiten den Kunden gut zu kennen, Haushalts- und Gesamtunternehmenssichten zu bilden, wird im Wettbewerb
- Nichtsdestotrotz gibt es gemäss Studie weiterhin Institute, welche die Relevanz des Themas Datenmanagement deutlich unterschätzen.
Der Pfad zur Data Driven Company
Dr. Felix Brill, CIO VP Bank
- Felix Brill zeigt auf, wie die VP Bank das Thema Data Analytics angegangen ist. Das Thema ist in der Strategie der Bank verankert. Ein erster Schritt wurde nun mit einem Investment Advice System für Kundenberater/innen im Wealth Management gemacht. Das System wurde über drei Monate hinweg in Zusammenarbeit mit Zühlke entwickelt.
- Dabei erhalten Kundenberater/innen spezifisch für einzelne Kundinnen und Kunden Vorschläge, wie das Portfolio optimiert werden kann. So werden beispielsweise auch die Gründe für eine Änderung des Portfolios aufgelistet (z.B. basierend auf Analystenempfehlungen) und Konsequenzen für das Portfolio angezeigt. Vorschläge können aber auch direkt and Kundinnen und Kunden weitergeleitet werden.
- Das System wurde bei den Kundenberater/innen sehr gut aufgenommen, weil es eine unterstützende Funktion hat. Die Kundenberater/innen können immer selber entscheiden, was sie mit dem Vorschlag machen. Die Vorschläge gelangen dabei nicht direkt an die Kundinnen und Kunden.
Daten Asset Management als neue Ertragsquelle im Retail Banking
Christian Kunz, Cofounder&CEO BitsaboutMe
- BitsaboutMe ermöglicht Nutzer/innen mit einer App (Marktplatz), die eigenen Daten, welche bei zahlreichen Plattformen genutzt werden (z.B. Facebook, Migros Cumulus, Amazon etc.), einfach und transparent zu verwalten.
- Durch das Zusammenführen und Verknüpfen von Daten verschiedener Firmen/Plattformen in der App, können Nutzer/innen spannende Einblicke gegeben werden (z.B. Nutri Score aller Einkäufe, oder im Finanzbereich z.B. auch eine Analyse und Klassierung aller Ausgaben (PFM) von sämtlichen Banken, bei denen man Kunde/Kundin ist).
- Nutzer/innen können eigene Daten gegen ein Entgelt Firmen für die Verwendung freigeben und dadurch auch eine gewisse Hoheit über die Daten gewinnen.

Bridging the economic gender gap with Fintech
Angelyne Larcher, CEO Fea Money
- Fea Money will in der Schweiz eine Bank nur für Frauen lancieren.
- Viele Finanzprodukte sind gemäss Angelyne Larcher nicht auf den Kontext von Frauen zugeschnitten (z.B. Mutterschaft). Neben Finanzprodukten will Fea Money aber auch eine Community Plattform sein (u.a. mit einem Forum, Learning Center, Coaching).
- Das Angebot von Fea Money basiert auf einer jährlichen Gebühr zwischen CHF 79 und CHF 119 (Zugriff auf Forum ist kostenlos). Fea Money ist aktuell auf Investorensuche und plant im Oktober mit ersten Angeboten live zu gehen.
Die Konferenz wurde unterstützt von Zühlke und SwissBanking. Wir danken herzlich für die Unterstützung!
Ausblick:
Die Retail Banking Konferenz findet am 25. November 2021 statt (13.20-18.00 Uhr). Wir planen derzeit, die Veranstaltung vor Ort durchzuführen und würden uns sehr freuen, Sie persönlich bei uns begrüssen zu dürfen!
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1 Kommentare
8. Juni 2021: Online Konferenz Innovationen im Banking | SourcingNews
4. August 2021
[…] Zur Medienmitteilung […]
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8. Juni 2021
Welches ist die digitalste Schweizer Retailbank?
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Anja Leutenegger
Anhand von 87 Faktoren hat das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ in Zusammenarbeit mit e.foresight untersucht, wie hoch der Digitalisierungsgrad von 35 Retailbanken in der Schweiz ist. Analysiert wurden digitale Funktionalitäten, Dienstleistungen und Produkte. Die Resultate wurden heute anlässlich der IFZ-Konferenz «Innovationen im Banking» vorgestellt. Im Blog fasse ich die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und zeige auf, welches in der Schweiz die digitalsten Retailbanken sind.
In den Medien gibt es immer wieder – teilweise schwierig nachvollziehbare – Bewertungen zu digitalen oder eben nicht digitalen Schweizer Retailbanken. Mithilfe der heute vorgestellten Untersuchung soll anhand von objektiv nachvollziehbaren Kriterien aufgezeigt werden, welche Banken tatsächlich einen höheren oder eben tieferen Digitalisierungsgrad aufweisen.
Vorgehen
Hierfür hat das IFZ gemeinsam mit dem Digital Banking Think Tank e.foresight der Swisscom im April und Mai 2021 bei 35 Banken eine Untersuchung durchgeführt. Es wurde analysiert, welche (digitalen) Funktionalitäten, Produkte und Dienstleistungen für Privatkunden angeboten werden (digitale Angebote für Firmenkunden wurden explizit nicht berücksichtigt). Dadurch soll eine objektiv nachvollziehbare Grundlage für einen Vergleich zwischen den Banken geschaffen werden. Die entsprechende systematische Erfassung von Funktionalitäten, Produkten und Dienstleistungen wurde in zwölf Themenblöcke «Funktionalitäten auf Website & generelle Serviceangebote», «E-Banking», «Mobile Banking», «Touchpoints und Kundeninteraktion», «Finanzieren», «Anlegen und Vorsorgen», «Zahlen», dem «Digitalisierungsgrad in der Filiale», «Bank-nahe Dienstleistungen», dem Einsatz von «Data Science/Analytics und Machine Learning», der «Automatisierung und Prozesseffizienz», und dem Einsatz von verschiedenen «Technologien» eingeteilt. In Abbildung 1 sind die zwölf Themenblöcke ersichtlich. Die Anzahl der abgefragten Funktionalitäten pro Block ist jeweils in den Boxen unten rechts ersichtlich.
Der Fokus der Analysen lag ausschliesslich auf den momentanen Verfügbarkeiten von Funktionalitäten. Auf eine Bewertung der Qualität der entsprechenden Angebote wurde verzichtet. Auch eine Bewertung des Nutzererlebnisses («User Experience» UX) wurde in unseren Analysen nicht vorgenommen.
Um den Digitalisierungsgrad im Privatkunden-Geschäft der einzelnen Banken miteinander zu vergleichen, wurden zwei Werte berechnet. Bei Variante 1 wurden die Anzahl angebotener digitaler Funktionalitäten, Produkte und Dienstleistungen addiert. Bei Variante 2 wurden die einzelnen Themenblöcke basierend auf unserer Einschätzung unterschiedlich gewichtet. Die Gewichtung hat den Vorteil, dass gewisse Funktionalitäten eine höhere Bedeutung erlangen als andere an sich weniger wichtige Funktionalitäten (z.B. die Möglichkeit der Verlängerung einer Online Hypothek hat dadurch mehr «Wert» als die Möglichkeit, Fremdwährungen online bestellen zu können). Auf der anderen Seite ist die «Wichtigkeit» natürlich immer mit unserer subjektiven Einschätzung verbunden. Daher zeigen wir nachfolgend beide Ranglisten auf.
Der Maximalwert beträgt 87 Punkte (ungewichtete Variante) respektive 9.37 Punkte (gewichtete Variante) und wäre erreicht, wenn alle in dieser Studie untersuchten Funktionalitäten, Produkte und Dienstleistungen von einer Bank angeboten würden. Wie weiter unten schnell ersichtlich wird, ist der überwiegende Teil der Schweizer Banken derzeit noch weit davon entfernt, den Maximalwert zu erreichen.
Welches ist die digitalste Schweizer Retailbank? Die Ranglisten
Gemäss unseren Analysen ergibt sich ein relativ klares Bild an der Spitze. Die UBS liegt unabhängig vom gewählten Ansatz ziemlich deutlich in Führung. Die Credit Suisse ist mit einem klaren Abstand auf UBS aber auch mit einem ziemlich deutlichen Vorsprung auf die drittklassierte PostFinance auf Rang 2. PostFinance, Raiffeisen und die Zürcher Kantonalbank liegen auf den Rängen 3 bis 5 ziemlich eng beieinander. Auf den Rängen 6 bis 13 liegen die Kantonalbanken aus Luzern, Waadt, Thurgau, St. Gallen, Baselland, Bern, Aargau und Zug. Mit der Valiant Bank und der Hypothekarbank Lenzburg haben es auch zwei Regionalbanken in die Top 15 geschafft. Die einzelnen Ränge variieren leicht zwischen den beiden Messmethoden. Die grundsätzliche Aussagekraft wird durch die Gewichtung der einzelnen Themenblöcke aber nicht bedeutend verändert.

Insgesamt kann man erkennen, dass grössere Banken (gemessen an der Bilanzsumme) auch ein grösseres digitales Angebot für ihre Privatkunden anbieten (vgl. Abbildung 3).
Sub-Rankings
Wir haben auch verschiedene Sub-Rankings für die oben vorgestellten zwölf Teilbereiche erstellt. Das sind einige ausgewählte Erkenntnisse daraus:
- In Bezug auf das E-Banking schneiden die UBS (Nummer 1) und Raiffeisen (Nummer 2) am besten ab. Die Kantonalbanken aus Luzern, Thurgau und Aargau sowie PostFinance teilen sich den dritten Rang.
- Im Mobile Banking teilen sich UBS und Raiffeisen den ersten Rang.
- Im Bereich Anlegen und Vorsorgen sind PostFinance und UBS an der Spitze, gefolgt von der Credit Suisse und der Zürcher Kantonalbank.
- Im Bereich Finanzieren ist die Credit Suisse mit deutlichem Abstand die Nummer 1 in der Schweiz.
- Kombiniert man in einem Sub-Ranking die Touchpoints mit dem Digitalisierungsgrad der Filiale steht die Zuger Kantonalbank an der Spitze, gefolgt von UBS und PostFinance.
Fazit
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Resultate können folgende Konklusionen gezogen werden:
- Grössere Banken haben einen im Durchschnitt höheren Digitalisierungsgrad als kleinere Banken. Dieser Zusammenhang ist auch statistisch klar signifikant.
- Ganz generell haben Schweizer Banken beträchtliche Luft nach oben. Im Durchschnitt bieten sie nur 31 von 87 untersuchten Funktionalitäten, Produkten oder Dienstleistungen an. Die digitalste Bank (UBS) erreicht aber immerhin 65 Punkte.
- Die Kundenzufriedenheit muss nicht zwangsläufig mit den angebotenen digitalen Funktionalitäten korrelieren. Ein Blick in die Bewertung einzelner Mobile Banking Apps zeigt beispielsweise, dass die (temporäre) Zufriedenheit nicht unbedingt mit dem Funktionsumfang des Mobile Bankings in Zusammenhang stehen muss.
Wir möchten diese Untersuchung auch in Zukunft regelmässig durchführen, damit wir die Entwicklungen der einzelnen Banken und des gesamten Finanzplatzes besser beurteilen können (an dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an alle Banken, die mitgemacht haben!). Interessant wäre sicherlich auch ein internationaler Vergleich.
Kommentare
7 Kommentare
Die Zuger Kantonalbank lanciert ihr Kundenportal – was dies strategisch für das E-Banking der Zukunft heissen könnte | IFZ Retail Banking Blog
11. Oktober 2021
[…] in unserer Studie «Digitalste Schweizer Retail Banken» im Bereich der Touchpoints führend war (vgl. der Blog-Artikel dazu). Das Kundenportal soll das hybride Modell der Beratungsleistungen in Kombination mit digitalen […]
Der passende Mix aus digital und analog | BLKB Blog
28. Juni 2021
[…] trotzdem einen grossen Stellenwert in der Beurteilung einer modernen Bank einnimmt, zeigt eine Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ in Zusammenarbeit mit dem Digital Banking Think […]
Franz
14. Juni 2021
Banken wie Swissquote scheinen nicht untersucht worden? Ist Sachen Digitalisierung meilenweit der UBS voraus zu sein!!
Prof. Dr. Andreas Dietrich
14. Juni 2021
Guten Tag Ja, das ist korrekt. Swissquote wurde in dieser Studie nicht berücksichtigt. Wir haben im Grundsatz die nach Bilanzvolumen grössten 40 Banken angeschaut. Wir können aber gerne versuchen, Swissquote im nächsten Jahr auch zu analysieren. Beste Grüsse, Andreas Dietrich
Rückblick auf die Konferenz Innovationen im Banking 2021 | IFZ Retail Banking Blog
14. Juni 2021
[…] Andreas Dietrich begrüsste die Teilnehmenden online und stellte die in Kooperation mit e.foresight erstellte Studie «Die digitalsten Retail Banken der Schweiz» vor. Mehr Informationen zur Studie finden sich hier. […]
Michael Maurer
9. Juni 2021
Wo sin denn die Neo-Banken Neon, Yapeal und Zak in Eurem Ranking geblieben?
Prof. Dr. Andreas Dietrich
9. Juni 2021
Die haben wir in dieser Untersuchung noch nicht (oder nur am Rande) berücksichtigt. Kommt vermutlich in Zukunft noch.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
Kommentare
2 Kommentare
Die zehn meistgelesenen Blog-Artikel im Jahr 2021 | IFZ Retail Banking Blog
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Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.