7. April 2014

Allgemein,

Kundenorientierung,

Regionalbanken und Sparkassen

Web Chats bei den Sparkassen in Deutschland – und bald auch in der Schweiz?

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

Mit dem neuen „Online-Chat“ (Web Chat) verfügen deutsche Sparkassen-Kunden seit kurzem über eine weitere Kommunikationsmöglichkeit mit dem Berater. Während in der Schweiz sowohl im Bereich der Videoberatung als auch gegenüber dem Web Chat eine ziemlich grosse Skepsis vorherrscht, ist man in unserem nördlichen Nachbarland diesbezüglich offener und weiter.

Das „chatten“, die synchrone, textorientierte Kommunikation mehrerer Teilnehmer über das Internet ist sehr beliebt. Diese Vorteile des schnellen und direkten Echtzeitdialogs bieten in Deutschland bereits verschiedene Banken an. Neu sind interessanterweise auch die regional orientierten Sparkassen auf diesen Zug aufgesprungen und bieten ihren Kunden „Online-Chats“ an. Neben der Videoberatung steht den Kunden der Sparkassen mit dem „Online-Chat“ somit eine weitere Option zum Dialog mit den Beratern bereit. Die Kunden können sowohl als Besucher der Website als auch als Besucher der Internet-Filiale den Online-Chat starten. Ist der Besucher über das Online Banking angemeldet, liegen dem Berater zudem die Kundeninformationen vor. In der Regel sind Chat-Partner für die „Chatter“ die Call-Center-Agenten der Sparkassen. Eingehende Chat-Anfragen werden automatisch an verfügbare Mitarbeiter geleitet.

Eigene Erfahrung positiv…

Wie ich selber herausfinden durfte, ist das Ganze sehr einfach und gut in der Anwendung. Die Antwortzeit war bei mir aber teilweise eher lange (bis zu 1 Min), da meine „Chat-Partnerin“ wohl mehrere Chats parallel bearbeitete. Bei meinem Kollegen Simon Amrein war die Antwortzeit schneller. Wir beide haben aber die gewünschten Informationen schnell und professionell erhalten.

Abbildung: Printscreen Sparkasse Nürnberg

Werden Web Chats auch benutzt?

Die Antwort darauf kann man heute noch nicht abschliessend geben. Die Auskünfte bei einigen deutschen Banken und Sparkassen diesbezüglich waren unterschiedlich. Während einige von einem eher langsamen Start sprachen (möglicherweise, weil auch die Kunden das Angebot noch nicht so gut kennen), sprechen andere (welche es schon etwas länger benutzen) davon, dass die Kunden das Chat-Angebot gut angenommen haben.

Ich würde beim Chat und dessen Funktionalität (respektive auch deren Erfolgswahrscheinlichkeiten) die folgenden drei Anwendungsmöglichkeiten unterscheiden:

  1. Komplexe Beratung: Für die Beratung von komplexen Fragestellungen glaube ich persönlich noch nicht an eine grosse Nachfrage seitens der Kunden. Für solche Anfragen sind ein Telefongespräch oder ein persönliches Treffen besser geeignet.
  2. Einfach Anfragen: Für einfachere Anfragen, welche typischerweise das Call-Center beantwortet, eignet sich aus meiner Sicht ein Chat sehr gut. Es ist aus meiner Sicht empfehlenswert, den Chat vollständig in das Call- beziehungsweise Service-Center zu integrieren. Dann können Chats gezielt Mitarbeitern zugeteilt werden, die nicht telefonieren oder in der Nachbearbeitung sind. Eine effiziente(re) Ressourcen-Steuerung durch integrierte Chat-Nachrichten kann den Banken helfen, die Erreichbarkeit zu verbessern und die personellen Ressourcen optimal einzusetzen. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang auch Textbausteine, um häufig gestellte Fragen standardisiert und mit hoher Qualität schnell zu beantworten. Ein möglicher Nachteil: Gewisse Call- respektive Service-Center Mitarbeiter sind zwar gut und eloquent am Telefon – aber möglicherweise nicht unbedingt gut geeignet für eine professionelle schriftliche Kommunikation.
  3. Chat Push-Funktion: Eine dritte, sehr spannende Sache ist schliesslich die Möglichkeit von Push-Funktionen. Basel Tourismus beispielsweise begrüsst seine Website-Besucher mit einem: „Vielen Dank für Ihren Besuch. Können wir ihnen weiterhelfen?“. Das Angebot wird rege benutzt und ist wohl der einfachste Weg, um mit den Website-Besuchern in Kontakt zu treten und möglicherweise auch die Conversion-Rate zu erhöhen. Basel Tourismus beantwortet derzeit ca. 50 Anfragen pro Tag mit dem Chat. Luzern Tourismus – welche ebenfalls eine Chat Funktion anbieten – beantworten über 500 Anfragen pro Monat per Chat.

Und bei Schweizer Banken…?

Während in Deutschland nach dem erfolgreichen Roll-out bereits an eine Integration in die Facebook-Auftritte der Sparkassen gedacht wird, überlegt man sich bei Schweizer Banken noch immer, ob Videoberatung und Web Chats überhaupt notwendig sind. Die meisten Banken verfolgen klar abwartende Strategien. Warum in der Zwischenzeit aber selbst deutsche Sparkassen zumindest im Bereich der Kommunikationsmittel mit den Kunden und dem Einsatz von Web Chats und Videoberatung innovativer sind als die Schweizer Banken ist schon etwas überraschend. Hier wäre etwas Experimentierfreude seitens der Banken klar zu begrüssen. Konsequenterweise fände ich es sinnvoll, wenn die Banken ihren Kunden die Türen des Web Chats öffnen würden. Aus meiner Sicht sind Web Chats und Videoberatung schlussendlich weitere Puzzleteile in einer konsequent ausgerichteten Digitalisierungsstrategie.

PS: Auch die Beratungszeiten wurden durch den Chat bei vielen Sparkassen angepasst und ausgebaut. Die Sparkasse Nürnberg beispielsweise hat neu Beratungszeiten von Montag-Freitag von 10 Uhr bis 21 Uhr und am Samstag von 10 Uhr bis 16 Uhr (vgl. Blog Beitrag Verfügbarkeit des Kundenservices bei 50 Schweizer Banken im Vergleich).

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