21. November 2017

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Credit Suisse und Swissquote lancieren Chatbots

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

Banken bedienen eine grosse Anzahl von Kundinnen und Kunden aus ihren Kundenzentren. Bei einem grossen Teil der Fragen, welche Kundenzentren beantworten, handelt es sich um wiederkehrende Anfragen. Chatbots haben das Potenzial, diese wiederkehrenden Fragen 24/7 in Echtzeit und kundenspezifisch zu beantworten und somit Kundenzentren zu entlasten. Mit der Credit Suisse und Swissquote lancieren derzeit zwei Schweizer Banken ein entsprechendes Angebot. Ich habe in einer frühen Phase den seit heute verfügbaren virtuellen Assistenten der Credit Suisse geprüft und möchte diesen untenstehend vorstellen. Ebenso gehe ich kurz auf das Angebot der Swissquote ein.

Was ist ein Chatbot?

Bei Chatbots handelt es sich um textbasierte Dialogsysteme, welche Unternehmen auf Websites und in Apps den Kunden und Interessenten zur Verfügung stellen. Diese können während 24 Stunden auf eine kostengünstige Art und Weise mündlich oder schriftlich mit Kunden interagieren. Chatbots können dabei unter anderem nach den folgenden Merkmalen unterschieden werden (siehe dazu auch ein früherer Blog):

  • Regelbasiert vs. selbstlernend (Machine Learning)
  • Universell vs. themenspezifisch
  • Eigenständig vs. in (bestehende) Messenger-Applikationen integriert
  • Akustisch vs. schriftlich

Für das Betreiben eines Chatbots wird zwingend ein Messenger benötigt. Hierbei muss im Grundsatz entschieden werden, ob eine eigene Messenger-Applikation erstellt oder auf eine bereits verfügbare Applikation zurückgegriffen wird. Wählt man eine bekannte Messenger-App (z.B. Facebook Messenger, Skype) aus, so kann der Benutzer seine Geschäfte in derselben App abwickeln, mit der er auch sonst kommuniziert. Auf der anderen Seite sind möglicherweise gerade bei Bankgeschäften die obengenannten Messengers – und abhängig von den angebotenen Dienstleistungen – in Bezug auf das Thema Sicherheit und Vertrauen der Kunden problematisch.

Chatbots bei Banken

Im Ausland bieten einige wenige Banken wie die Royal Bank of Scotland oder die beiden schwedischen Banken Skandinaviska Enskilda Banken (SEB) mit «Amelia» (Einsatz im Kundendienst) und die Swedbank mit «Nina» einen Chatbot an. Und beim Londoner FinTech revolut kümmert sich «Rita» um die Kundenanliegen. In der Schweiz ist mir nur der Chatbot der PostFinance bekannt. Auch Raiffeisen ist am Testen von Chatbots, wie wir im Sommer dieses Jahres bekannt gegeben haben. Mit der Credit-Suisse und alsbald der Swissquote kommen zwei weitere Banken mit einem entsprechenden Chatbot-Angebot.

Der virtuelle Assistent der Credit Suisse

Der virtuelle Assistent der Credit Suisse ist ein kostenloser Service für Kunden und Nicht-Kunden der Credit Suisse mit Domizil in der Schweiz. Der Bot steht ab heute, dem 21. November, auf dem Facebook Messenger zur Verfügung. Die Ausweitung auf weitere Kanäle wird gemäss Sebastian Kistner, Mediensprecher der Credit Suisse, derzeit geprüft. Die Wahl des Facebook Messengers ist interessant, da wie oben angedeutet das Thema Sicherheit und Vertrauen möglicherweise etwas kritisch beäugt werden können auf Kundenseite. Auf der anderen Seite hilft der Bot derzeit bei der Suche nach öffentlich verfügbaren Informationen, was die entsprechende Anwendung via Facebook unproblematisch macht. Zentral ist auch, dass per November 2017 global 1.2 Milliarden Personen den Facebook-Messenger monatlich nutzen und die Kunden daher nicht mehr zuerst auf ein neues System gebracht werden müssen. Die Credit Suisse prüft aber auch die Ausweitung auf weitere Kanäle. So könnte zu einem späteren Zeitpunkt der Chatbot auch über die eigene Webseite angeboten werden.
Derzeit steht der virtuelle Assistent seinen Kunden in den Sprachen Englisch und Deutsch zur Verfügung. Im Moment beantwortet ChatBank einfache Nutzeranfragen. Beispielsweise ist der Chatbot in der Lage, Geldautomaten und Geschäftsstellen zu finden und dem Nutzer mittels Verlinkung zu Google Maps den Weg dorthin zu weisen. Des Weiteren kann er auch (teilweise) schon Fragen beantworten rund um einige zentrale Credit Suisse Bankprodukte wie die Banking Pakete, das neue Viva Kids Angebot, Konten und Karten sowie Twint. Ebenso gibt der virtuelle Assistent bei der Suche nach spezifischen Job Angeboten, Recruiting-Veranstaltungen sowie generellen Fragen rund um den Einstieg bei der Credit Suisse Auskunft. Falls der virtuelle Assistent die Antwort auf die gesuchte Information nicht kennt – was in der von mir getesteten Beta-Version Status durchaus vorgekommen ist – erfolgt ein Verweis auf das Customer Service Center, das direkt aus dem Bot heraus angerufen werden kann. Wie üblich bei einem Chatbot, werden die Inhalte laufend erweitert. Zu einem späteren Zeitpunkt und basierend auf den ersten Erfahrungen ist geplant, auch komplexere Erweiterungen wie zum Beispiel den Zugriff auf Kundendaten zu prüfen.
Ich habe den Chatbot getestet und konnte feststellen, dass er grundsätzlich funktioniert und einige Fragen gut beantwortet werden. Gleichzeitig ist auch klar, dass in einer dermassen frühen Phase der Bot noch nicht sehr ausgereift ist und sich mit erhöhter Nutzung noch stark weiterentwickeln wird. Als Beispiele nachfolgend einige Printscreens meiner Konversation mit dem virtuellen Assistenten der Credit Suisse.

Abbildung 1: Konversation mit der Chatbank der Credit Suisse. Einige Beispiele (Beta-Phase)

Chatbot der Swissquote

Auch die Swissquote wird bald einen Chatbot lancieren (diesen habe ich aber noch nicht getestet). In einem ersten Schritt werden Anfragen mit Chatbots beantwortet, die bisher vom Call-Center bearbeitet wurden. Insbesondere Anfragen im Bereich der vergessenen Passwörter, Adressänderungen und sonstige Identifizierungsfragen stehen im Fokus. Das Ziel ist, dass die Bedürfnisse der Kunden schneller befriedigt werden können und diese keine Zeit in der Warteschleife mehr verlieren. Im Gegensatz zur Credit Suisse greift Swissquote nicht auf den Facebook Messenger zurück, sondern auf das eigene soziale Netzwerk Pulse. Der Chatbot kann auf Fragen in englischer, deutscher und französischer Sprache antworten. Langfristig ist es das Ziel der Swissquote, dass ihr Chatbot auch in der Lage ist, Informationen über den Wert von Unternehmensaktien zu geben und auf der Grundlage von bestimmten Kriterien (Preisspanne, Markt, Währung usw.) nach Titeln zu suchen. Der übernächste Schritt könnte dann auch sein, eine Trading-Plattform anzubieten, die mit einem Chatbot arbeitet («Ich möchte gerne 100 Tesla-Aktien kaufen»).

Fazit

Chatbots haben aus meiner Sicht das grosse Potenzial, Menschen im Alltag und Beruf zu assistieren und teilweise eigenständig Aufgaben zu erledigen, für die bislang telefoniert oder durch Websites und Apps navigiert werden musste. Nutzerinnen und Nutzer können auch auf einfache und schnelle Art und Weise Informationen abfragen. Lange Wartezeiten bei Anrufen im Callcenter lassen sich so vermeiden. Entsprechend überrascht es nicht, dass eine im Rahmen einer Bachelorarbeit von Marc Willisch an der Hochschule Luzern durchgeführte Umfrage zum Schluss kam, dass sich 52 Prozent der Befragten vorstellen können, einen Chatbot zu benutzen. Auch aus Unternehmenssicht sind Chatbots natürlich spannend, da diese eher einfach und kostengünstig sind.
Die beiden vorgestellten Lösungen der Credit Suisse und Swissquote erlauben heute erst an relativ einfache Informationen zu gelangen. Bei komplexeren Fragestellungen kommen diese beiden Chatbots derzeit noch schnell an ihre Grenzen – was entsprechend Kunden auch frustrieren kann. Entsprechend wichtig dürfte es auch sein, dass Kunden bei Nichtbeantwortung der Fragestellung problemlos zu einer realen Person wechseln können, welche sich dem Problem annehmen. Gleichzeitig ist es aber sehr begrüssenswert, dass mit der Credit Suisse und Swissquote zwei Banken damit starten und dieses Thema nun endlich auch in der Schweizer Bankenlandschaft Eingang erhält. Ebenso gilt zu berücksichtigen, dass ein selbstlernender Chatbot so gut ist respektive wird, wie er trainiert wird. Je früher also man mit diesem Thema beginnt, desto besser wird die baldige Qualität der Antworten.

Kommentare

1 Kommentare

Chat

21. November 2017

In der Praxis gibt es schon den Chatbot von Ada, z.B. bei Coinbase (https://www.coinbase.com); Demo unter rechts auf das Fragezeichen klicken. Sehr interessant, den der Chat kann Mehrsprachig sein.

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