18. Januar 2021
Die Google Bank ist bald da – was Google Plex für die Schweizer Banken bedeutet
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
In den letzten Jahren wurde oft über die „Bank von Google“ oder die „Amazon Bank“ philosophiert – nun ist zumindest die «Bank von Google» da. Neben einer Überarbeitung von Google Pay mit einigen interessanten Zusatzfunktionen, baut Google mit Plex eine Front-End-Plattform für traditionelle Finanzinstitute und wird damit immer mehr zu einer Bank. Was davon zu halten ist und welche Überlegungen sich Schweizer Banken dazu machen sollten, erläutere ich im heutigen Blog.
Im November 2020 hat Google einerseits einen Relaunch von Google Pay mit einem überarbeiteten Angebot angekündigt. Als zweite bedeutende(re) Ankündigung hat die BigTech Firma das Konzept von Google Plex vorgestellt. Auf diese beiden zentralen Bausteine der Finanzstrategie von Google werde ich nachfolgend eingehen.
Das neue und breitere Angebot von Google Pay und der Aufbau eines Marktplatzes
In der Schweiz kennen wir Google Pay bislang als «ein mobiles Zahlungsinstrument mehr». Es wurde hierzulande im April 2019 lanciert und ist bei verschiedenen Neobanken, aber auch den beiden Grossbanken und verschiedenen Kantonal- und Regionalbanken verfügbar. Die bisherige Relevanz hierzulande ist insgesamt eher tief. Das (bislang erst in den USA) erweiterte und dadurch aus meiner Sicht nun spannendere Google Pay ist seit November 2020 verfügbar. Es beinhaltet drei grössere «Registerkarten» (Tabs) in der App.
- Die erste Registerkarte – „Pay“ – wird für digitale Zahlungen verwendet. Es sind sowohl P2P- (Zahlungen zwischen Personen) als auch P2B-Transaktionen (Zahlungen zwischen Personen und Unternehmen) möglich. Als weiteres können Chats mit mehreren Personen gebildet werden, wodurch Gruppenzahlungen möglich sind und direkt ersichtlich ist, wer seinen Anteil (noch nicht) bezahlt hat. Google Pay-Benutzer können unter Verwendung der Kamera ihres mobilen Geräts zudem den QR-Code einer anderen Person scannen, um eine einfache Zahlung zu ermöglichen. Diese Funktion ist vor allem für kleine Einzelhändler interessant. Des Weiteren hat Google in der App die Spezialfunktionen „Tanken“ und „Essen bestellen“ angefügt. Gemäss Google soll das Essensbestellsystem (in den USA) mit mehr als 100’000 Restaurants funktionieren. Benutzer sollen derzeit auch in der Lage sein, an 30’000 Orten direkt von der App aus für Benzin zu bezahlen.
- Die zweite Registerkarte – „Insights“ – ist ein PFM-Tool (Personal Finance Management) für Kunden, wie wir es auch von verschiedenen Schweizer Banken kennen. Es zeigt auf, wie und wo der Verbraucher sein Geld ausgibt und kategorisiert die Transaktionen. Man kann auch nach vergangenen Einkäufen suchen, indem man einzelne Schlüsselwörter verwendet. Der Algorithmus scheint dabei ziemlich intelligent zu sein (beim Suchbegriff «Benzin letzte 2 Monate» beispielsweise erkennt Google Pay welche Firmen «Benzin» verkaufen und kann auch Suchbegriffe wie «2 Monate» korrekt interpretieren).
- Die dritte Registerkarte – „Explore“ – finde ich spannend, war aber in verschiedenen Artikeln etwas unter dem Radar. In diesem komplett neuen Bereich zeigt Google ihren Nutzerinnen und Nutzern interessante Angebote und Rewards von Einzelhändlern an. Mit einem Klick auf das «Plus» wird der gewählte Coupon für die Nutzer gespeichert und beim nächsten Kauf beim entsprechenden Händler mit Google Pay automatisch abgebucht. In der Standardeinstellung sehen Nutzer generische Angebote. Kundinnen und Kunden haben aber auch die Möglichkeit, gegen das «Teilen ihrer Daten» individuelle Angebote basierend auf ihren Ausgabenaktivitäten zu erhalten.
Ein ähnliches Angebot kennen wir in der Schweiz mit dem 2017 lancierten PostFinance Benefit Programm. Mit PostFinance Benefit erhalten Privatkunden von PostFinance basierend auf ihrem Kaufverhalten bis zu 30 Prozent Rabatt auf das Gesamtsortiment von verschiedenen Geschäften und Onlineshops. Das Angebot läuft zwar zufriedenstellend, konnte sich aber nicht in der Breite durchsetzen. Google traue ich aber durchaus zu, dass sie ein solches Ökosystem erfolgreich(er) aufbauen können. So machen in den USA bereits Partner wie Burger King, Etsy oder Target mit.
Des Weiteren kann der Nutzer (optional) Google Pay mit anderen Google-Diensten verknüpfen. So könnte die Nutzerin respektive der Nutzer die App autorisieren, Gmail oder die Google-Photos-Konten zu scannen, um Rechnungen und Quittungen, die über Gmail eingehen, automatisch zu bearbeiten und den entsprechenden Transaktionen zuzuordnen. Verbraucher können sich auch dafür entscheiden, die Kamera ihres Mobiltelefons zu verwenden, um Quittungen zu fotografieren, die dann in das System gezogen werden.
Google Plex: Die digitale Banking-Plattform für Banken
Interessant ist aus meiner Sicht vor allem, dass Google noch in diesem Jahr 2021 – vorerst nur in den USA – eine neue Bankdienstleistung namens Plex starten wird. Es handelt sich dabei nicht um ein direktes Bankdienstleistungsangebot von Google. Stattdessen werden Banken Google Plex inkl. einem Spar- und Privatkonto als Teil der digitalen Geldbörse Google Pay anbieten können.
Google hat bereits 11 Finanzinstitute als Partner für den Start von Google Plex gewinnen können (z.B. Citi, Bank of Montreal oder BBVA). Kunden, welche Plex nutzen wollen, können entscheiden, welche Bank sie als «Plex Partner» bevorzugen. Dadurch wird innerhalb des Ökosystems von Plex ein gewisser Wettbewerb lanciert. Plex-Angebote haben gemeinsame Elemente, werden sich aber auch voneinander unterscheiden können. Jede Bank soll die Möglichkeit haben, ihre speziellen Angebote auf der Plattform zu präsentieren und Mehrwertangebote zu unterbreiten. Gemäss ersten Berichten sollen die Privat- respektive Sparkonti keine monatlichen Gebühren oder Mindestsalden haben.
Einen 25 Minuten langen Film zu diesen Angeboten finden Sie hier.
Warum Google?
Warum haben bereits einige Banken entschieden, mit Google zusammenzuarbeiten?
Grundsätzlich kann Google einige spannende Fähigkeiten in eine solche Beziehung einbringen. Erstens hat Google technologisches Know-how und Ressourcen, über die keine Bank verfügt. Zweitens hat Google viele Händlerbeziehungen, die in einem solchen Ökosystem möglicherweise mitmachen wollen. Drittens weiss Google sehr gut, wie man Kunden anlocken kann. Und als viertes kann Google die Banking Angebote unter anderem in ihre Suchmaschine einbinden, was sicherlich auch von Vorteil ist.
Ob das aber genügt, damit eine Bank eine strategische Partnerschaft mit Google eingeht und ein Plex-Konto anbieten soll, ist aus meiner Sicht eine schwierige Entscheidung. Für einige Partner kann dies durchaus Möglichkeiten eröffnen, neue Kunden zu gewinnen oder innerhalb von kurzer Zeit ihren Kunden ein gutes «Smartphone Banking» anzubieten. Unklar ist mir bisher aber noch, wie, respektive ob, die Partner in der Lage sein werden, gute Beziehungen zu Google Plex-Kunden aufzubauen. Dürfen Banken die Daten nutzen für eigene Angebote, z.B. bei der Säule 3a? Werden die Google Plex-Kunden auch Services von den Filialen und Callcentern der von ihnen gewählten Banken erhalten? Wie stark ist der Kannibalisierungs-Effekt? Sprich: Schliessen am Schluss nicht bestehende Kunden ihre Konti und melden sich stattdessen bei der gleichen Bank bei Plex an, bei welchem sie für die gleichen (?) Services keine Gebühren bezahlen?
Die zentrale Frage ist zudem vor allem: Wollen Schweizer Kundinnen und Kunden Google Plex? Werden sie das Angebot annehmen, weil sie eine Schweizer Bank dahinter sehen, das Front-End und die UX (und auch die Kosten) aber von Google erhalten? Aus Kundensicht könnte die Kombination aus einem Technologieunternehmen mit einer guten User Experience gepaart mit der Sicherheit und dem Vertrauen, das sie von einer Bank erwarten, zwar durchaus interessant sein. Auf der anderen Seite gibt es gerade gegenüber Google gewisse Vorbehalte, die möglicherweise nicht so einfach wegzuräumen sind. Diskussionen zum Thema Datenschutz werden sicherlich aufkommen.
Interessant ist aus meiner Sicht, dass Google – im Gegensatz zur exklusiven Apple Card-Partnerschaft zwischen Apple und Goldman Sachs – mehrere Partner ins Boot holen möchte. Google bräuchte eigentlich auch nicht mehr als einen Partner. Finanziell könnte es sich aber durchaus ausbezahlen, wenn man sich als Technologie-Anbieter als Ökosystem-Orchestrator für mehrere Banken positionieren kann. Des Weiteren mag ein weiteres Ziel der Tech-Firma sein, dass sie zusätzlich ihre Cloud-Dienste für die entsprechenden Banken anbieten können.
Fazit
Nun ist sie also bald da – die viel vielbeschworene «Google Bank». Sie kommt zwar etwas anders daher, als man sich das noch vor einigen Jahren ausgemalt hat. Die Finanzplattform verdeutlicht aber Googles Interesse im Finanzdienstleistungsgeschäft und der vom BigTech Unternehmen gewählte strategische Ökosystem-Ansatz. Grundsätzlich scheint klar, dass Google kein Interesse daran hat, eine Bank zu werden. Stattdessen möchte sie die (zentrale) Rolle als Technologieanbieter für Banken einnehmen und auch die Schnittstellen noch stärker besetzen. Gemeinsam mit Banken möchten sie ein mächtiges Finanz-Ökosystem respektive einen Marktplatz bauen, welches es den Bankpartnern weiterhin ermöglicht, ihre Finanzdienstleistungen und -produkte für ihre Nutzer anzubieten.
Die Entscheidung einer Bank, mit Google eine Partnerschaft rund um Plex einzugehen und damit im Prinzip auch eine (zumindest mittelfristig) gut konzipierte digitale Banking-Plattform (eine Art «NeoBank») zu lancieren, wird aber – sobald respektive falls das Angebot auch in die Schweiz kommt – bei einigen Banken noch für Gesprächsstoff sorgen. Insbesondere zur Kundengewinnung könnte Google Plex spannend sein. Die Durchdringung von Google ist auch in der Schweiz enorm.
Unabhängig von den konkreten Bedingungen von Google, habe ich gewisse Bedenken in Bezug auf die Marke von Banken, dem Plex-Marktplatz beizutreten. Grundsätzlich wird ein duales Branding zur Anwendung kommen. Entsprechend kann man zwar durchaus mit seinem eigenen Brand punkten, aber die Marke verliert insgesamt wohl an Relevanz (Bankbeziehung: Plex; nicht Plex Citi). Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die entsprechenden Partnerschaften dazu führen, dass die Banken ungewollt die Kontrolle über die Kundenbeziehung (und Kundendaten) an Google abgeben. Ein genaues Beobachten aus der Schweiz, was in den USA passiert, lohnt sich deswegen auf jeden Fall.
11. Januar 2021
Nachhaltige Anlagen: Banken sind mit Umsetzungsschwierigkeiten konfrontiert
Von Prof. Dr. Manfred Stüttgen und Brian Mattmann
Nachhaltige Kapitalanlagen sind medial sehr präsent. Es erstaunt daher, dass erst 6 Prozent der Fondsvermögen auf dem Schweizer Markt nachhaltig angelegt sind. Die kürzlich publizierte «IFZ Sustainable Investments Studie 2020» zeigt, dass Anbieter nachhaltiger Fonds bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitskriterien in der Vermögensanlage herausgefordert sind. Dieser Blog-Artikel beschreibt exemplarisch anhand der Kantonalbanken, mit welchen Schwierigkeiten Anbieter nachhaltiger Anlagen konfrontiert sind. Der Beitrag stützt sich auf die IFZ Sustainable Investments Studie 2020, diese ist kostenlos verfügbar unter www.hslu.ch/sustainable.
Nachhaltige Kapitalanlagen haben heute für viele Banken und Fondsanbieter eine strategische Bedeutung. Wer bei der Portfoliokonstruktion Kriterien zu Umwelt, Sozialem und guter Unternehmensführung (ESG-Kriterien) noch nicht berücksichtigt, kann vom Wachstum dieser Nische nicht profitieren. Immerhin wird auf dem Fondsmarkt Schweiz derzeit jeder vierte neuinvestierte Franken nachhaltig angelegt.
Kantonalbanken beschäftigen sich verstärkt mit nachhaltigen Anlagen
Exemplarisch für die rasante Entwicklung nachhaltiger Anlagen können die Kantonalbanken stehen: Heute verfügt rund die Hälfte der Institute mit eigenen Fonds-Offering über eine nachhaltige Fondspalette. Noch vor drei Jahren konnten erst vier Kantonalbanken ihren Kunden nachhaltige Fonds offerieren. Vorreiter unter den Kantonalbanken waren damals Swisscanto Invest – der Fondsmanager der Zürcher Kantonalbank – sowie die Kantonalbanken in Basel-Land und Schwyz. Derzeit bieten eigene nachhaltige Fonds auch die Kantonalbanken in Bern, Basel-Stadt, Genf, Neuenburg, Graubünden und Waadt an. Andere Kantonalbanken, die nicht über eigene Fonds verfügen, offerieren (nachhaltige) Fonds von Drittanbietern – zum Beispiel von Swisscanto Invest. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Kantonalbanken und ihr Angebot nachhaltiger Fonds.

Vier typische Umsetzungsherausforderungen
In jüngster Vergangenheit haben Kantonalbanken vermehrt konventionelle Fonds in nachhaltige Fonds umgewandelt – Beispiele sind die Banque Cantonale du Vaudoise (BCV) oder die Graubündner Kantonalbank (GKB). In der «IFZ Sustainable Investments Studie 2020» haben wir in einer Fallstudie die Repositionierung der GKB-Fonds untersucht. Die Umstellung der Fondspalette hat die GKB vor Herausforderungen gestellt, denen sich praktisch alle Banken oder Fondsmanager ausgesetzt sehen, die ihr Produktsortiment als «nachhaltig» repositionieren – und auch solche, die neue Nachhaltigkeitsprodukte lancieren.
(1) Wissenslücken in der Umsetzung von ESG-Strategien, speziell der Umgang mit wertnormativ begründeten Ausschlüssen
Zunächst sehen sich die Kantonalbanken mit der praktischen Frage nach den «richtigen» Ausschlüssen in der Einzeltitelselektion konfrontiert. Diese Frage ist deshalb kontrovers, weil sie subjektive Werturteile erfordert und anders als ein normbasiertes Screening keine objektiven Kriterien zugrunde gelegt werden können. Methodisch kann man sich diesem ausnahmslos immer umstrittenen Thema nach den «richtigen» Ausschlusskriterien anhand von drei Leitfragen annähern: Erstens, welche Ausschlüsse passen zur Identität und Positionierung einer Bank? Damit verbunden zweitens, wie kann man wertnormative Ausschlüsse wählen, ohne Kunden in ihren eigenen Werturteilen zu bevormunden? So stellt sich die Frage, welche wertnormativen Ausschlüsse die grösste Akzeptanz bei den eigenen Kunden geniessen. Und drittens kann man schliesslich fragen, welche Best-Practices direkte Konkurrenten zur Anwendung bringen. Neben der Bestimmung wertnormativer Ausschlüsse stellt sich die Frage, welche Auswirkungen verschiedene ESG-Strategien auf die Portfoliozusammensetzung haben. Wie verändern ESG-Kriterien die Modellportfolios einer Bank, speziell in Bezug auf definierte Benchmarks. Hier beobachten wir Wissenslücken, die Banken und Fondsanbieter schliessen wollen.
(2) Selektion von ESG-Research-Partnern
Als zweite wichtige Hürde, die es zu überspringen gilt, stellt sich die Frage nach einem passenden Research-Partner im Bereich von ESG-Daten. Spannt man besser mit den international etablierten grossen Playern zusammen wie beispielsweise MSCI ESG, Sustainalytics oder ISS ESG (vormals oekom) oder eher mit einem lokalen Schweizer Anbieter wie beispielsweise Inrate. Als Entscheidungskriterien dienen hier die gewünschte Abdeckung des Anlageuniversums sowie die Kosten. Während die grossen Research-Anbieter über eine grosse Abdeckung des internationalen Anlageuniversums verfügen, kann ein Anbieter wie Inrate möglicherweise mit einem alternativen Bewertungsmodell und flexiblem Kundenzugang punkten, ist dafür allerdings begrenzter im Angebot von ESG-Daten im weltweiten Anlageuniversum. Meist arbeiten die Banken bereits mit einem Datenanbieter (z.B. MSCI für Indexdaten) zusammen, eine Implementierung gestaltet sich dann einfacher. Ein oft vernachlässigtes Kriterium bei der Selektion des passenden ESG-Datenanbieters ist die Frage nach dem dahinterliegenden Modell: Was misst ein ESG-Rating eigentlich und welchen Zweck verfolgt eine ESG-Ratingagentur mit dem definierten und speziell gewichteten Kriterienkatalog? Banken und Fondsanbieter müssen die Logik des ESG-Rating-Modells verstehen und ein Modell wählen, das zu ihren eigenen Bedürfnissen und den Bedürfnissen ihrer Kunden passt.
(3) Anpassung von Fondsprospekten und Genehmigung durch die FINMA
Eine dritte Herausforderung in der Repositionierung von Fonds als «nachhaltig» besteht in der Notwendigkeit der Anpassung von Fondsprospekten. Aufgrund von regulatorischen Vorgaben ist es notwendig, dass der Fondsanbieter seine Fondsverträge/-prospekte entsprechend anpasst und transparent kommuniziert, welche strategischen Elemente des Anlageprozesses im Rahmen der ESG-Repositionierung adaptiert wurden. Für Schweizer Fonds prüft die FINMA, ob mit einer Namensanpassung auch entsprechende Nachhaltigkeitskriterien im Fondsvertrag offengelegt werden. Dieser Prozess geschieht mit der Fondsleitung meist in einem iterativen Prozess über mehrere Monate. Die Umwandlung konventioneller Fonds in nachhaltige Fonds kann allein aus diesem Grund eine gewisse Zeit beanspruchen und ist nicht leicht «von heute auf morgen» zu bewerkstelligen.
(4) Transparentes Reporting und Wissenstransfer gegenüber Anlageberatern und Kunden
Schliesslich stellte sich die Herausforderung, die neuen ESG-Strategien in Fonds und Mandaten auf Seiten von Anlageberatern und -kunden zu vermitteln. Einerseits sollte ein Nachhaltigkeitsfonds sein Nachhaltigkeitsversprechen den Anlegern transparent und verständlich kommunizieren. Typischerweise muss dazu das Reporting – welches in der Vergangenheit meist nur finanzielle Kriterien offenlegt – angepasst werden. Dies ist nicht leicht zu bewerkstelligen. Andererseits müssen die Kundenberaterinnen und Kundenberater auf dem Thema geschult werden. Diese verfügen auf dem Thema Nachhaltigkeit oft nicht über Tiefenwissen, um anspruchsvollere Themen in Kundengesprächen zu adressieren. Beschäftigt sich ein Kundenberater aber aktiv mit dem Thema, so können auch diese Diskussionen Chancen bieten, um sich als Kundenberater zu profilieren.
Fazit
Nachhaltige Anlagen sind bei Banken, Asset Managern und in den Medien das Thema der Stunde. Die Annahme, ESG-Anlagen seien bereits Mainstream, können wir mit Blick auf den Markt für Schweizer Publikumsfonds allerdings nicht bestätigen. Im Gegenteil: Mit einem Marktanteil von knapp 6 Prozent stellen ESG-Fonds noch immer eine Nische dar – allerdings eine sehr attraktive Nische. Kunden fragen immer häufiger nach diesen Produkten und Fondsanbieter profitieren von hohen Neugeldzuflüssen. Retailbanken springen vermehrt auf den fahrenden Zug auf, integrieren nachhaltige Anlagen in ihr Produktsortiment und überwinden erfolgreich die Hürden in der Umsetzung. In der Vergangenheit war dies eine Möglichkeit zur Differenzierung. In Zukunft wird das Angebot nachhaltiger Fonds ein Hygienefaktor sein, um Kundenbedürfnisse ganzheitlich erfüllen zu können.
Wir danken den Sponsoren der Studie herzlich für die Unterstützung!

Kommentare
1 Kommentare
Swiss Financial Market Struggles to Implement ESG – finews.com – The ESG Channel
12. Januar 2021
[…] that’s not the case, as the Institute of Financial Services (IFZ) noted in a blog post on Monday. There is no sign of the ESG mainstream in the market for Swiss […]
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
4. Januar 2021
Bezahlen mit dem Smartphone ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Dr. Reto Rey
Lange fristete mobiles Bezahlen in der Schweiz ein Nischendasein. Das hat sich in den letzten zwei Jahren geändert, wie eine Studie der Hochschule Luzern zeigt. So sind inzwischen bereits 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung über 15 Jahren beim derzeit meistgenutzten Anbieter registriert. Auch die Zahl der Transaktionen hat sich gegenüber dem Vorjahr verdreifacht. Noch immer sind aber regionale und geschlechterspezifische Unterschiede in der Nutzung festzustellen.
An der Kasse, unter Freunden, beim Bezahlen der Parkuhr oder im Online-Shop: Mobiles Bezahlen (Mobile Payment) mittels Smartphone und Bezahl-App wird immer beliebter. Der meistgenutzte Anbieter TWINT alleine weist im Monat September 2020 über zehn Millionen Transaktionen aus. Verglichen mit dem Vorjahr stieg damit die Anzahl Transaktionen nahezu um das Dreifache. Dies zeigt die Mobile-Payment-Studie Schweiz 2020 der Hochschule Luzern. Für die Studie wurden Daten der Schweizerischen Nationalbank und anonymisierte Daten der Schweizer Bezahl-App TWINT ausgewertet. Studienautor Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern ist überzeugt: «Mobile Payment ist in der Zwischenzeit in der breiten Bevölkerung angekommen und dürfte zukünftig stark an Bedeutung gewinnen.»
Mobile Payment wird noch unterschiedlich genutzt nach Region und Geschlecht
Im Markt für Mobile Payment sind weiterhin eindrückliche Wachstumszahlen feststellbar. So zählt zum Zeitpunkt der Publikation dieser Studie TWINT bereits über drei Millionen registrierte Nutzerinnen und Nutzer. Entsprechend haben sich schon über 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung über 15 Jahren bei TWINT registriert. Bei der Kundenstruktur zeigt sich, dass Mobile Payment derzeit noch immer etwas stärker von Männern genutzt wird. «Das ist ein typisches Phänomen des Adoptions-Verhaltens bei technologischen Innovationen», sagt Andreas Dietrich. Mit zunehmender Marktreife könne man aber beobachten, wie auch der Anteil der weiblichen Nutzerinnen zunehme. So sind in der Zwischenzeit gut 45 Prozent aller Mobile-Payment-Nutzerinnen und -Nutzer weiblich. Zwei Jahre zuvor waren es noch 36 Prozent.
Auch regional können Unterschiede festgestellt werden. So sind beispielsweise in sieben Kantonen bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung über 15 Jahren registrierte TWINT-Nutzer (FR, ZG, AI, VD, SG, OW und LU). Es gibt aber auch Kantone, in welchen noch weniger als 30 Prozent Nutzerinnen und Nutzer der Mobile-Payment-Lösung von TWINT sind (BL, GL, BS und AR). In allen Kantonen ist aber mindestens jeder Fünfte ein registrierter Nutzer oder eine registrierte Nutzerin.
Stationärer Handel macht bereits ein Drittel der Transaktionen aus
Bei TWINT dominieren in Bezug auf die Anzahl Transaktionen die Anwendungsfälle Peer-to-Peer (P2P) und Point-of-Sale (POS). Über die vergangenen zwölf Monate wurden 41 Prozent der TWINT-Transaktionen im Bereich P2P getätigt und 34 Prozent am Point-of-Sale. Ein Viertel aller Transaktionen können dem Bereich E-Commerce und M-Commerce zugeordnet werden (Tabelle 1). Die durchschnittlichen Beträge variieren dabei in Abhängigkeit des Anwendungsfalles stark. Während an der Ladenkasse im Schnitt Transaktionen in der Höhe von 28 Franken getätigt werden, liegen diese im Bereich der Peer-to-Peer-Überweisungen (78 Franken) respektive im Bereich E-Commerce (62 Franken) deutlich höher.

Lockdown-Effekt bei Mobile Payment?
Das gesellschaftliche Leben und das Verhalten einzelner Menschen hat sich infolge der Coronavirus-Pandemie zwangsläufig verändert. Auch für die Finanzindustrie hat diese Situation spürbare Konsequenzen. Doch welche Folgen hat das auf digitale Angebote und Kanäle in der Finanzindustrie?
Die Zahlen zeigen, dass der Einfluss von Covid-19 auch für TWINT in den ersten beiden Monaten nach dem Lockdown spürbar war. Gerade die Anzahl an neu registrierten Kundinnen und Kunden hat in dieser Zeit stark zugenommen.
Im September 2020 wurden über TWINT insgesamt zehn Millionen Transaktionen mit einem Volumen von über 551 Millionen Franken getätigt. Im Februar, vor den Massnahmen im Zusammenhang mit Covid-19, waren es 5.3 Mio. Transaktionen mit einem Volumen 291 Millionen Franken. Im März 2020 wurde ein Volumen von 333 Millionen Franken mit 5.3 Mio. Transaktionen abgewickelt. Der monatliche Frankenumsatz über alle Anwendungsbereiche von TWINT hat im September gegenüber Februar also um 89 Prozent zugenommen.
Bei der Anzahl Transaktionen lagen unmittelbar nach dem Lockdown alle Bereiche unter dem Trend. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass das Trendwachstum hoch war, insbesondere im E-Commerce. Rund alle sechs Monate verdoppelte sich die Zahl der Transaktionen.
Insgesamt zeigt sich, dass das in diesem Jahr festgestellte Wachstum nicht auf den Lockdown zurückzuführen ist, sondern dass eine nachhaltige Veränderung der Menschen in Bezug auf ihr Zahlungsverhalten beobachtet werden kann.
228 Millionen Transaktionen in 2021 erwartet
«Die Anzahl der Transaktionen aller Anbieter wird sich in nächster Zeit weiter erhöhen», ist sich Andreas Dietrich sicher. Er geht davon aus, dass bis im September 2022 monatlich rund 30 Millionen Transaktionen via Mobile Payment getätigt werden. Das ergäbe für das Jahr 2021 insgesamt rund 240 Millionen und im Jahr 2022 ca. 390 Millionen Transaktionen. Dies entspräche im privaten Zahlungsmarkt in Bezug auf die Anzahl der Transaktionen einem «Marktanteil» von rund neun Prozent. Damit wird das Bezahlen via Smartphone aus seiner Nische herausgetrieben.
Mobile Payment Studie – 2020
Einige interessante Statistiken aus der Studie:



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Bargeld wird bald nicht mehr das wichtigste Zahlungsmittel in der Schweiz sein | IFZ Retail Banking Blog
29. März 2021
[…] Bezahlen in der Schweiz ein Nischendasein. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, wie die kürzlich von uns publizierte Mobile Payment Studie zeigt. So sind inzwischen beispielweise bereits 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung über 15 […]
Martin
6. Januar 2021
Vielen Dank für die spannende Studie. Ich habe eine Verständnisfrage zu Abschnitt 2.4.1 in der Studie Zunahme der Verkaufsstellen am POS: Woher stammt der Effekt der Zunahme von Twint an den Verkaufstellen in der Schweiz? Gibt es absolut mehr Verkaufsstellen seit 2018 oder wurden viele Verkaufsstellen Twint-fähig gemacht? Wie wird ein Terminal twint-fähig, per automatischem Update oder explizitem, bezahlten Upgrade durch die Händler?
P. Huber
6. Januar 2021
«Woher stammt der Effekt der Zunahme von Twint an den Verkaufstellen in der Schweiz?» Meines Erachtens u.a. auch Hofläden, Parkplätze, Verpflegungsautomaten.
Anne von ACAD-Profy
5. Januar 2021
Dank E-Commerce und Internet sei der Versandhandel so vital wie nie, so der Branchenverband bevh. Die Branche setze derzeit jährlich im Privatkundengeschäft allein mit Waren rund 40 Milliarden Euro um. Der Online-Handel mit Waren habe daran einen Anteil von über 80 Prozent. Den jährlichen Gesamtumsatz im Geschäft mit gewerblichen Kunden schätzt der Verband auf mindestens 8,8 Milliarden Euro.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
28. Dezember 2020
Die zehn meistgelesenen Blog-Artikel im Jahr 2020
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Ein seltsames und vom Corona-Virus geprägtes Jahr neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle einen guten Rutsch ins Neue Jahr wünschen! Vor allem hoffe ich, dass Sie gesund bleiben.
Zum Abschluss des Jahres finden Sie unten die zehn meistgelesenen Artikel im Jahr 2020. Vielleicht haben Sie einen dieser spannenden Artikel verpasst?
- Digitale Vorsorgelösung bei der Zürcher Kantonalbank – «frankly» im Test
- UBS wird mit key4 Hypothekarvermittlerin im Retail Geschäft: Warum dieser Entscheid den Markt verändern kann
- Credit Suisse setzt ein Ausrufezeichen: Der Retail Banking-Markt kommt mit CSX in Bewegung
- Wer nutzt die Mobile Bank Neon? Erste Zahlen
- Apple Card – eine Revolution (auch) für die Schweiz?
- Was möchten Kunden? Und was bieten Banken an?
- Die UBS lanciert Multibanking – eine Einschätzung
- Wie nutzen Schweizerinnen und Schweizer das E-Banking und Mobile Banking?
- Der Digitale Mailraum der UBS – oder die Digitalisierung interner Arbeitsprozesse
- Erreichbarkeit von Banken-Hotlines und Entwicklung der Telefonanrufe: Eine Untersuchung bei 50 Schweizer Banken
Wir haben zudem vor 2 Wochen den IFZ Digital Podcast gestartet. Bis anhin haben wir mit vier spannenden Persönlichkeiten in einem rund 15-20 minütigen Gespräch verschiedene Themen beleuchtet. Hören Sie doch mal rein!
Gleichzeitig möchte ich Sie auf einige IFZ-Highlights im Jahr 2021 aufmerksam machen:
Konferenzen und Seminare
- März 2021: IFZ FinTech Konferenz (inkl. FinTech-Studie)
- 31. März 2021: Online-Seminar Bancassurance 2.0 – Modelle der Zukunft
- 21. April 2021: Sourcing Konferenz (inkl. Sourcing-Studie)
- 8. Juni 2021: Innovationen im Banking
- 25. November 2021: Retail Banking Konferenz (inkl. Retail Banking-Studie)
Weiterbildungen
- Ab 21. Januar 2021 CAS Gesamtbanksteuerung
- Ab 4. Februar 2021: CAS Digital Banking (ausgebucht; gerne nehmen wir Anmeldungen für den Kurs 2022 entgegen)
- Ab 9. September 2021: CAS Sales und Marketing im Banking
Diese und weitere Angebote können so zusammengestellt und ergänzt werden, dass man dadurch einen DAS oder MAS-Titel erlangen kann.
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Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
22. Dezember 2020
Vermarktung von Digital Banking – wie Kunden am besten erreicht werden können
Von Dr. Urs Blattmann, Dr. Manuel Thomet und Fabian Nikolussi
Eine neue Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ zeigt, dass Banken und Kunden die Relevanz von Marketinginstrumenten zum Teil unterschiedlich einschätzen. Eine Überprüfung der Gewichtung der verschiedenen Instrumente erscheint deshalb vielerorts sinnvoll.
Gerade auch unter dem Einfluss von Covid-19 hat Digital Banking eine weiter zunehmende Bedeutung erfahren. Viele Banken sehen in der digitalen Abwicklung von Bankgeschäften schon seit einiger Zeit ein Differenzierungselement. Sie sind deshalb gefordert, insbesondere neue Services sowie Funktionalitäten in diesem Bereich erfolgreich zu vermarkten. Dabei drängen sich eine Vielzahl von Fragen auf wie zum Beispiel «welche Mittel sind dazu erforderlich?», «wie lassen sich diese effizient einsetzen?» oder «welche Marketinginstrumente sind in welcher Phase des Kundenentscheidungsprozesses erfolgversprechend?».
Im Rahmen der Studie «Vermarktung von Digital Banking» ist das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ zusammen mit der Firma Publicis Communications der Frage nachgegangen, welche Marketinginstrumente von Banken zur Vermarktung von Digital Banking eingesetzt werden beziehungsweise mit welchen Marketinginstrumenten welche Kunden(gruppen) am besten erreicht werden können.
Um diese Frage zu beantworten, wurde in einem ersten Schritt der Digital Banking Marketingmix von unterschiedlich grossen Bankinstituten erhoben, um Erkenntnisse über die Bedeutung der eingesetzten Marketinginstrumente zu gewinnen. In einem zweiten Schritt wurde bei Digital Banking Nutzern aus der Deutsch- und Westschweiz mittels einer in Bezug auf Alter und GEschlecht repräsentativen Panel-Umfrage (N=761) die Relevanz von Marketinginstrumenten in der Awareness- und Considerationphase aus Optik der Kunden ermittelt. Mit der Gegenüberstellung der Analyseerkenntnisse aus der Kunden- und Bankensicht, konnten Optimierungspotentiale bei der Vermarktung von Digital Banking identifiziert werden.
Vier Typen von Digital Banking Nutzern
Auf der Basis einer Clusteranalyse ausgewählter Umfragevariablen wurden im Rahmen der Studie vier unterschiedliche Digital Banking Typen charakterisiert. Eine Kurzübersicht dieser Nutzertypen mit den wichtigsten Ausprägungen bezüglich Einstellung und Nutzungsverhalten ergibt folgendes Bild:
Die «fortschrittlichen Allrounder» stellen die grösste Nutzergruppe im Untersuchungssample dar. Fast die Hälfte der befragten Personen lassen sich diesem Nutzertyp zuordnen (49% bzw. 371 Personen). Zusammen mit den «Desktop Zahlern» weisen «fortschrittliche Allrounder» einen leicht überproportionalen Anteil an weiblichen Nutzern auf (51% bzw. 53%). Die «Desktop Zahler» weisen zudem mit rund 50 Jahren das höchste Durchschnittsalter aller vier Nutzertypen auf. Auf der anderen Seite sind die «mobilen Trader» und die «mobilen Enthusiasten» mit 59% und 67% vor allem männlich geprägt. Die «mobilen Enthusiasten» machen mit dem tiefsten Durchschnittsalter aller Nutzergruppen (knapp 40 Jahre) jedoch nur 4% (33 Personen) des Gesamtsamples aus.
«Bankwebseite» zentral – «Social Media» verhältnismässig unbedeutend
Die Untersuchungen zeigen bei der Erzeugung von Aufmerksamkeit beim Kunden in der Vermarktung neuer Digital Banking Services oder Funktionalitäten (Awareness-Phase), dass die Nutzergruppen Werbung zum Thema Digital Banking am ehesten über die «Bankwebseite» wahrnehmen (vgl. dazu auch Abbildung 2)[1]. Aber auch Marketinginstrumente wie «Newsletter/Mail» oder «Dritt-Webseiten» weisen diesbezüglich bei der Mehrheit der untersuchten Digital Banking Nutzer eine hohe Relevanz auf. Angesichts einer immer digitaler werdenden Gesellschaft war zudem interessant festzustellen, dass auch analoge Marketinginstrumente wie «TV» oder «öffentliche Werbeflächen» bei vielen Nutzern eine mittlere bis hohe Relevanz haben, wenn es um die Wahrnehmung von Werbeinhalten zum Thema Digital Banking geht.
Nicht nur zur Erzeugung von Aufmerksamkeit bei Digital Banking Nutzern, sondern auch in der Consideration-Phase spielt die «Bankwebseite» die zentrale Rolle. Wenn beispielsweise ein Nutzer sich eingehender mit Digital Banking Themen befassen möchte oder weiterführende Informationen dazu sucht, wird er dies am ehesten über die «Bankwebseite» tun. In diesem Informationsprozess sind insbesondere Texte relevant, gefolgt von Informationen im Videoformat. Hervorzuheben ist zudem, dass in der Consideration-Phase die persönliche Interaktion, sei es mit einem «Bankberater oder einer Bankberaterin» oder «dem persönlichen Umfeld», bei Digital Banking Themen für die befragten Personen bzw. Nutzergruppen eine verhältnismässig hohe Bedeutung hat. Analoge Vermarktungsinstrumente wie «physische Broschüren» oder «Produktflyer» spielen eine eher untergeordnete Rolle.
Überraschend ist, dass sowohl in der Awareness- als auch in der Consideration-Phase «Social Media» im Digital Banking Kontext beim Grossteil des Umfragesamples eine tiefe Relevanz aufweist.
Banken setzen vor allem auf «Social media» und die «eigene Bankwebseite»
Die Studie zeigt, dass die untersuchten Banken zur Vermarktung von Digital Banking vor allem digitale Marketinginstrumente einsetzen. Diese machen jeweils einen Anteil von mindestens 60% im Marketingmix aus. Besonders auffallend ist, dass die untersuchten Banken sowohl zur Erzeugung von Aufmerksamkeit beim Kunden als auch für die Consideration-Phase vor allem «Social Media» und der «eigenen Bankwebseite» eine besonders grosse Bedeutung beimessen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass die untersuchten Bankinstitute sich hauptsächlich auf «owned media» konzentrieren, also Kommunikationskanäle einsetzen, bei welchen sie die volle Kommunikationshoheit besitzen und «keine Kosten» für die Distribution von Informationen anfallen. Analoge Marketinginstrumente wie diverse Formate in Printmedien, Plakate oder auch Produktflyer/Broschüren werden von den untersuchten Banken zur Vermarktung von Digital Banking nur zum Teil eingesetzt und haben innerhalb des Marketingmixes eine geringe Bedeutung.
Fazit
Stellt man die Analyseerkenntnisse der Kunden- und der Bankenseite einander gegenüber, lässt sich festhalten, dass insbesondere beim Marketinginstrument «Bankwebseite» eine hohe Übereinstimmung der Relevanz sowohl in der Awareness- als auch Considerationphase vorliegt. Für Banken bedeutet dies, dass zur Vermarktung von Digital Banking die eigene «Bankwebseite» ein gut geeigneter Werbeträger darstellt und Kunden oder potenzielle Kunden damit verhältnismässig gut erreicht werden können. Es empfiehlt sich daher die Bankwebseite innerhalb des Marketingmixes hoch zu gewichten und einen besonderen Fokus auf einen klaren und nutzerfreundlichen Webauftritt zu legen, vor allem in Bezug auf Text- und Video Elemente.
Grosse Diskrepanzen in der Relevanzbeurteilung wurden im Bereich «Social Media» festgestellt. Dies mag damit zusammenhängen, dass «Social Media» im Bankenkontext seitens des Kunden als ein eher ungeeignetes Medium empfunden wird. Banken sollten die Bedeutung von «Social Media» als Marketinginstrument deshalb nicht zu hoch einschätzen. In Abhängigkeit der Zielgruppe empfiehlt es sich zudem genau zu prüfen, welche konkreten Social Media Kanäle genutzt und welche Inhalte darüber verbreitet werden sollen.
Die Studie «Vermarktung von Digital Banking» wurde mit Unterstützung durch PostFinance, Raiffeisen, Schwyzer Kantonalbank und UBS realisiert.
[1] Effekte wie Häufigkeit eines Webseitenbesuches oder Art/Inhalt der Kommunikation wurden nicht berücksichtigt. Generell: Aussagen zu Marketinginstrumenten beziehen sich auf die individuellen Relevanzeinschätzungen der Untersuchungsteilnehmer (Umfrageskala: 1=nicht relevant bis 7=sehr relevant). Eine explizite Untersuchung der Customer Journey wurde nicht durchgeführt.
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Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
14. Dezember 2020
Einführung eines neuen digitalen Kundeneröffnungsprozesses in den Filialen der St. Galler und der Luzerner Kantonalbank – warum sich das lohnt
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Die Kundeneröffnungsprozesse in der Bankfiliale sind heute noch immer wichtig. Sie bieten derzeit aber bei fast allen Banken ein beträchtliches Optimierungspotenzial. Die Kantonalbanken aus Luzern (LUKB) und St. Gallen (SGKB) sind dieses Thema angegangen und arbeiten aktuell daran, den Neueröffnungsprozess in den Filialen zu optimieren. Im heutigen Blog zeige ich die Ansätze und das Ausmass der Verbesserungen auf.
Die derzeitigen Kundeneröffnungsprozesse in den Bankfilialen sind bei den meisten Banken eher ineffizient und bieten ein grosses Optimierungspotenzial. Einerseits ist das Kundenerlebnis ungenügend, da der Prozess aus Kundensicht (zu) lange dauert. Viele Kunden verbringen mehr als 60 Minuten in der Filiale, wovon sie einen bedeutenden Teil der Zeit warten müssen. Als zweites beträgt die Prozessdurchlaufzeit einer Neueröffnung bei vielen Banken drei oder mehr Tage. Als drittes ist der Kundeneröffnungsprozess wohl einer der aufwändigsten Prozesse innerhalb einer Bank. Er beinhaltet viele Arbeitsschritte bei vielen involvierten Organisationseinheiten, hat verschiedene Medienbrüche und eine hohe Fehleranfälligkeit. Die technologischen Möglichkeiten der Digitalisierung werden bislang bei diesem Prozess noch zu wenig genutzt.
Spannend ist auch, dass die digitale Kontoeröffnung über das Smartphone oder den Computer für Privatkunden in der Zwischenzeit zwar von rund 20 Banken in der Schweiz angeboten wird. Die meisten dieser Banken haben aber als «Parallel-Prozess» noch immer den «alten» Eröffnungsprozess in der Filiale am Laufen.
Obwohl derzeit wohl noch immer rund 95 Prozent der Neueröffnungen physisch in der Filiale stattfinden, haben nur wenige Banken diesen Prozess signifikant verbessert. Daher ist es interessant, dass nun unabhängig voneinander zwei Kantonalbanken, die St. Galler Kantonalbank (SGKB) und die Luzerner Kantonalbank (LUKB), dieses Thema aufgenommen und eine Digitalisierung des Kundeneröffnungsprozesses in ersten Bankfilialen umgesetzt haben.
Warum der Fokus auf den Neueröffnungs-Prozess?
Ich gehe davon aus, dass beide Kantonalbanken ca. 10’000 Neueröffnungen von Kundinnen und Kunden aus dem Privatkundensegment pro Jahr durchführen. Entsprechend ist der Kundeneröffnungsprozess für die beiden Banken ein zentraler Prozess. Der Prozess ist die erste Kundeninteraktion, wird häufig durchgeführt und bindet viele Ressourcen in der Bank. Einerseits sprechen also Effizienzgründe für einen digitalisierten Prozess. Auf der anderen Seite möchten beide Institute mit einer Umsetzung der Digitalisierung des Kundeneröffnungsprozesses in der Bankfiliale auch ein besseres Kundenerlebnis schaffen und die gemeinsame Zeit mit dem Kunden in die Beratung investieren. Die neuen Prozesse wurden bei beiden Banken durchgängig «Front-to-Back» umgesetzt, um das Digitalisierungs-Potenzial auch im Backoffice zu nutzen. Die Prozesse sind nun weitgehend automatisiert. Durch den nun stärker strukturierten und auch digitalisierten Prozess sollen auch die Fehler minimiert werden.
Beide Kantonalbanken fokussieren auf die häufigsten Anwendungsfälle von natürlichen Personen mit Domizil Schweiz. Die SGKB hat für das Projekt mit dem Startup eligamo als Umsetzungspartner zusammengearbeitet. Lösung ist vollständig in Avaloq integriert. Auch die Lösung der LUKB wurde, um eine tiefe Integration sicherzustellen und Redundanzen zu verhindern, auf der Basis einer Avaloq Technologie entwickelt.
Die SGKB hat erstmals im Juli mit zwei Kundenberatern den Prozess gestartet. Nach verschiedenen Anpassungen wird nun seit Anfang November der Prozess mit der vollständig integrierten Lösung bei vier Filialen eingesetzt. Spätestens ab Juli 2021 soll der Prozess komplett umgestellt werden. Die LUKB hat den neuen digitalen Kundeneröffnungs-Prozess seit Mitte Oktober 2020 in vier Niederlassungen der LUKB bei rund 40 Kundenberaterinnen und Kundenberatern im Pilot-Einsatz. Ab Januar 2021 sind die Schulungen aller Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer und damit der Einsatz in allen Geschäftsstellen geplant.
So funktionieren die Prozesse
St. Galler Kantonalbank
Für die neuen Prozesse mussten die Arbeitsplätze etwas angepasst werden. Die Kundenberaterinnen und Kundenberater arbeiten zwar grundsätzlich an ihrem gewohnten Arbeitsplatz. Beispielsweise wird aber der Bildschirm des Kundenberaters direkt auf den Monitor übertragen, damit die Transparenz aus Sicht des Kunden erhöht wird.
Der Prozess kann in fünf Schritte unterteilt werden
- Als erstes wird der künftige Kontoinhaber identifiziert (Pass oder ID werden gescannt und die Informationen werden automatisch eingelesen). Im Hintergrund werden automatisiert auch verschiedene Compliance-Checks durchgeführt, z.B. in Bezug auf «politisch exponierte Personen» (PEP).
- Als zweites werden Ziele des Kunden und Produktwünsche aufgenommen. In diesem Prozessschritt sollen die Kundin und der Kunde kennengelernt werden. Im «Produktshop» werden Basisprodukte vorgestellt und (auch altersabhängige) Empfehlungen angezeigt. Der Produktshop bietet dem Berater auch die Möglichkeit, komplexere Bedürfnisse zu erfassen und passende Produkte für Folgeberatungen anzubieten. Dies gibt für Kundenberaterinnen und Kundenberater eine zusätzliche Unterstützung, welche Themen möglicherweise spannend sind.
- In einem dritten Schritt muss der Kunde verschiedene Daten angeben (verschiedene Adressangaben; Fragen in Bezug auf US-Persons; Angaben zu Vermögen und Einkommen, etc.). Hat der Neukunde seinen Wohnsitz im Ausland, wird der Prozess nicht unterstützt respektive man wechselt zurück zum «alten» Prozess.
- In einem vierten Schritt werden die verschiedenen Verträge generiert und der Basisvertrag unterschrieben. Dabei werden beispielsweise auch Kartenbestellungen automatisch und ohne manuelle Eingriffe bestellt und die entsprechend Unterlagen werden automatisch archiviert. Die Eröffnungsdokumente werden dem Kunden zudem digital ins E-Banking gestellt.
Mit einer einzelnen Unterschrift auf dem Convertible Notebook wird der gesamte Kunden- und Produkteröffnung aus Kundensicht abgeschlossen. Im Hintergrund wird ein Willkommensbrief erstellt, der auch die Produkte zusammenfasst. Positiv zu erwähnen ist, dass die IBAN-Nummer bereits aktiv ist. - Die Eröffnung der Geschäftsbeziehung erfolgt vollständig automatisiert in Avaloq. Die Nachbearbeitung ist für den Kundenberater oder die Kundenberaterin wenig aufwändig. Die Informationen werden ins Backoffice an das Team «Kundendaten» übergeben. Diese prüfen und plausibilisieren die Angaben.
Luzerner Kantonalbank
Der Prozess bei der Luzerner Kantoalbank ist ähnlich wie jener der SGKB. Entsprechend werde ich nachfolgend nur auf einige wichtige Aspekte beim Prozess der Luzerner Kantonalbank eingehen:
- Der Kunde wird aktiv in die Eröffnung miteinbezogen. Der Kunde kann – wie auch bei der SGKB – über den Monitor im Besprechungszimmer folgen was der Kundenberater oder die Kundenberaterin macht.
- Auch bei der LUKB gibt es einen Produkte-Shop für die Kunden über welchen der Kundenberater oder die Kundenberaterin mit dem Kunden intuitiv alle Basisprodukte (Konten, Karten, E-Banking) eröffnen kann. Dadurch soll eine Art «Shopping-Feeling» entstehen (siehe Abbildung 2)
- Des Weiteren gibt es auch bei der Luzerner Kantonalbank eine «Single Signature». Mit einer einzelnen Unterschrift können Kunden alle Dokumente unterschreiben (siehe Abbildung 3). Die unterzeichneten wie auch die bestätigenden (Bsp: AGB) Dokumente werden dem Kunden im E-Banking zur Verfügung gestellt. Somit kann die Eröffnung mit dem Kunden komplett papierlos durchgeführt werden.
- Das Konto wird innert Stunden oder Minuten freigeschaltet. Der Kunde wird per SMS informiert über die Freischaltung.
- Zusätzlich wird das E-Banking gemeinsam mit dem Kunden im Kundengespräch bereits aktiviert („Instant E-Banking»).
- Die nachgelagerten Arbeitsschritte wurden weitgehend automatisiert. Die Kontrolle konzentriert sich auf einige wenige, wichtige Punkte.
- Um einen hohen Automatisierungsgrad zu erreichen, wurde die digitale Kundeneröffnung tief in die LUKB Systemlandschaft eingebettet.
Bisherige Erfahrungen und Nutzen der Verbesserungen
- Der Kunde kann bei beiden Banken theoretisch in zehn Minuten durch den Prozess geleitet werden. Wenn die Kundin oder der Kunde aber Zeit hat, können die Banken auch mehr Zeit mit ihnen verbringen und sie dadurch besser kennenlernen. So zeigen die bisherigen Erfahrungen beider Banken, dass der Prozess oft zwischen 30 und 40 Minuten dauert, weil im Eröffnungsprozess verschiedene andere Themen auch diskutiert werden.
- Die Kunden hatten zuvor lange Wartezeiten. Mit den neuen und deutlich besser geführten Prozessen gibt es für die Kundinnen und Kunden praktisch keine Leerzeiten mehr. Dadurch ist auch das Kundenerlebnis deutlich besser als zuvor.
- Die Hilfsmittel und die digitale Unterstützung (bspw. Monitore, Tablets) der Prozesse führen zu einem interaktiveren Prozess.
- Frontmitarbeitende nahmen die neuen Prozesse positiv wahr. Die verschiedenen Regelungen sind automatisch abgebildet und der Prozess wird vorgegeben. Dadurch reduziert sich nicht nur das Compliance-Risiko, sondern die Kundenberatenden können sich auch stärker auf das Gespräch fokussieren. Auch die Nachbearbeitungs-Zeit für die Kundenberaterinnen und Kundenberater ist deutlich kürzer geworden.
- Bei der St. Galler Kantonalbank sind die Prozesse in der Filiale und der «Digital Onboarding»-Prozess derzeit noch komplett unterschiedlich. Zukünftig werden die Prozesse aber angeglichen.
- Die Steigerung der Effizienz respektive auch die Reduktion der Komplexität kann anhand einiger Kennzahlen der beiden Kantonalbanken aufgezeigt werden:
- Bei den beiden Banken gibt es nur noch 4 statt wie zuvor 41 Arbeitsschritte im Backoffice. Gleichzeitig sind auch weniger Stellen im Backoffice in den Prozess involviert.
- Die durchschnittliche Prozesslaufzeit hat sich von 64 auf 12 Minuten reduziert.
- Es konnte eine starke Reduktion der Rückfragen und Rücklauf-Quote dank der erhöhten Datenqualität festgestellt werden.
Fazit
Der Kontoeröffnungs-Prozess schafft den ersten Eindruck, den ein Neukunde und eine Neukundin von einer Bank und ihren Dienstleistungen bekommt. Die aktuellen Neueröffnungs-Prozesse sind bei vielen Banken aber noch immer ineffizient. Papierbasierte Prozesse und eine fehlende Automatisierung verhindern, dass Kundinnen und Kunden rasch über das Konto verfügen können. Zudem variiert die Dauer des Kontoeröffnungs-Prozesses des Kunden abhängig von der Bank – bei den meisten Banken dauert der eigentliche «Kernprozess» aber wohl noch (zu) lange. Vor diesem Hintergrund sind die Prozessverbesserungen bei der St. Galler und Luzerner Kantonalbank sehr zu begrüssen. Die Durchlaufzeit wurde stark gesenkt, der Kunde hat ein besseres Erlebnis und auch für die Banken selber sind die Prozesse deutlich günstiger und weniger komplex als zuvor. Grundsätzlich kann die Kunden- und Produkteröffnung nun auch in einer Filiale innerhalb von zehn Minuten mit einer einzelnen Unterschrift vollzogen werden.
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7. Dezember 2020
Rückblick auf die IFZ Retail Banking Konferenz 2020
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Anja Leutenegger und Marc Leuenberger
Die neunte IFZ Retail Banking Konferenz fand zum ersten Mal online mit über 150 Teilnehmenden statt. Neben der Vorstellung der IFZ Retail Banking-Studie 2020 gab es zahlreiche spannende Referate von Schweizer Banken, FinTechs und internationalen Finanzdienstleistungsunternehmen. Einige Kernaussagen des Nachmittags fassen wir nachfolgend zusammen.
Vorstellung IFZ Retail Banking-Studie 2020
Prof. Dr. Andreas Dietrich, IFZ, Hochschule Luzern – Wirtschaft
Eine Zusammenfassung der IFZ Retail Banking-Studie 2020 finden Sie hier.
Nachfolgend einige Impressionen von der Konferenz:
Die digitale Agenda 2.0 der Sparkassenorganisation
Frank Weigand, Leiter digitale Innovation bei Deutscher Sparkassen- und Giroverband
- Infolge von Covid-19 hat die Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen von den einzelnen Sparkassen zugenommen. Insbesondere die Bedeutung von Videoberatungen ist in dieser Zeit angestiegen.
- Die digitale Agenda 2.0 des Sparkassenverbands wird mit drei Jahren Laufzeit in 6 Teilprojekten und über 150 Projektmitarbeitenden in einer agilen Projektorganisation abgewickelt.
- Durch die Organisation der Sparkasse mit 379 einzelnen Banken stellt insbesondere die unternehmensinterne Kommunikation der digitalen Innovationen eine Herausforderung dar. Die Sparkasse hat hierzu unter anderem einen unternehmensinternen Podcast lanciert, den innerhalb von 2.5 Monaten schon über 1’000 Mitarbeitende abonniert haben.
- Der Sparkassen-Verband hat 85 digitale Kennziffern entwickelt. Diese werden vierteljährlich erhoben und als Benchmark allen Sparkassen zur Verfügung gestellt. Es wird dadurch für jede Sparkasse ersichtlich, ob man den Mindestanspruch erreicht, wie man im Vergleich mit den anderen Sparkassen in Bezug auf die Digitalisierung steht und was man tun muss, um zu den Leadern zu gehören.
Repositionierung der Credit Suisse im Retail Banking Markt Schweiz
Marc von Widekind, Head of Digital Channels & Platforms, Credit Suisse
- Die Umwandlung des Digital Banking Geschäfts mit Retail und Affluent Kunden sowie auch kleineren Firmenkunden hat das klare Ziel der Gewinnung von Marktanteilen.
- Um die Ziele zu erreichen, wurden drei Massnahmen getroffen:
- Schaffung eines dedizierten Unternehmensbereichs «Digital Banking»
- Neues Filialkonzept
- Digitales Produktangebot
- Der dedizierte Unternehmensbereich «Digital Banking» soll u.a. Kommunikationskanäle optimieren oder die Rate der digitalen Nutzung durch ein verbessertes Produktangebot und digitale Interaktion mit Kunden fördern.
- Dem veränderten Kundenbedürfnis begegnet die Credit Suisse unter anderem mit einem neuen Filialkonzept, mit welchem Kunden auch befähigt werden sollen, sich im digitalen Umfeld zurecht zu finden. Wie das in etwa aussehen soll, sieht man in der neuen Filiale an der Europaallee. Die Filiale ist offen und modern gestaltet. Es gibt «Digital Bars», an welchen Kunden persönlich beraten und auch in die digitale Welt des Bankgeschäfts eingeführt werden. Weiter hat die Credit Suisse in der Filiale eine Co-Working-Zone eingerichtet. Darin stellt die Credit Suisse einige frei zugängliche Arbeitsplätze zur Verfügung.
- Im Bereich des digitalen Produktangebots stand natürlich vor allem das Geschäftsmodell von CSX im Vordergrund. Interessant war vor diesem Hintergrund die Information, dass die Credit Suisse im 2021 eine integrierte Bancassurance-Lösung in Zusammenarbeit mit der AXA Versicherung lanciert. Die Lösung wird in der CSX App sowie anderen Kundenkanälen das digitale Angebot der Bank für ausgewählte Kunden ergänzen.
Weitere Informationen und meine Einschätzungen zu CSX finden Sie hier.
Ökosysteme – Zukunft der Banken?
Dr. Martha Böckenfeld, Head Digital Platforms & Marktepalces, UBS
- Ökosysteme bilden ein Netz der Chancen – BigPlayer wie Alibaba Group, Google Pay oder Revolut demonstrieren, wie Ökosysteme für den Kunden einen deutlichen Mehrwert schaffen. Sieben der Top 10 Unternehmen nach Marktkapitalisierung weltweit sind heute Plattformen.
- In der Schweiz beschleunigen vor allem Versicherungs-Unternehmen wie die Mobiliar, Helvetia oder Baloise den Aufbau von Ökosystemen – mit einem bisherigen Fokus auf das Thema «Zuhause/Home».
- Interessant sind diese Entwicklungen auch vor dem Hintergrund entstehender Marktplätze bei Neobanken wie Revolut oder bei Google. Auch das Thema «Embedded Finance» könnte in diesem Zusammenhang noch stark an Bedeutung gewinnen. Man müsse als Bank offen sein für Kollaborationen – auch mit BigTechs.
- Um den sich wandelnden Kundenbedürfnissen im Zeitalter der Plattformen zu genügen, lancierte die Grossbank im Jahre 2017 UBS Atrium. Mit über CHF 1.8 Mrd. Volumen und einer 80% Konversionsrate ist die Plattform für Renditeobjekte bislang aus Sicht von UBS ein grosser Erfolg. In einem zweiten Schritt hat UBS key4 lanciert, eine Plattform für Hypotheken von selbstbewohntem Wohneigentum.
- Key4 baut für diese Plattform auch ein Ökosystem auf (u.a. mit Homegate und Houzy)
Weitere Informationen und meine Einschätzungen zur Zusammenarbeit von key4 mit Homegate finden Sie hier.
Kulturwandel bei der BLKB
John Häfelfinger, CEO BLKB
- Symbolik ist nicht zu verwechseln mit Change. Nur weil man keine Krawatten mehr tragen muss oder per Du ist, gibt es noch keinen Change. Entsprechend haben diese vor rund zwei Jahren eingeführten Massnahmen bei der BLKB nur eine kurzfristige Wirkung entfaltet.
- Kompetenzentwicklung ist ein Fokusthema bei der BLKB. Die BLKB investiert stark in die Ausbildung der Mitarbeitenden, wobei diese auf das künftige Berufsbild der Bankmitarbeitenden und die Bedürfnisse der Bank ausgerichtet sind. John Häfelfinger vergleicht das Vorgehen diesbezüglich mit dem Managen eines Fussball-Teams, welches die Marktwerte ihrer Mitarbeitenden mit verschiedenen (auch teuren) Weiterbildungs-Programmen erhöht. Durch diese Investitionen müssen einerseits nicht «teure» Kundenberaterinnen und Kundenberater eingekauft werden. Anderseits zahlen sich diese Investition auch direkt für die Bank aus, da die Kundenberaterinnen und Kundenberater durch diesen Kompetenzgewinn umfassendere Beratung rund um das Thema Finanzplanung anbieten als noch zuvor.
- Der Fokus und die KPI in der Kundenberatung liegen auf der Zeit, die Kundenberaterinnen und Kundenberater mit Kunden verbringen und nicht bei der Anzahl verkaufter Produkte.
- Der Budgetierungsprozess erfolgt bei der BLKB Bottom-Up statt Top-Down. Dadurch entstehen die Zielsetzungen durch die Mitarbeitenden selbst und werden nicht von oben diktiert.
PayKey – Stay ahead of the game by embedding banking services in customers‘ everyday social lives
Idan Cataife – VP Sales & Business Development
- PayKey ist ein israelisches FinTech, welches Banking-Services via social und communication-Apps wie WhatsApp oder Instagram ermöglicht.
- Die Grundidee von PayKey ist es, Bankkunden einen schnelleren Zugang zu Finanzdienstleistungen wie zum Beispiel P2P-Zahlungen oder Kontostandüberprüfungen zu geben, indem diese Funktionalitäten aus jeder mobilen Anwendung – einschliesslich aller Messaging-Apps – heraus angeboten werden können. Grundbasis hierfür ist die Smartphone-Tastatur, die einen Button mit dem Logo der jeweiligen Bank enthält und mit deren Hilfe sich ein Menü mit den freigeschalteten Bank-Dienstleistungen öffnet.
- Als Bank eröffnet man den Kunden dadurch die Möglichkeit, das tägliche Bankgeschäft einfach und friktionslos in alle relevanten Apps zu integrieren. Wichtig ist dabei auch, dass die Kundenschnittstelle weiterhin durch die Bank besetzt wird. So können Kunden über den Keyboard-Button und mit einem Klick auf das entsprechende Banken-Logo einen Geldtransfer über das Bankkonto veranlassen, während sie mit Freunden und der Familie chatten. Sie müssen hierfür nicht mehr zwingend die Mobile Banking- oder die Bezahl-App öffnen.
- Aktuell nutzen über 20 Finanzinstituten PayKey, darunter beispielsweise ING und UniCredit.
Cybera.global: Cybercrime und Online Betrug verhindern
Tobias Ellenberger, Co-Founder Cybera.global
- Cyber-Crime ist ein riesiger und stark wachsender Markt (rund 6 Billionen USD jährlich). Das Cyber-Crime-Business ist für Kriminelle extrem attraktiv, weil hohe Renditen mit geringen Kosten und tiefen Risiken einhergehen.
- global will den ROJ (Risk of Jail), der im Cyber-Crime heute bei lediglich 0.05% liegt, erhöhen.
- Mit C-Alert und E-Notification hat Cybera.global zwei Lösungen entwickelt, um Cyber-Crime zu reduzieren. C-Alert beinhaltet eine weltweite real-time Plattform, in der Konti, die für kriminelle Zwecke genutzt werden, erfasst und unmittelbar blockiert werden können. Dadurch soll die Mehrfachnutzung krimineller Bank-Accounts verhindert werden.
- Mit der E-Notification sollen Behörden oder Banken Cyber-Crime im Falle eines Angriffs schnell online melden können. Stand heute ist es in der Schweiz zwar möglich, einen Fahrraddiebstahl online anzuzeigen, nicht jedoch eine Cyber-Crime-Attacke. Durch die E-Notification kann die Chance für einen Fahndungserfolg – dank digitalisiertem und schnellem Prozess – erhöht werden.
Studienbestellung
Die 220-seitige «IFZ Retail Banking-Studie 2020» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar.
Wir danken den folgenden Sponsoren für die Unterstützung:
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30. November 2020
So funktioniert die Bancassurance-Zusammenarbeit zwischen UBS und Zurich bislang
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Vor allem durch die Digitalisierung gewinnen Bancassurance-Angebote wieder an Bedeutung im Schweizer Markt. So können Gründerinnen und Gründer bei UBS seit März auf der «UBS Start Business»-Plattform nicht nur verschiedene Bankenprodukte für ihre neuen Firmen abschliessen, sondern im Rahmen dieses Online-Prozesses zusätzlich Versicherungsprodukte der Zurich Versicherung beziehen. Im heutigen Blog erläutere ich das Angebot, teile erste von UBS und Zurich Versicherungen gemachte Erfahrungen und gehe auf die möglichen Weiterentwicklungen in diesem Themenfeld ein.
Im März haben UBS und Zurich Schweiz auf der bestehenden Online-Plattform «UBS Start Business» ein Angebot lanciert, das klassische Banking-Services für Neugründerinnen und Neugründer (u.a. Kapitaleinzahlungs- und Geschäftskonto) mit Versicherungsdienstleistungen kombiniert. Seither sind auf der Plattform auch Versicherungsdienstleistungen erhältlich, die für Firmen entweder obligatorisch sind oder weitere wichtige Risiken abdecken, die viele Start-Ups nicht selbst tragen wollen. Das Angebot soll die von Jungunternehmen in der Gründungsphase benötigten Bank- und Versicherungsdienstleistungen mittels einer One-Stop-Lösung bereitstellen. Durch das Angebot werden zwei typische «Pain Points» (Einrichtung eines Kapitaleinzahlungskontos und Abschliessen von grundlegenden Versicherungsleistungen) in einer frühen Phase kombiniert abgedeckt. Interessant ist, dass UBS – im Gegensatz beispielsweise zum Angebot als Hypothekarvermittlerin über Key4 – für diesen Geschäftsfall kein grösseres Ökosystem und keine offene Plattform aufbaut, sondern die Umsetzung exklusiv mit der Zurich Versicherung vorgenommen hat. Dies macht aber wohl Sinn, da die typischen Gründer in dieser frühen Phase der Unternehmensgründung nicht zwischen fünf verschiedenen Versicherungsanbietern auswählen möchten. Ich gehe davon aus (die beiden Unternehmen wollten hierzu keine Stellung beziehen), dass Zurich UBS für diese Exklusiv-Partnerschaft im KMU-Bereich pro Lead entsprechend entschädigen muss.
Unternehmensgründungen Schweiz
Interessant ist der gewählte Fokus auf Unternehmensgründerinnen und Unternehmensgründer. Allerdings stellt sich auch direkt die Frage, wie gross das Potenzial im Schweizer Markt überhaupt ist. Wie Abbildung 1 verdeutlicht, ist die Anzahl an Neugründungen in den vergangenen Jahren ziemlich konstant angestiegen: So sind für das Jahr 2019 insgesamt 44’482 Neugründungen zu verzeichnen, was einem Plus von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr 2018 und dem bisherigen Rekordwert entspricht.
So läuft der Prozess
Der Prozess kann über das im Jahr 2019 lancierte und spezifisch für Neugründungen konzipierte UBS Start Business Portal online durchgeführt werden. Auch wenn die Journey für Neugründer digital startet, braucht es derzeit leider teilweise noch eine telefonische Interaktion zwischen Kunde und UBS, so z.B. bei der Eröffnung des Kapitaleinzahlungskontos, welches erst ab 2021 vollumfänglich digital abgeschlossen werden kann. Das Portal bietet verschiedene kostenlose Dienstleistungen der Bank an (z.B. Vorlage für Businesspläne; Möglichkeit des UBS Virtual Venture Caffès, welches einer limitierten Anzahl an Jungunternehmen kostenlos die Gelegenheit gibt, sich mit Experten auszutauschen). Das entsprechende Portal und die darin auch enthaltene Möglichkeit des digitalen Onboardings waren die Basis, dass das Projekt mit der Zurich Versicherungen überhaupt zustande kommen konnte.
Aus meiner Sicht gestaltet sich der Prozess für die Eröffnung des webbasierten Bankenpakets (und auch Versicherungspakets) ziemlich einfach und intuitiv. Der gesamte Prozess wird dabei in der UBS-Welt abgebildet (vgl. Abbildung 2).
Danach können die Kunden ihre gewünschten Produkte, sofern sie dies möchten, selbst zusammenstellen (siehe Abbildung 3).
Nach Abschluss dieses Prozesses können die Kunden wählen, ob sie auch die Versicherungsfragestellungen lösen möchten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass viele Neugründerinnen und Neugründer wenig profunde Kenntnisse zu Versicherungsthemen besitzen. Entsprechend kann diese «Unterstützung» auf der Customer Journey nicht nur als bank- und versicherungsseitig ausgedachter Business Case betrachtet, sondern vielmehr auch als Dienstleistung und frühzeitige Schaffung von Awareness aufgefasst werden.
Entscheiden sich die Kunden für die Versicherungslösung, müssen verschiedene Standardfragen nach der obligatorischen Unfallversicherung («Haben Sie sich und Ihre Mitarbeitenden bereits gegen Unfälle versichert?»), der obligatorischen Beruflichen Vorsorge oder der Krankentaggeldversicherung beantwortet werden.
Weitere Eigenheiten des Angebots
- Grundsätzlich scheint man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben. Bancassurance wird nicht einfach als zusätzliches Produkt neben bestehenden Bankprodukten angeboten. Konkret bedeutet dies, dass die Kunden sich bei Fragen zu Bankprodukten an das UBS Callcenter wenden können, wohingegen sämtliche Versicherungsfragen direkt an die Zurich Versicherung verwiesen werden. Es findet somit kein Vertrieb der Versicherungsprodukte über die klassischen Bank-Beraterkanäle statt und die Organisationen sind weder miteinander verknüpft noch fusioniert.
- Derzeit ist die Customer Journey so ausgestaltet, dass die Kunden nur von UBS zu Zurich Schweiz gelangen. Den umgekehrten Weg (Start bei Zurich und danach Übergang zu UBS) ist derzeit hingegen (noch?) nicht möglich. Die Journey startet aber in der Regel auch zuerst bei der Einrichtung eines Kapitaleinzahlungskontos, bevor die Gründerinnen und Gründer die Versicherungslösungen abschliessen.
- Die Lösung der Zurich ist direkt an die UBS-Webseite angebunden. Die entsprechende Schnittstelle musste gebaut werden, damit es zu einem digitalen End-to-End-Prozess kommt.
Bisherige Erfahrungen
UBS und Zurich teilen für diesen Blog die folgenden bisherigen Erfahrungen mit der Lösung resp. dem Portal:
- UBS wächst im Bereich der neu gegründeten Firmenkunden rund 3 bis 5 Prozent über Markt seit Gründung der Digital Corporate Bank.
- Zurich kann ein Wachstum bei den neugegründeten Unternehmen 2020 gegenüber Vorjahr (aufch) von rund 200 Prozent vorweisen. Dank dieser Zusammenarbeit sei der Web-Traffic von Zurich Schweiz spürbar gestiegen.
- Mehr als die Hälfte der Neugründer-Kunden interessieren sich auch für ein Versicherungsprodukt und gehen nach Abschluss der Bank-Journey noch weiter in die «Versicherungs-Welt». Diese Zahlen und auch jene des Abschlusses sind gemäss Angaben von UBS und Zurich Schweiz «sehr zufriedenstellend für einen MVP während Corona». Die Zahlen konnten offenbar vor allem in den letzten Monaten deutlich gesteigert werden.
- Mehr als 50% der Kunden, welche über das UBS-Portal auch bei Zurich einen Abschluss vornehmen wollen, nehmen auch eine persönliche Beratungsleistung in Anspruch. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sich die rein digitalen Abschlüsse auf unter 50% belaufen.
- Eine wichtige Feststellung war, dass diese Kundengruppen gerade am Anfang keinen «Oversell» möchten. Die jungen KMU möchten zum Start nur das Nötigste. So wurde beispielsweise eine Cyber Insurance, welche von UBS momentan nur als Teil einer online Sicherheitsprüfung (UBS Security Check) beworben wird, nicht über den Online-Prozess auf Start Business angeboten. Die beiden Marktakteure sind laufend daran, weitere Erfahrungen zu sammeln und Produkte weiterzuentwickeln.
Fazit
Die Zusammenarbeit zwischen Banken und Versicherungen ist in der Vergangenheit mehrfach gescheitert. Der von UBS und Zurich verfolgte Ansatz verspricht aber mehr Potenzial: Bancassurance wird nämlich nicht (mehr) über einen Allfinanz-Berater betrieben, sondern mittels einer Zusammenarbeit auf dem digitalen Kanal ermöglicht. Das vorliegende Angebot mit der Kombination von Bancassurance und Unternehmensneugründungen kann, auch wenn derzeit nur in einer Nische, europaweit als Innovation bezeichnet werden. Positiv daran ist sicherlich, dass mit dieser Lösung ein Kundenbedürfnis befriedigt und den Neugründerinnen und Neugründern der Startprozess vereinfacht wird.
Interessant aus meiner Sicht ist insbesondere auch die Strategie, dem auf dem digitalen Kanal bislang vernachlässigten Segment der Neugründerinnen und Neugründer vermehrt auch digitale Angebote zu offerieren. Ähnlich wie im Retailgeschäft ist der digitale Kanal für diese Kundengruppe mit einfachen und standardisierten Basisgeschäft-Bedürfnissen grundsätzlich – und in einer langfristigen Perspektive – vor allem für grössere Anbieter günstiger. Gleichzeitig ist klar, dass es das Ziel von UBS und Zurich ist, die entsprechenden Kunden längerfristig zu begleiten und später auch für werthaltigere Produkte gewinnen zu können.
Die ersten Erfolge erscheinen vielversprechend. Insofern kann man davon ausgehen, dass das Segment der Unternehmensgründerinnen und Unternehmensgründer – jährlich werden hierzulande rund 40’000 Firmen gegründet – nur ein erster Schritt hin zu einem breiteren Bancassurance-Angebot der beiden Grossfirmen ist. Auf mittlere Sicht werden UBS und Zurich wohl auch ihre Bestandskunden und anschliessend die rund 500’000 Schweizer KMU ansprechen wollen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass solche Modelle Schule machen werden. Für die Gesamtmarktentwicklung muss mehr Konkurrenz im Bereich Bancassurance aber nicht zwingend negativ sein. Möglicherweise hilft es allen Marktteilnehmenden, wenn das Thema breiter angegangen wird.
PS: UBS und Zurich Schweiz, CS und AXA, Raiffeisen und die Mobiliar, neon und smile.direct – massgeblich getrieben durch die fortschreitende Digitalisierung und die dadurch veränderten Kundenansprüche schliessen die Schweizer Banken und Versicherer strategische Partnerschaften, um dem Kapitel Bancassurance neue Konjunktur zu verschaffen. Ziel ist es, die Customer Journey mittels One-Stop-Shop-Lösungen schnell und unkompliziert zu gestalten und sich somit einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung werde ich gemeinsam mit meinem Kollegen und Insurance-Verantwortlichen am IFZ, Dr. Florian Schreiber, am 31. März 2021 ein Online-Seminar Bancassurance durchführen. Neben der Vorstellung spannender Use Cases und Best Practices aus dem In- und Ausland werden wir den Fokus insbesondere auf die zentralen Erfolgsfaktoren von Bancassurance legen und mögliche Positionierungsstrategien für Banken und Versicherer aufzeigen.
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1 Kommentare
Bancassurance 2.0-Seminar: Ein Rückblick - IFZ Insurance Insights Blog
12. April 2021
[…] Circa ein Drittel der Kunden absolvieren die Journey vollständig digital. Die anderen zwei Drittel der Kunden kontaktieren das Call-Center für einzelne Fragen. Mehr Informationen zu dieser Zusammenarbeit und dem Geschäftsmodell der Kooperation finden Sie hier. […]
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26. November 2020
Andere Retail Banking Institute,
Regionalbanken und Sparkassen,
IFZ Retail Banking-Studie 2020: Trotz Corona – Filialen bleiben für Banken wichtig
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Prof. Dr. Christoph Lengwiler, Prof. Dr. Marco Passardi und Prof. Dr. Simon Amrein
Für die Retailbanken bleibt die Filiale trotz Digitalisierung und COVID-19 auch in Zukunft ein zentraler Ort für die Interaktion mit ihren Kundinnen und Kunden. Webchats, Videoberatung, Chatbots und Co. gewinnen aber an Bedeutung. Das zeigt die Studie zum Schweizer Retailbanken-Markt der Hochschule Luzern.
Die IFZ Retail Banking-Studie erscheint bereits zum neunten Mal und beleuchtet das Kerngeschäft der inländisch-orientierten Banken aus zahlreichen Blickwinkeln. So wird gezeigt, welche Touchpoints für Banken heute und in fünf Jahren wichtig sind. Zudem gibt die Studie Einblick in die Marktanteile der einzelnen Bankengruppen in den kantonalen Hypothekarkreditmärkten, zeigt welche Bank aus Kennzahlen-Sicht die beste im Lande ist und wie es um die Corporate Governance der Banken steht.
Wie werden Banken in fünf Jahren mit der Kundschaft interagieren?
Im Hinblick auf die Kommunikation zwischen Kunden und Beraterinnen finden derzeit bedeutende Veränderungen statt. Der zunehmend seltener werdende Filialbesuch muss für die Kundinnen und Kunden einen klaren Mehrwert bieten und weitere Touchpoints, vor allem die digitalen Kommunikationswege, müssen noch stärker erschlossen werden. Auch die COVID-Krise im Frühjahr hat das Verhalten von Kundinnen und Kunden sowie die Angebotserbringung von Banken verändert. Doch wie sehen Vertreterinnen und Vertreter die Relevanz von Touchpoints heute und in fünf Jahren?
Im Rahmen der IFZ Retail Banking-Studie wurden 63 Geschäftsleitungsmitglieder von Schweizer Banken befragt. Sowohl heute als auch in fünf Jahren werden aus Sicht der Bankenvertreterinnen und Bankenvertreter die persönliche Beratung in der Filiale, das Telefongespräch sowie E-Mails die wichtigsten Kommunikationskanäle bleiben (vgl. Abbildung 1). Jedoch gewinnen Webchats, Videoberatung und Chatbots an Bedeutung. «Digitale Touchpoints werden wichtiger. Aus Bankensicht führt das aber noch nicht zu einem grundlegenden Paradigmenwechsel», sagt Andreas Dietrich, Studienleiter und Professor für Banking and Finance an der Hochschule Luzern.
Aus Sicht des Studienautors müssen Banken einerseits ein verstärktes Augenmerk auf die Verknüpfung der vielen verschiedenen Kanäle legen. Dietrich weist zudem darauf hin, dass neue Banken mit einem komplett digitalen Angebot Bewegung in den Schweizer Bankenmarkt bringen. Diese Dynamik werde auch zu einer beschleunigten Akzeptanz von digitalen Kanälen gerade im «Alltagsbanking» führen. Gleichzeitig ist es aber fraglich, ob alle Banken wirklich nach dem «Giesskannenprinzip» alle neuen Touchpoints bearbeiten sollen oder ob man sich nicht besser auf die im Zusammenhang mit der Gesamtstrategie der Bank und der Markteinschätzung passendsten Touchpoints fokussieren sollte.
Starke Position der Kantonalbanken in den Hypothekarmärkten
Das Volumen des Schweizerischen Hypothekarmarkts beträgt gemäss Berechnungen der Studienautoren etwa 1’100 Milliarden Franken. 94.5 Prozent davon wurden von Banken vergeben. Jedoch tätigen auch Privatversicherungen und zunehmend auch wieder die Pensionskassen Hypothekarfinanzierungen. Deren Marktanteile betrugen Ende 2019 3.8 bzw. 1.7 Prozent.
Innerhalb der Bankengruppen verfügen die Kantonalbanken sowie die Grossbanken über die grössten Hypothekenportfolios. Der Marktanteil der Grossbanken (ohne NAB) ist aber seit 2003 um fast acht Prozentpunkte auf 26 Prozent gesunken. Im Gegenzug konnten insbesondere die Raiffeisenbanken ihren Marktanteil deutlich und die Kantonalbanken leicht steigern. Mit Blick auf die Kantone zeigt sich eine sehr starke Präsenz der Kantonalbanken in eher ländlichen Kantonen. In sieben Kantonen sind die Kantonalbanken mit Marktanteilen von mehr als 50 Prozent dominant. Die Grossbanken sind hingegen eher in urbanen Gebieten überproportional stark vertreten. Regionalbanken und Sparkassen haben hohe Marktanteile in den Kantonen Aargau, Bern, Solothurn und Schaffhausen (vgl. Abbildung 2).

Ergänzend zur Analyse der Hypothekarmärkte geht die Studie in einem Exkurs auch auf die Refinanzierungssituation der Banken ein mit Fokus auf die Rolle der Pfandbriefdarlehen, welche in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen haben.
Kennzahlen-Ranking: Kleinbanken erneut mit starken Abschlüssen
Die Retail Banking-Studie analysierte in ihrem Benchmarking-Teil die Kennzahlen von 91 Instituten in den Bereichen Risiko und Rentabilität sowie Struktur für die Jahre 2015 bis 2019.
In den ersten fünf Rängen der Gesamtpositionierung platzieren sich vier Kleinstbanken mit Bilanzsummen von weniger als 500 Millionen Franken. Lediglich die Schwyzer Kantonalbank schafft es als mittelgrosses Institut unter die ersten fünf Banken. Auffällig sind weiterhin die teilweise sehr hohen Zinsmargen von kleinen Banken.
COVID-19 und deren Einfluss auf die Banken
COVID-19 ist das dominierende Thema im wirtschaftlichen Umfeld. Auch die Banken sind davon betroffen. Mit Blick auf die Erfolgsrechnungen und Bilanzen der Retailbanken waren per 30. Juni 2020 zwei Effekte zu beobachten: Als indirekter Effekt verzeichneten viele Banken aufgrund der Unsicherheit an den Finanzmärkten eine höhere Anzahl an Transaktionen und dadurch einen gegenüber dem Vorjahr höheren Erfolg aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft. Direkte Effekte der Covid-Kredite sind einerseits die Ausweitung der Bilanzen infolge der zusätzlichen Kreditvolumina und andererseits (potenzielle) Kreditausfälle. Während sich die Bilanzen der Banken im ersten Halbjahr auch durch die Covid-19 Kredite weiter vergrössert haben, ist es für eine Einschätzung der Covid-bedingten Kreditausfälle per Ende Juni 2020 noch zu früh.
Einige Banken haben in Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Unsicherheit aber vorsorglich Rückstellungen gebildet, Einzelwertberichtigungen gemacht oder die Reserven für allgemeine Bankrisiken erhöht. Die Krise war bisher in den Bankenbüchern aber noch nicht «spürbar». Für das COVID-Kreditprogramm des Bundes wickelten 124 Banken insgesamt etwa 136’000 Kredite mit einem Volumen von 16.9 Milliarden Franken ab.
Frauenanteil: Steigend in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen
Im letzten Teil der Studie wurde die Corporate Governance von 74 Banken analysiert. Wie sich unter anderem zeigt, steigt der Frauenanteil in den Verwaltungsräten weiter an. Auch in den Geschäftsleitungen ist ein Anstieg – allerdings auf tiefem Niveau – zu verzeichnen (25 Prozent, bzw. 9 Prozent). Die Zahl der Frauen in den Verwaltungsräten stieg innerhalb eines Jahres von 112 auf 130. Unter den neu gewählten VR-Mitgliedern des letzten Jahres machen Frauen rund 44 Prozent aus. Bei den Geschäftsleitungen nahm die Zahl der Frauen von 23 auf 28 zu.
Studienbestellung
Die 210-seitige «IFZ Retail Banking-Studie 2020» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar. Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis.
Wir danken den Sponsoren der Studie herzlich für die Unterstützung!

Kommentare
3 Kommentare
Spielt die Höhe der IT-Kosten für Banken überhaupt noch eine Rolle? | IFZ Retail Banking Blog
25. Mai 2021
[…] Zeit immer stärker unter Druck geraten sind. Dies zeigt sich etwa in der Zinsmarge, wie sie in der Retail-Banking-Studie 2020 ausgewiesen wird. Danach ist die Zinsmarge im Zeitraum von 2015 bis 2019 von 1.17% auf 1.05% […]
Struktur und Entwicklung des Schweizer Hypothekenmarktes | IFZ Retail Banking Blog
22. Februar 2021
[…] CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der […]
Rückblick auf die IFZ Retail Banking Konferenz 2020 | IFZ Retail Banking Blog
7. Dezember 2020
[…] Eine Zusammenfassung der IFZ Retail Banking-Studie 2020 finden Sie hier. […]
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
25. November 2020
Die Zukunft des digitalen Anlegens in der Schweiz – die Studienergebnisse
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dr. Tatiana Agnesens und Dr. Reto Rey
Die Digitalisierung im Anlagegeschäft wird immer bedeutsamer. Während es zahlreiche (auch) Schweizer Studien mit Fokus auf verschiedene Marktanbieter gibt, ist das Wissen in Bezug auf das Verhalten und die Wünsche der Schweizer Anlegerinnen und Anleger im Bereich der Digitalisierung noch eher knapp. Die vorliegende Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern im Auftrag von Raiffeisen und Vontobel hat sich daher zum Ziel gesetzt, die Nachfragesicht stärker zu beleuchten. Im Rahmen dieser Studie wurden über 1‘200 Schweizerinnen und Schweizer zwischen 18 und 79 Jahren in allen Landesteilen befragt. Der heutige Blog-Artikel fasst einige wichtige Erkenntnisse zusammen.
Durch die Entwicklung neuer Technologien und das veränderte Kundenverhalten wandeln sich auch Prozesse, Produkte und Beratungsansätze auf dem Gebiet der Anlageberatung. So hat sich die Anzahl an Angeboten im Bereich des digitalen Anlegens in den vergangenen Jahren – trotz einigen Marktaustritten – hierzulande weiter erhöht. Einerseits sind verschiedene FinTech-Start-ups mit neuen Geschäftsmodellen in diesen Markt vorgedrungen. Andererseits reagieren zunehmend auch etablierte Banken auf die entsprechenden Entwicklungen und lancieren unterschiedliche digitale Anlagelösungen. Diese derzeit im Markt verfügbaren 18 Angebote unterscheiden sich teilweise ziemlich stark. Auch der Übergang zwischen «echten» Robo Advisory Lösungen und der digital unterstützten, klassischen Vermögensverwaltung ist zunehmend fliessend.
Wie gross ist der Anteil an Schweizerinnen und Schweizer, welche derzeit im Besitz von Wertschriften ist?
Die Teilnehmenden wurden in einem ersten Schritt gefragt, ob sie jemals im Besitz von Wertschriften waren oder aktuell noch in Wertschriften investiert sind. Dabei gaben 41% der Teilnehmenden an, noch nie in Wertschriften investiert zu haben, wobei der Anteil von «Nicht-Investoren» bei den Frauen (52%) deutlich höher ist als bei den Männern (31%). Die restlichen 59% der Befragten, die wir als «Investoren» bezeichnen, haben entweder früher investiert (17%) oder besitzen aktuell Wertschriften (42%). Der Entscheid, nicht zu investieren, wird von den Befragten mehrheitlich mit fehlendem Kapital (47%) und/oder mangelndem Interesse (44%) begründet. Konsistent mit diesen Aussagen nimmt der Anteil der Investoren in unserer Stichprobe mit höherer Bildung, steigendem Einkommen und Finanzvermögen sowie mit dem Alter deutlich zu. Frauen in unserer Stichprobe haben ein durchschnittlich tieferes Einkommen und Finanzvermögen und zeigen zugleich ein insgesamt eher geringes Interesse an den Finanzmärkten. Auffällig ist auch, dass ein überwiegender Teil der jüngeren Generation an Frauen bis anhin noch keine Erfahrungen mit Investitionen an Finanzmärkten gemacht hat. Des Weiteren ist interessant, dass Personen in der Deutschschweiz deutlich häufiger in Wertschriften investieren als Personen aus der Westschweiz oder dem Tessin.
Welche Kundentypen nutzen digitale Anlagelösungen?
Unsere Umfrage zeigt, dass 8% aller Investoren – Investoren sind definiert gemäss obigem Abschnitt als diejenigen 59% der Befragten, welche entweder früher investiert haben oder aktuell Wertschriften besitzen – bereits digitale Anlageprodukte in verschiedenen Ausprägungen nutzen. Weitere 16% lassen sich als «potenzielle Nutzer» klassifizieren, welche sich grundsätzlich vorstellen können, solche Angebote zu nutzen. 55% aller Investoren kennen aktuell noch keine konkreten «digitalen Anlageprodukte». 22% aller Investoren geben an kein Interesse an solchen Produkten zu haben.

Der typische Nutzer digitaler Anlagelösungen ist gemäss dieser Studie ein gut gebildeter, besserverdienender und vermögender Mann. Das Durchschnittsalter eines Nutzers von digitalen Anlageprodukten liegt bei knapp 50 Jahren. Der typische potenzielle Nutzer unserer Stichprobe hat ein ähnliches Profil, ist aber eher etwas weniger vermögend.
Welcher Anlegertyp investiert in digitale Vermögensverwaltungsprodukte?
Interessant ist auch die Frage nach dem Anlegertyp. In Anlehnung an den LGT Private Banking Report (Cocca, 2014) wird dabei typischerweise zwischen drei Anlegertypen unterschieden: Soloisten (Anlageentscheid wird eigenständig getroffen), Validatoren (Anlageentscheid wird zusammen mit dem Berater getroffen) und Delegatoren (Anlageentscheid wird komplett delegiert). Unsere Studie zeigt, dass die Mehrheit der Schweizer Investoren Validatoren sind (56%), während 34% die Anlageentscheidungen eigenständig treffen (Soloisten) und 10% die Anlageentscheidungen komplett dem Anlageberater überlassen (Delegatoren). Der Anteil der Soloisten ist dabei unter den Männern deutlich höher als unter den Frauen (42% gegenüber 21%).
Die meisten digitalen Anlagelösungen sind als Vermögensverwaltungsmandate konzipiert. Entsprechend würde man erwarten, dass vor allem der Investorentyp der Delegatoren diese Angebote attraktiv finden. Unsere Resultate zeigen hingegen auf, dass es unter der Gruppe der Soloisten rund doppelt so viele (potenzielle) Nutzer gibt als unter den Validatoren oder Delegatoren. Ein erster Grund für diese Erkenntnis könnte darin liegen, dass sich Soloisten mehr für Finanzmärkte interessieren als die anderen Anlegerprofile und möglicherweise auch etwas preissensitiver sind. Zudem zeigen die Analysen, dass Personen mit einer höheren Risikoneigung – und Soloisten gehören zu dieser Gruppe – eher dazu bereit sind, in digitale Anlageprodukte zu investieren als ausgewogene oder risikoaverse Anlegerinnen und Anleger. Gleichzeitig wäre es aber auch interessant, solche Produkte dem Anlegertyp der Delegatoren zu erläutern und anzubieten. Derzeit hat nämlich mehr als die Hälfte dieser Personen (61%) noch nie von solchen digitalen Anlagelösungen gehört.
Die Entwicklungen im Bereich der digitalen Anlagelösungen waren in den vergangenen Jahren in Bezug auf die Volumenzahlen nicht für alle Teilnehmenden befriedigend. Woran liegt das?
Generell kann festgestellt werden, dass eher wenige Schweizerinnen und Schweizer wirklich finanzaffin sind. So hat mehr als die Hälfte der Befragten in unserer Umfrage angeben, sich gar nicht oder nur wenig für Finanzmärkte zu interessieren. Nur eine von vier Personen hat ein starkes bis sehr starkes Interesse für die Finanzmärkte. Darunter befinden sich überproportional viele Männer, Pensionierte, in der Deutschschweiz wohnhafte Personen sowie Personen, die über einen Hochschulabschluss verfügen und vermögend sind.
Des Weiteren zeigt sich, dass digitale Anlagelösungen – auch im Vergleich zum Ausland – bei vielen Schweizerinnen und Schweizern immer noch wenig bekannt sind. Nur 13% aller Befragten (und 18% der Investoren) geben an, leichte bis gute Kenntnisse zu diesen Produkten zu haben. Noch am ehesten vertraut mit diesen neuen digitalen Angeboten sind Männer, Personen mit einer gewissen Vermögensgrösse und der Investorentyp der Soloisten. Dabei haben ältere Personen – im Gegensatz zur immer wieder gehörten These – sogar bessere Kenntnisse über diese Produkte als jüngere Generationen. Entscheidend für die Produktekenntnis ist aber weniger der Faktor des Alters als derjenige des Vermögens.
Auch das Vertrauen spielt im Bereich der digitalen Anlagelösungen eine grosse Rolle. So kann sich die Mehrheit der potenziellen Nutzer vorstellen, künftig eher bei einem etablierten Anbieter als bei einem FinTech-Start-up digital zu investieren. Gemäss unseren Ergebnissen ist es vor allem für die Anlegergruppe der Delegatoren wichtig, dass das Angebot von der Hausbank stammt. Dies ist sogar wichtiger als die Preisgestaltung oder die Einfachheit des Produkts. Auch hinsichtlich Bekanntheit schneiden unter den existierenden Angebote jene der etablierten Finanzdienstleister besser ab.

Ausblick Digitales Anlegen 2025
Die bisherigen Volumenentwicklungen sind etwas hinter den Erwartungen vieler Marktteilnehmenden zurückgeblieben. Durch die zunehmende Angebotsvielfalt und vor allem durch den Einstieg oder zu erwartenden Einstieg von grossen Marktteilnehmern mit einer grossen Kundenbasis, gehen wir aber davon aus, dass sich dieser Markt in den nächsten Jahren schneller entwickeln wird als in der Vergangenheit. Wir erwarten dies einerseits, weil durch den Einstieg von grossen Banken (z.B. der Raiffeisenbank oder der Credit Suisse) in den Markt die Bekanntheit dieser Produkte steigen wird. Auf der anderen Seite hat die Umfrage gezeigt, dass das Interesse an solchen Produkten durchaus vorhanden ist und sich viele Anleger ein Angebot der Hausbank wünschen. Insgesamt gehen wir davon aus, dass sich solche Produkte in den nächsten Jahren zunehmend als Standardangebote bei vielen Banken etablieren werden und sich das Volumen entsprechend erhöhen wird. Gleichzeitig werden solche Lösungen in den nächsten fünf Jahren – bei einer Betrachtung des gesamten Anlagevolumens – hierzulande in einer Nische verbleiben.
Säule 3a – Situation
In Bezug auf die Säule 3a sehen wir, dass diese heute noch nicht optimal genutzt wird. Vor allem Frauen, auch besserverdienende, nutzen diese steuerbegünstige Möglichkeit derzeit noch vergleichsweise wenig. Unsere Ergebnisse zeigen auch, dass rund die Hälfte der 3a-Bankkunden (fast) ausschliesslich «Cash» sparen. Frauen scheinen mit einem im Durchschnitt leicht höheren Cash-Anteil etwas risikoscheuer zu sein als Männer. Sinnvoll scheint es, wenn vor allem auch jüngere Personen mit einem längeren Anlagehorizont einen gewissen Wertschriften-Anteil halten würden. Unsere Studienresultate zeigen diesbezüglich aber keine klaren Erkenntnisse auf. Unsere Resultate weisen hingegen darauf hin, dass noch immer (zu) viele Personen (25%) zu wenig über ihre Vorsorgeoptionen wissen und teilweise nicht einmal wissen, wie hoch der ungefähre Wertschriftenanteil ihres Vorsorgekontos ist. Entsprechend scheint wichtig, dass Anbieter von solchen Lösungen nicht nur auf ihre Produktelösung fokussieren, sondern auch in die «Ausbildung» oder Beratung ihrer (potenziellen) Kunden investieren. Grundsätzlich gehen wir aber davon aus, dass es sich bei der privaten Vorsorge um einen Wachstumsmarkt handelt, dessen Entwicklung mit Hilfe von digitalen Lösungen weiter an Fahrt gewinnen dürfte. Gerade digitale Lösungen ermöglichen hoch standardisierte und gleichzeitig auch individualisierbare Lösungen zu kostengünstigeren Preisen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich bereits heute knapp einer von vier Schweizerinnen und Schweizern vorstellen kann, einen Teil des Vorsorgegeldes in den nächsten 12 Monaten digital anzulegen. Entsprechende digitale Angebote finden vor allem Anklang bei Männern, jüngeren Personen, überdurchschnittlich gutverdienenden und vermögenden Menschen sowie Personen, die in der Deutschschweiz leben.
Digitales Anlegen – 2020
Digitales Anlegen – 2020
Die Landing Page der Bank Vontobel mit verschiedenen Analysen finden Sie hier.
Die Landing Page von Raiffeisen finden Sie hier.
Eine Infographik finden Sie hier
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5 Kommentare
So wird die digitale Vorsorge-Lösung frankly bislang genutzt | IFZ Retail Banking Blog
8. April 2021
[…] Nutzer sind weiblich. Diese eher tiefe Zahl überrascht nur auf den ersten Blick. Wie wir in der gemeinsam mit Raiffeisen und der Bank Vontobel publizierten Studie aufgezeigt haben, haben Frauen einerseits einen höheren Cash-Anteil als Männer. frankly ist vor […]
Vertrauen in digitale Anlageangebote wächst in der Schweiz | Fintech Schweiz Digital Finance News - FintechNewsCH - DeasileX
29. November 2020
[…] der neuen «Studie Digitales Anlegen in der Schweiz – ein Markt mit Potenzial» des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern, liegt das grösste […]
Yves
26. November 2020
Zitat: Rund zwei Drittel aller Investoren (55%) kennen aktuell noch keine konkreten «digitalen Anlageprodukte» 55% ist meilenweit von 2/3 entfernt, einfach mal so.
Prof. Dr. Andreas Dietrich
26. November 2020
Danke für den Hinweis! Habe ich angepasst.
Martin Schwizer
25. November 2020
Interessant wäre, diese 8% der Investoren welche digitale Erfahrung haben, näher zu analysieren. Es muss sich um einen marginalen Teil ihrer Assets handeln. Ansonsten würde es das Angebot massiv übersteigen.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
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2 Kommentare
Remo
18. Januar 2021
Konzerne wollen ins Bankgeschäft einsteigen, sogar Pässe wollen sie herausgeben. In vielen Entwicklungsländern / Schwellenländern sind ID und Bankkonto schon zusammen und werden von Konzernen verwaltet. https://schweizerzeitung.ch/volksabstimmung-ueber-e-id-staatlich-regulierte-elektronische-identifizierungsmoeglichkeit/ Schade ist, daß die Banken in der Schweiz und in Europa keine Alternativen zu den Zahldienstleistungen der Konzerne anbieten. Paypal zum Beispiel mit seinen horrenden Gebühren wird nur akzeptiert weil die Banken in der Schweiz (und Umland) nicht kapieren, daß die Leute im Internetzeitalter Instant-Zahlungen wollen in Echtzeit und nicht warten wollen bis die Bank sich entschließt das Geld irgendwann mal früher oder später gut-zu-schreiben. Nur deswegen weil herkömmliche Banken das nicht kapieren, werdenGebühren von 50 Rp. pro Transaktion zzgl. 3,4 Prozent und zzgl. Betuppen beim Umtauschkurs von Währungen bei Paypal akzeptiert (was nochmals 3% in die Kasse von Paypal spült wenn es Zahlungen sind die in verschiedenen Währungen verrechnet werden).
Mike
18. Januar 2021
Nun ja, Instant Payments wird in der Schweiz ja kommen (2023/24). Nur leider mit ca. 10 Jahre Verspätung... Man darf gespannt sein, wie Instant Payments sich auf die Nutzung von Dienstleistungen wie PayPal auswirkt bzw. ob die Umsetzung von Instant Payments so erfolgen wird, dass diese eine echte Alternative zu Dienstleistern wie PayPal sein können. Der Sache mit Google Plex sehe ich mit dem heutigen Wissenstand mit Vorbehalten entgegen (Kannibalisierung). Aber vielleicht ist es den Banken schlussendlich doch noch lieber, einen solchen oder ähnlichen Weg mit Google zu gehen als diesem Giganten das Feld im Bereich Payments ganz zu überlassen (Payments wäre sowieso nur ein erster Schritt. Als nächstes wird sich Google noch andere Kuchenstücke zu schnappen versuchen).
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.